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der Grünen
Welche Rolle spielt Gott bei der
Entscheidungsfindung in Ihrer Partei?
Die Gründung der Grünen vor 25 Jahren hatte das Ziel, eine
emanzipatorische, dem Erhalt des Friedens und dem Schutz der natürlichen
Lebensgrundlagen verpflichtete Partei zu schaffen. Diese Ziele decken sich
mit den wesentlichen Inhalten der abrahamitischen, aber auch anderer
Religionen, weswegen Menschen aus ganz unterschiedlichen Religionen ebenso
Mitglieder unserer Partei sind, wie nicht religiöse Menschen, die die
Ziele allein aufgrund ethisch-moralischer Wertvorstellungen verfolgen.
Eine Ausrichtung an Gott findet insofern allein individuell bei den
Politikerinnen und Politikern unserer Partei statt oder eben nicht, eine
programmatische Gottes- oder Glaubensorientierung der Partei als solches
gibt es nicht.
Was versteht Ihre Partei unter dem Begriff
Integration und welche Konzepte streben Sie insbesondere für die
Integration von Muslimen in Ihrem Bundesland an?
Wir haben im Rheinland eine Devise, die lautet: leben und leben lassen.
Im Karneval, aber auch in der Mentalität vieler Menschen in
Nordrhein-Westfalen heißt es ganz ähnlich: Jeder Jeck ist anders!
Verschiedenheit ist wichtig und bereichert unsere Gesellschaft, das
Miteinander in Respekt und Anerkennung ist unverzichtbar, hierauf beruht
der Integrationsbegriff von Bündnis 90/Die Grünen. Die Klammer, unter der
wir uns alle zusammen sehen sollten, ist unser Grundgesetz. Ein
Miteinander ist jedoch nur möglich, wenn wir alle deutsch sprechen, aber
auch Fremd- bzw. Herkunftssprachen sind wichtige kulturelle und
wirtschaftliche Ressourcen und sollten gefördert bzw. erhalten werden.
Für die Integration von Muslimen - der größten zugewanderte
Religionsgemeinschaft in Deutschland bedarf eines politischen
Dreischritts:
eine Politik der Anerkennung, die den Islam als gleichberechtigte
Religion akzeptiert und Muslime rechtlich und politisch integriert;
Entschiedene Bekämpfung und wirksame Repression gegen alle
fundamentalistischen und terroristischen Bestrebungen, gemeinsam mit den
friedliebenden Muslimen in unserem Land;
die streitbare Auseinandersetzung mit allen religiös oder kulturell
begründeten Vorstellungen von Ungleichheit und Unfreiheit in Teilen der
muslimischen Bevölkerung und ihrer Organisationen;
Hierzu halten wir folgende Maßnahmen für sinnvoll:
Ist für Sie Islam ein Teil deutscher Kultur
oder eine Ausländerreligion?
Weder noch, die Geschichte des Islam in Deutschland ist eine
vergleichsweise sehr junge Geschichte. Wer über längere kulturhistorische
Zeiträume denkt käme nie auf die Idee, den Islam als Teil der deutschen
Kultur zu bezeichnen. Heute ist der Islam die drittgrößte Religion in NRW,
dem muss in Zukunft Rechnung getragen werden.
Denkt Ihre Partei an eine Anerkennung der
großen muslimischen Dachverbände als direkten Ansprechpartner zumindest
auf Landesebene?
