MM: Sehr geehrter Herr Mahallati, Ihre
Bereitschaft zu diesem Interview war eine große Ehre für uns. Können
Sie uns einen Eindruck von Ihrer täglichen Arbeit geben?
M. Mahallati: Zunächst einmal danke ich
Ihnen für Ihre Freundlichkeit und auch für Ihre aufrichtigen
kulturellen Aktivitäten für den Islam. In der Regel komme ich am
Morgen 7:45 ins Büro. Als erstes schalte ich meinen Computer an und
schaue verschiedene Seiten an hinsichtlich neuster Nachrichten, sowohl
national als auch international. Anschließend sehe ich meine e-Mails
durch und erledige diesbezüglich das Notwendige. Normalerweise gibt es
jeden Tag einige Brief, Berichte, Bekanntmachungen usw., welche mir
bereits auf den Tisch gelegt wurden. Ich sehe sie durch und erfülle
dementsprechend meine Aufgabe. An manchen Wochentagen haben wir
Versammlungen mit den Kollegen und diskutieren über die
Angelegenheiten, bei denen Konsultation und Koordination notwendig sind
und fällen angemessene Entscheidungen. Im Laufe des Tages habe ich
manchmal Termine mit einigen Personen, die zuständige Angelegenheiten
mit mir diskutieren möchten, Fragen haben oder Beratung benötigen.
Manchmal habe ich die Ehre, an einer besonderen
Versammlung Seiner Eminenz Imam Khamene´i mit seinen Gästen
teilzunehmen.
Normalerweise beantworte ich selbst jeden Tag
viele Telefonanrufe aus dem Inland und Ausland entsprechend den
betreffenden Angelegenheiten des Anrufers.
MM: Aus welchen Ländern erhalten Sie
Ihre Anfragen, in welchen Sprachen und gibt es Länderschwerpunkte?
M. Mahallati: Es gibt viele Briefe, die
an das Büro gerichtet sind, aus verschiedenen Teilen der Welt in vielen
Sprachen. Die meisten sind Persisch, Arabisch oder Englisch. Allerdings
erhalten wir die Briefe, für die meine Abteilung zuständig ist, aus
den europäischen Ländern, den USA und Kanada.
MM: Welche Themengebiete werden am
häufigsten angefragt, und erhalten Sie auch Anfragen von Nichtmuslimen?
M. Mahallati: Ja, wir erhalten durchaus
auch Briefe von Nichtmuslimen. Die Themen der Briefe sind unterschiedlich.
Einige sind über Fragen der islamischen Rechts (fiqh), islamische
Kulturaktivitäten, islamische Zentren und Moscheen und persönliche
Probleme usw. . Die Briefe von Nichtmuslimen beinhalten Themen über
globale Fragen und Fragen zum menschlichen Dasein. Es gibt auch
Glückwunschkarten oder Karten zu besonderen Anlässen.
MM: Was tun Sie, wenn eine sehr
schwierige Frage noch nie behandelt wurde?
M. Mahallati: Ich glaube, dass es keine
schwierige oder gar unbeantwortbare Frage gibt.
MM: Kommt es vor, dass eine Frage bis zu
Imam Khamenei weitergeleitet wird?
M. Mahallati: Ja, es gibt zahlreiche Fragen,
welche direkt an seine Eminenz weitergeleitet werden, insbesondere im
Bereich der Wissenschaft der islamischen Gesetzgebung (fiqhi shara'i).
MM: In einer ganzen Reihe von
Fatwa-Sammlungen Imam Khameneis finden wir die unmissverständliche
Aufforderung, die jeweiligen Gesetze des Landes, in dem man lebt, zu
beachten. Obwohl die allermeisten Muslime in der westlichen Welt sich an
solche Fatwas halten, stehen sie heutzutage in der gesamten westlichen
Welt unter Generalverdacht. Was empfehlen Sie Ihren Geschwistern
diesbezüglich?
