Im Namen des Erhabenen  
  Interview mit Mitarbeiter des Imam
 

Muslim-Markt interviewt 
einen Mitarbeiter von Imam Khamene'is Büro
6.10.2004

Zahlreiche Mitarbeiter des Teheraner Büros von Imam Khamenei stehen Tag für Tag Hunderten von Anfragen gegenüber, die aus der ganzen Welt stammen. Erstmalig hat ein Mitarbeiter des Büros die Freundlichkeit, dem Muslim-Markt ein Interview zu geben. Aufgrund der besonderen Verantwortung und vor allem aufgrund ihrer Bescheidenheit sind die Mitarbeiter nicht bereit, ihre eigene Identität in den Vordergrund zu stellen. Daher nennen wir unseren Gesprächspartner Hodschat-ul-Islam wal Muslimin M. Mahallati.

Bruder Mahallati ist ausgebildeter Rechtsgelehrter im Islam, 58 Jahre alt, verheiratet und hat fünf Kinder. Er arbeitet seit mehreren Jahren im Büro von Imam Khamenei in der Abteilung für internationale Beziehungen.

MM: Sehr geehrter Herr Mahallati, Ihre Bereitschaft zu diesem Interview war eine große Ehre für uns. Können Sie uns einen Eindruck von Ihrer täglichen Arbeit geben?

M. Mahallati: Zunächst einmal danke ich Ihnen für Ihre Freundlichkeit und auch für Ihre aufrichtigen kulturellen Aktivitäten für den Islam. In der Regel komme ich am Morgen 7:45 ins Büro. Als erstes schalte ich meinen Computer an und schaue verschiedene Seiten an hinsichtlich neuster Nachrichten, sowohl national als auch international. Anschließend sehe ich meine e-Mails durch und erledige diesbezüglich das Notwendige. Normalerweise gibt es jeden Tag einige Brief, Berichte, Bekanntmachungen usw., welche mir bereits auf den Tisch gelegt wurden. Ich sehe sie durch und erfülle dementsprechend meine Aufgabe. An manchen Wochentagen haben wir Versammlungen mit den Kollegen und diskutieren über die Angelegenheiten, bei denen Konsultation und Koordination notwendig sind und fällen angemessene Entscheidungen. Im Laufe des Tages habe ich manchmal Termine mit einigen Personen, die zuständige Angelegenheiten mit mir diskutieren möchten, Fragen haben oder Beratung benötigen.

Manchmal habe ich die Ehre, an einer besonderen Versammlung Seiner Eminenz Imam Khamene´i mit seinen Gästen teilzunehmen.

Normalerweise beantworte ich selbst jeden Tag viele Telefonanrufe aus dem Inland und Ausland entsprechend den betreffenden Angelegenheiten des Anrufers.

MM: Aus welchen Ländern erhalten Sie Ihre Anfragen, in welchen Sprachen und gibt es Länderschwerpunkte?

M. Mahallati: Es gibt viele Briefe, die an das Büro gerichtet sind, aus verschiedenen Teilen der Welt in vielen Sprachen. Die meisten sind Persisch, Arabisch oder Englisch. Allerdings erhalten wir die Briefe, für die meine Abteilung zuständig ist, aus den europäischen Ländern, den USA und Kanada.

MM: Welche Themengebiete werden am häufigsten angefragt, und erhalten Sie auch Anfragen von Nichtmuslimen?

M. Mahallati: Ja, wir erhalten durchaus auch Briefe von Nichtmuslimen. Die Themen der Briefe sind unterschiedlich. Einige sind über Fragen der islamischen Rechts (fiqh), islamische Kulturaktivitäten, islamische Zentren und Moscheen und persönliche Probleme usw. . Die Briefe von Nichtmuslimen beinhalten Themen über globale Fragen und Fragen zum menschlichen Dasein. Es gibt auch Glückwunschkarten oder Karten zu besonderen Anlässen.

MM: Was tun Sie, wenn eine sehr schwierige Frage noch nie behandelt wurde?

M. Mahallati: Ich glaube, dass es keine schwierige oder gar unbeantwortbare Frage gibt.

MM: Kommt es vor, dass eine Frage bis zu Imam Khamenei weitergeleitet wird?

M. Mahallati: Ja, es gibt zahlreiche Fragen, welche direkt an seine Eminenz weitergeleitet werden, insbesondere im Bereich der Wissenschaft der islamischen Gesetzgebung (fiqhi shara'i).