Fünf muslimische Dachverbände sind regelmäßig Ansprechpartner der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag NRW, hinzu kommen unregelmäßig
eine Vielzahl von Mitgliedsorganisationen der Dachverbände, freier
Moscheegemeinden und weiterer Einrichtungen z.B. aus dem Wissenschafts-,
Bildungs- oder Frauenbereich. Es ist völlig klar, dass die derzeitige
Vielfalt an Ansprechpartnern reduziert werden muss, um starke
Ansprechpartner auf Landesebene zu erhalten. Unsere Fraktion hat hierzu
einen Vorschlag unterbreitet, der unter dem nicht ganz glücklichen
Stichwort "Moscheeregister" bundesweit bekannt geworden ist. Er orientiert
sich an österreichischen und spanischen Modellen. Dieser Vorschlag hat
unzweifelhaft die Diskussion um eine gemeinsame Vertretung der Muslime
intensiviert. Inzwischen liegt ein eigener Vorschlag einiger Verbände auf
dem Tisch, wir wollen uns weiterhin konstruktiv in den Dialog mit den
Verbänden einbringen.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte vor einigen Monaten einen
Antrag für das Plenum des Landtags vorbereitet, mit dem wir der
Landesregierung den konkreten Auftrag erteilen wollten, den Dialog mit den
muslimischen Verbänden aufzunehmen, mit dem Ziel zu einer Verständigung
über geeignete Organisationsformen zu kommen. Leider war es vor Ende der
Legislaturperiode nicht mehr möglich, diesen Antrag im Einvernehmen mit
den anderen Fraktionen einzubringen. Wir werden dieses Anliegen in der
nächsten Legislaturperiode intensiv weiter verfolgen.
Welche Position vertritt Ihre Partei bezüglich
Lehrerin mit Kopftuch an einer öffentlichen Schule und dem sonstigen
öffentlichen Dienst (z.B. Polizistinnen, Richterinnen, wissenschaftliche
Mitarbeiterinnen an Universitäten, usw.), unabhängig davon, ob es eine
christliche Nonne (im Fall der Lehrerin) oder muslimische Frau ist und wie
stehen Sie zur Neutralität bezüglich der Religionen?
Wir sind für die Gleichbehandlung religiöser Kleidungsstücke im
öffentlichen Dienst, d.h. solange Nonnenhabit und Kippa getragen werden
dürfen, solange dürfen Musliminnen auch Kopftücher tragen.
Was wir strikt ablehnen ist ein äußerer Zwang zu Tragen eines
Kopftuchs, z.B. durch die Eltern oder staatliche Vorschriften. Die
individuelle und religiös motivierte Entscheidung einer Lehrerin zum
Tragen des Kopftuchs muss der Staat auch bei seinen Bediensteten
akzeptieren. Das Beamtenrecht gibt uns schon heute das Recht, gegen
fundamentalistische und antidemokratische Verhaltensweisen und
Einstellungen vorzugehen. Dies gilt für alle Religionen und
Weltanschauungen.
Grundsätzlich ist für uns aber auch ein Verbot aller religiösen Symbole
und Kleidungsstücke im öffentlichen Dienst denkbar.
Welche Position vertritt Ihre Partei bezüglich
Schülerinnen mit Kopftuch an einer öffentlichen Schule?
Die Frage stellt sich im politischen Raum nicht, da es auch keinen
Regelungsbedarf gibt. Schülerinnen dürfen selbstverständlich mit Kopftuch
den Unterricht besuchen, das wird von keiner demokratischen Partei
bestritten, mit Ausnahme vielleicht der FDP. Allerdings lehnen wir es ab,
Kinder und Jugendliche zum Tragen des Kopftuchs zu zwingen. Das Tragen des
Kopftuchs muss eine freie und individuelle Willensentscheidung sein.
Welche Lösungen strebt Ihre Partei bezüglich
koedukativem Schwimmunterricht an, an dem muslimische Mädchen über 9
Jahren nicht mehr teilnehmen können? Können Sie sich vorstellen, das
Schwimmlernalter auf 7-8 Jahre herabzusetzen?