M. Mahallati: Hinsichtlich der Gesetze
eines nichtmuslimischen Landes sollte ein Muslim jedes Gesetz beachten,
das nicht gegen die islamischen Gesetze ist. Es ist eine Tatsache, dass
die meisten Gesetze in solchen Ländern nicht gegen den Islam gerichtet
sind, zumal sie aus dem Islam abgeleitet wurden durch französische
Juristen, die den Islam in den letzten Jahrhunderten studiert haben.
MM: Eine spezielle Problematik, denen
sich die Schwestern in der westlichen Welt ausgesetzt fühlen, ist die
Kopftuchsituation. Welche Ratschläge können Sie diesbezüglich geben?
M. Mahallati: Erst kürzlich wurden
einige Fragen diesbezüglich an seine Eminenz Imam Khamene'i gerichtet
und er hat ein Rechtsgutachten (fatwa) veröffentlicht, dass es unter
keinen Umständen für eine muslimische Schwester erlaubt ist, ihr
Kopftuch abzunehmen.
MM: Eines der Hauptprobleme für
muslimische Jugendliche in der westlichen Welt besteht in der extrem
offenen Sexualität in der Gesellschaft. Andererseits sind Aufklärung
und Befriedigung der Bedürfnisse auch islamisch geboten, wobei die
Schia z.B. mit der Zeitehe Lösungsansätze bietet, die allerdings
bedauerlicherweise an falschen Traditionen scheitern. Wie kann dieser
Widerspruch zwischen islamischem Ideal und traditioneller Realität
überwunden werden?
M. Mahallati: Islam ist eine leichte und
einfache Religion. Sowohl die zeitlich begrenzte als auch die permanente
Ehe sind im Islam gültig. Und der Jugend wird im Islam dringend
empfohlen, rechtzeitig zu heiraten, und bevor sie in den Strudel der
Verderbnis und Wollust stürzen. Man sollte sich in der Blüte seiner
Jugend hinsichtlich des islamischen Rechts und der Angelegenheiten des
menschlichen Wesens gut ausbilden (und auskennen). Dementsprechend wird
man ein gottesehrfürchiger Mensch und wird falsche Traditionen
überwinden.
MM: Unter Muslimen in Deutschland kann
nach wie vor bedauerlicherweise festgestellt werden, dass bei der
Erziehung und Bildung die Mädchen gegenüber Jungen benachteiligt
werden. Sie haben diese Art der Benachteiligung in der Islamischen
Republik Iran - Gott sei Dank - weitestgehend überwunden. Was können
wir hier im deutschsprachigen Raum davon lernen?
M. Mahallati: In einem westlichen Land
zu leben ist eine eigener Fall. Jeder, der dort lebt, sollte die
Situation tolerieren und alles, was nicht gegen das islamische Recht
ist. Jemand, der sich mit den islamischen Gesetzen und Regeln vertraut
gemacht hat, kann überall leben.
MM: Abschließende Frage: Viele der
Anhänger Imam Khameneis in Europa verstehen bedauerlicherweise kein
Persisch und sind traurig, dass sie in den englischen Übersetzungen nur
Auszüge aus den Reden unseres verehrten Imams erhalten. Warum werden
die Reden nicht vollständig übersetzt?
M. Mahallati: Das liegt daran, dass
einige Teile seiner Reden nur interne Angelegenheiten betreffen.
Dementsprechend werden üblicherweise die Teile der Reden, welche die
politischen und sozialen Fragen der islamischen Weltgemeinschaft (Ummah)
und Ähnliches betreffen, für die Massenmedien übersetzt. Wenn aber
die gesamte Rede an die islamische Weltgemeinschaft (Ummah) oder an die
Feinde des Islams gerichtet war, wurde sie selbstverständlich
(vollständig) übersetzt und überall veröffentlicht.
MM: Herr Mahallati, wir danken Ihnen
für Ihre Geduld und das ausführliche Interview.
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