MM: In einer ganzen Reihe von Fatwa-Sammlungen Imam Khameneis finden wir die unmissverständliche Aufforderung, die jeweiligen Gesetze des Landes, in dem man lebt, zu beachten. Obwohl die allermeisten Muslime in der westlichen Welt sich an solche Fatwas halten, stehen sie heutzutage in der gesamten westlichen Welt unter Generalverdacht. Was empfehlen Sie Ihren Geschwistern diesbezüglich?

M. Mahallati: Hinsichtlich der Gesetze eines nichtmuslimischen Landes sollte ein Muslim jedes Gesetz beachten, das nicht gegen die islamischen Gesetze ist. Es ist eine Tatsache, dass die meisten Gesetze in solchen Ländern nicht gegen den Islam gerichtet sind, zumal sie aus dem Islam abgeleitet wurden durch französische Juristen, die den Islam in den letzten Jahrhunderten studiert haben.

MM: Eine spezielle Problematik, denen sich die Schwestern in der westlichen Welt ausgesetzt fühlen, ist die Kopftuchsituation. Welche Ratschläge können Sie diesbezüglich geben?

M. Mahallati: Erst kürzlich wurden einige Fragen diesbezüglich an seine Eminenz Imam Khamene'i gerichtet und er hat ein Rechtsgutachten (fatwa) veröffentlicht, dass es unter keinen Umständen für eine muslimische Schwester erlaubt ist, ihr Kopftuch abzunehmen.

MM: Eines der Hauptprobleme für muslimische Jugendliche in der westlichen Welt besteht in der extrem offenen Sexualität in der Gesellschaft. Andererseits sind Aufklärung und Befriedigung der Bedürfnisse auch islamisch geboten, wobei die Schia z.B. mit der Zeitehe Lösungsansätze bietet, die allerdings bedauerlicherweise an falschen Traditionen scheitern. Wie kann dieser Widerspruch zwischen islamischem Ideal und traditioneller Realität überwunden werden?

M. Mahallati: Islam ist eine leichte und einfache Religion. Sowohl die zeitlich begrenzte als auch die permanente Ehe sind im Islam gültig. Und der Jugend wird im Islam dringend empfohlen, rechtzeitig zu heiraten, und bevor sie in den Strudel der Verderbnis und Wollust stürzen. Man sollte sich in der Blüte seiner Jugend hinsichtlich des islamischen Rechts und der Angelegenheiten des menschlichen Wesens gut ausbilden (und auskennen). Dementsprechend wird man ein gottesehrfürchiger Mensch und wird falsche Traditionen überwinden.

MM: Unter Muslimen in Deutschland kann nach wie vor bedauerlicherweise festgestellt werden, dass bei der Erziehung und Bildung die Mädchen gegenüber Jungen benachteiligt werden. Sie haben diese Art der Benachteiligung in der Islamischen Republik Iran - Gott sei Dank - weitestgehend überwunden. Was können wir hier im deutschsprachigen Raum davon lernen?

M. Mahallati: In einem westlichen Land zu leben ist eine eigener Fall. Jeder, der dort lebt, sollte die Situation tolerieren und alles, was nicht gegen das islamische Recht ist. Jemand, der sich mit den islamischen Gesetzen und Regeln vertraut gemacht hat, kann überall leben.

MM: Abschließende Frage: Viele der Anhänger Imam Khameneis in Europa verstehen bedauerlicherweise kein Persisch und sind traurig, dass sie in den englischen Übersetzungen nur Auszüge aus den Reden unseres verehrten Imams erhalten. Warum werden die Reden nicht vollständig übersetzt?

M. Mahallati: Das liegt daran, dass einige Teile seiner Reden nur interne Angelegenheiten betreffen. Dementsprechend werden üblicherweise die Teile der Reden, welche die politischen und sozialen Fragen der islamischen Weltgemeinschaft (Ummah) und Ähnliches betreffen, für die Massenmedien übersetzt. Wenn aber die gesamte Rede an die islamische Weltgemeinschaft (Ummah) oder an die Feinde des Islams gerichtet war, wurde sie selbstverständlich (vollständig) übersetzt und überall veröffentlicht.

MM: Herr Mahallati, wir danken Ihnen für Ihre Geduld und das ausführliche Interview.

Links zum Thema

 

Senden Sie e-Mails mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an: info@muslim-markt.de 
Copyright © seit 1999 Muslim-Markt