Kinder sollten schon mit 5 oder 6 Jahren schwimmen lernen, ganz
unabhängig vom Schwimmunterricht in der Schule. Sport und Musik sind ganz
wesentliche Bestandteile der Persönlichkeitsbildung, begünstigen die
Entwicklung der Intelligenz und fördern die sozialen Kompetenzen. Insofern
muss es im Interesse aller Eltern sein, Kinder frühestmöglich an Musik und
Sport inkl. schwimmen heranzuführen. Zur Befreiung muslimischer Mädchen
vom koedukativ erteilten Sportunterricht gibt es keinen politischen
Handlungsbedarf. Sollten im Einzelfall Eltern aus religiösen Gründen ihre
Töchter vom koedukativen Schwimmunterricht abmelden, so hat die Schule
eine Befreiung auszusprechen oder ein geschlechtergetrenntes Angebot zu
unterbreiten.
Grundsätzlich haben Kinder und Jugendliche bzw. ihre Eltern aber der
Schulpflicht Folge zu leisten. Wir möchten, dass in den Schulen der Dialog
mit den muslimischen Gemeinden gesucht und einvernehmliche Lösungen
gefunden werden, die allen Kindern die Teilnahme am Schwimmunterricht
ermöglicht. Schulen sollen darüber hinaus geschlechtersensible didaktische
Konzepte verstärkt in ihr schulisches Angebot einführen, nicht nur im
Bereich des Sports. Denn das kommt allen Mädchen und Jungen zugute, nicht
nur den muslimischen.
In wie weit würden Sie muslimische
Frauenvereinigungen bei der Umsetzung ungewöhnlicher
Integrationskonzepte unterstützen, wie z.B. einem monatlichen Schwimmabend
nur für Frauen in öffentlichen Schwimmbädern, oder der Zulassung eines
Ganzköperschwimmanzuges für muslimische Frauen oder striktem Alkoholverbot
auf Klassenreisen (auch für Lehrer) und ähnlichen in Kooperationen
erarbeiteten Lösungsvorschlägen?
In den in ihrer Frage genannten "ungewöhnlichen Integrationskonzepten"
geht es aus unserer Sicht um die Möglichkeit, die individuellen religiösen
Ansichten in Alltagssituationen leben zu können, also um ein Stück
Religionsfreiheit in der Diaspora. Eine solche gesellschaftliche Teilhabe
unter Wahrung der religiösen Identität sollte grundsätzlich möglich sein,
im Einzelfall sind allerdings Abwägungsprozesse nötig, sofern auch die
Rechte anderer tangiert sind. Das neue Schulgesetz sieht ein Rauchverbot
an allen Schulen vor, dies gilt natürlich auch für Klassenfahrten. Hier
ist es allerdings manchmal eine Frage der Durchsetzung des Verbots. Wir
befürworten auch in diesen Fragen den Dialog vor Ort, denn es gibt fast
immer Kompromisslösungen, die für alle Seiten tragbar sind. Uns ist auch
an dieser Stelle wichtig, dass muslimische Kinder nicht ausgegrenzt
werden. Die Teilnahme an Klassenfahrten hat einen hohen Wert für die
Integration der Kinder in den Klassenverband. Wir wünschen uns von den
muslimischen Eltern, dass sie dieses Integrationsanliegen in ihren
Entscheidungen berücksichtigen und ihrerseits mit Vorschlägen auf die
Schulen zugehen, die ihren Kindern die Teilnahme an allen
Schulveranstaltungen zu ermöglichen.
Welche Konzepte verfolgt Ihre Partei bei der
Bewältigung von Migrantenproblemen, wie z.B. Zwangsehe und ähnliche
Unterdrückungsmechanismen? Streben sie zur Lösung der Probleme eine
Kooperation mit Muslimen an?
Wir wollen verstärkt Aufklärungsarbeit im Hinblick auf das individuelle
Selbstbestimmungsrecht gerade von Mädchen und Frauen leisten. Dafür
brauchen wir die Unterstützung der muslimische Gemeinschaft in
Deutschland. Hierbei ist die Kooperation von Bildungsträgern, Schulen,
Beratungsstellen, Migrantenselbstorganisationen und Moscheevereinen
sinnvoll.
