MM: Sehr geehrter Herr Wisnewski, wenn
man Ihre Bücher über die Attentate vom 11. September 2001 liest, kommt
man unweigerlich zu dem Schluss, dass Sie im Hintergedanken ein
vergleichbares Szenario vermuten, wie Neros Brandlegung in Rom, um die
Christen zu unterdrücken, oder Hilters inszenierter Angriff aus Polen,
um Polen zu überfallen. Ist dieser Eindruck von Ihnen gewünscht, oder
ist der Vergleich eher abwegig?
Wisnewski: Inszenierte Kriegsgründe
oder Terrorakte sind keine Spezialität von Nero oder Adolf Hitler. Der
Aggressor will schließlich niemand sein, viel besser ist es, diese
unbeliebte Rolle demjenigen zuzuschieben, den man bekämpfen will, bei
Nero waren es die Christen, bei Hitler die Polen und schließlich die
halbe Welt. Wenn Kriege begonnen werden, dann wird möglichst immer nur
"zurückgeschossen", deshalb haben wir ja auch nur
"Verteidigungsministerien" auf der Welt und keine
Kriegsministerien, obwohl das natürlich eine Orwellsche Heuchelei ist.
Der Inszenierung des Kriegsgrundes kommt aus Sicht der Militärs - oder
besser: des Aggressors - deshalb eine zentrale Bedeutung zu. Er soll das
Unternehmen vor der eigenen Bevölkerung, den eigenen Soldaten und der
Geschichte rechtfertigen und gleichzeitig größtmögliche Aggressionen
gegen den Feind freisetzen.
MM: Bei Ihren kontroversen Diskussionen
in den etablierten Medien fällt auf, dass Sie trotz fundierter
Argumentation oft auf eine Mauer des Unverständnisses stoßen und als
"Verschwörungstheoretiker" diffamiert werden. Woran liegt das
Ihrer Meinung nach?
Wisnewski: Erschreckend waren die hasserfüllten
Reaktionen mancher Medien. Ich sehe zwei Motive für diese hasserfüllten
Reaktionen. Das eine ist Konkurrenzdenken, so nach dem Motto:
"Mann, die haben da eine Story aufgerissen - Wahnsinn. Und wir
haben die nicht, wir haben das Gegenteil behauptet. Die haben uns
regelrecht die Hosen runtergezogen". Und das andere ist, dass ich
denke, dass einige Medien sehr stark gesteuert werden, von Diensten zum
Beispiel. Das wäre sozusagen eine explizite Steuerung. Aber es gibt ja
auch so etwas wie ein Antizipieren dessen, was man glaubt, dass das die
opportune Meinung ist. Journalisten haben äußerst feine Nasen,
allerdings nicht immer für heiße Spuren oder für die Wahrheit,
sondern für das, was man schreiben darf und was nicht. Auch diesen
Prozess gibt es ja. Das ist der zweite Mechanismus, der da stattgefunden
hat und warum man so auf diese Bücher losgegangen ist.
MM: Nun verfügen deutsche Geheimdienste
sicherlich über geeignetere Methoden und Techniken und bessere
Auswertemöglichkeiten als ein ehemaliger Minister und erfolgreicher
Buchautor. Woran liegt es ihrer Meinung nach, dass selbst bei so etwas
offensichtlich "Merkwürdigem", wie dem angeblichen Einschlag
eines Flugzeuges in das Pentagon, ohne ernsthafte Spuren zu
hinterlassen, und der "Pulverisierung" von Flugzeugen die
Fachleute die Sachlage offensichtlich nicht durchschauen?
Wisnewski: Die Frage ist nicht, ob
Dienste über Auswertemöglichkeiten verfügen, sondern wem sie diese
Auswertemöglichkeiten zur Verfügung stellen. Im Falle der deutschen
Dienste würde ich sagen: Zuerst mal den ausländischen Partnerdiensten,
von denen sie gegründet wurden und denen sie bis heute verpflichtet
sind, und damit natürlich deren Regierungen. Dann - mehr oder weniger
gefiltert oder gesteuert - vielleicht der eigenen Regierung. Und zu
allerletzt - noch mehr gefiltert und gesteuert - der Bevölkerung. Der
Weg zur Bevölkerung kann also oft nur über fremde und eigene
Regierungen bzw. nur mit deren Genehmigung gewählt werden. Man sieht
also schon, daß die Informationen, die von den Diensten ganz offiziell
an die Öffentlichkeit getragen werden, ganz bestimmte Informationen
sind, die vielfache Filter und Steuerungsmechanismen durchlaufen haben.
Mit Wahrheit haben sie höchstens noch zufällig zu tun. Und man sieht
an diesem Informationsweg natürlich auch schon, daß fremde Dienste in
der Lage sind, in die deutschen Dienste Desinformationen einzuspeisen,
die diese dann an die eigene Regierung und Bevölkerung weitergeben,
auch und vor allem durch Journalisten.