Hier bedarf es aufsuchender und niedrigschwelliger Hilfsangebote und
einer interkulturellen Schulung insbesondere von Ärzten und Polizei als
ersten Anlaufstellen, aber auch der Beratungsstellen, Frauenhäusern,
Jugendämtern und allen, die betroffenen Mädchen und Frauen unterstützen
könnten. Wir wollen Projekte unterstützen, die Gesundheitsberatung,
gewaltfreie Erziehung und Frauenrechte zum Inhalt haben und Migrantinnen
gezielt ansprechen.
Welche Einstellung haben Sie zum Begehren
muslimischer Vereine und Verbände, in Ihrem Bundesland weitere Moscheen zu
errichten?
Jeder Gläubige sollte die Gelegenheit haben, seinen Glauben in einem
würdigen Rahmen ausüben zu können. Sollte dafür ein Moscheebau notwendig
sein, ist daran nichts auszusetzen. Das Landesrecht, aber auch sonstige
rechtliche Bestimmungen, behindern den Bau von Moscheen in der Regel
nicht. Das von Michael Vesper, geführte Städtebauministerium fördert
zurzeit sogar den Bau einer Begegnungsstätte in einer Moschee in Duisburg
finanziell. Allerdings vertreten wir die Auffassung, dass bei einem
Moscheeneubau der schonende Ausgleich mit der Nachbarschaft und der
Kommune gesucht werden sollte, was ja in der Praxis auch geschieht.
Welche Position vertritt Ihre Partei bezüglich
islamischen Religionsunterrichtes an Schulen in NRW?
Selbstverständlich halten wir die Einführung eines islamischen
Religionsunterrichts für sinnvoll. Als einzige Landtagsfraktion arbeiten
Bündnis 90/Die Grünen an der Überwindung der schwierigen
verfassungsrechtlichen Hürden, die der Einführung bislang entgegenstehen.
Dies findet im Dialog mit den muslimischen Dachverbänden statt. Die
rot-grüne Landesregierung hat bereits den Lehrstuhl zur Ausbildung von
islamischen Religionslehrern eingerichtet. Der künftige Unterricht wird
dann in deutscher Sprache stattfinden, aller andere würde Schülerinnen und
Schülern muslimischen Glaubens aus unterschiedlichen Herkunftsländern
nicht gerecht.
Was gedenken Sie auf Landesebene dazu
beizutragen, dass Unternehmen mit Rekordgewinnen nicht noch mehr Arbeiter
entlassen?
Die Politik kann dies ist das ordnungspolitischen Leitbild unserer
sozialen Marktwirtschaft keine unternehmerischen Entscheidungen treffen
bzw. unmittelbar beeinflussen. Aufgabe der Politik ist es, die
Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Unternehmen sich für den Standort
Deutschland bzw. NRW entscheiden, hier investieren und hier Arbeitsplätze
erhalten bzw. zusätzlich schaffen.
Konkret bedeutet dies: die Vorhaltung einer guten Infrastruktur,
passgenaue Wirtschaftsförderungsangebote, der Aufbau ausgezeichneter
Bildungs- und Forschungseinrichtungen, intakte Umweltbedingungen,
umfassende Sozialstrukturen, hervorragende Kultur- und Freizeitangebote
und eine weltoffene Bevölkerung. Für uns GRÜNE gilt: Gute und erfolgreiche
Standortpolitik bedarf einer ganzheitlichen Strategie.
Neben der Stärkung des Standorts kann Politik zudem eine Diskussion
über die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen in einer sozialen
Marktwirtschaft anstoßen und diese Verantwortung, die sich unmittelbar aus
Art. 14/2 GG (Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl
der Allgemeinheit dienen.) ergibt, einfordern.
Insofern werden wir GRÜNE darauf drängen, dass Unternehmen