MM: Das klingt ja so, als wenn Sie den
deutschen Diensten generell eine gewisse Abhängigkeit vom Ausland
zusprechen wollten, ist das nicht etwas zu undifferenziert. Glauben Sie
wirklich, dass kaum jemand in der Führungsetagen deutsche Interessen höher
bewertet und dementsprechend zu den richtigen Schlüssen kommt?
Wisnewski: Natürlich gibt es diese Abhängigkeiten,
sie sind geschichtlich begründet und ein offenes Geheimnis. Ich
weiß nicht, ob innerhalb deutscher Dienste und Sicherheitsbehörden
noch originär deutsche Interessen verfolgt werden. Ein Beispiel ist
Innenminister Schily, der eilfertigst US-Sicherheitsvorstellungen in
Deutschland umsetzen will, ohne sich um die Seriosität der Grundlage -
nämlich der Attentate vom 11. September - zu kümmern. Für einen
sozialdemokratischen Innenminister legt er ein etwas seltsames Verhalten
an den Tag, und die Frage ist, warum er von einem angeblich
sozialdemokratischen Kanzler nicht gestoppt wird.
MM: Als Mitverfasser des Bestsellers
"Das RAF-Phantom", haben Sie zwangsläufig die Geschichte des
heutigen Innenministers Schily verfolgt und stoßen jetzt wieder auf
ihn, nur mit dem Unterschied, dass er nicht ein Verteidiger von
Terroristen ist sondern eifrigster deutscher Politiker in der
Terrorabwehr. Haben Sie eine Erklärung dafür, wie das zusammenpasst?
Wisnewski: Tja, das ist eine seltsame
Karriere. Herr Schily war vielleicht schon immer wesentlich
staatstragender, als wir dachten. Als beispielsweise einmal eine ganze
Reihe von "RAF"-Verteidigern vom Staat zwangsweise von ihren
Mandaten entbunden wurden, gab es da auch Ausnahmen, zum Beispiel: Otto
Schily. Möglicherweise hatte er schon damals bei den Staatsorganen
einen Stein im Brett. Bemerkenswert ist auch seine Karriere vom einem
Verteidiger des äußersten linken Randes (als "RAF"-Anwalt)
über die linke Peripherie (als Mitglied der Grünen) bis ins Zentrum
der rechten "Sozialdemokratie". Offenbar kann es ihm mit
zunehmendem Alter gar nicht rechts genug sein. Mal sehen, wo Herr Schily
als nächstes landen wird.
MM: In Ihren öffentlichen Auftritten
mit anderen sogenannten "Verschwörungstheoretikern" kam im
Zusammenhang mit dem 11. September manchmal eine sehr gefährliche
Verstrickung der Angelegenheit mit CIA, Mossad und auch politischen
Kreisen zur Sprache. Wie kann diese Gefahr Ihrer Meinung nach den
Menschen bewusst gemacht werden?
Wisnewski: Wer sich mit Geheimdiensten
beschäftigt, für den ist es ganz banal, dass die meisten dieser
Dienste eng zusammenarbeiten. Das habe ich vorhin ja schon angesprochen.
Häufig verschwimmen die Grenzen zwischen einzelnen Geheimdiensten. Oft
weiß man nicht mehr, wer wen aushorcht oder wer wen steuert. Jeder, der
sich mit dem Thema beschäftigt, wird das bestätigen. Geheimdienste
sind das Unterbewusste der Gesellschaft. Wie die Psyche des Individuums
gliedert sich auch die Gesellschaft in ein Überich (die Verfassung),
ein Ich (die Verfassungswirklichkeit) und ein gewissermaßen
"schmutziges Es" (das Unbewusste, zum Beispiel in Form
der Geheimdienste). Auch hier stehen sich Überich, also Verfassung, und
Es, also die Geheimdienste, praktisch unversöhnlich gegenüber. Unser tägliches
Leben, also das gesellschaftliche Ich, hängt davon ab, wer die Oberhand
gewinnt - die Verfassung oder die Dienste. Wenn wir ihre Aktivitäten
nicht verstehen, dann werden wir dafür schon in naher Zukunft eine
saftige Quittung bekommen.
MM: Mancher proisraelische Journalist
hat Ihnen in der Öffentlichkeit Antisemitismus vorgeworfen, wogegen Sie
sich gewehrt haben. Ist es in Deutschland nicht möglich die Verbrechen
Israels anzuprangern, und die Meinung zu vertreten, dass Sharon nach Den
Haag gehört ohne als Antisemit abgestempelt zu werden?
Wisnewski: Ich weiß nicht, auf welche
Personen Sie konkret anspielen. Tatsache ist, daß zur Zeit versucht
wird, folgende Rechnung aufzumachen: Antisemitismus - wenn man dieses
Wort als Synonym für Judenfeindschaft versteht - ist
gleich Antisemitismus, soweit - so gut. Zweitens: Kritik an der
israelischen Regierung ist gleich versteckter Antisemitismus, so weit -
so ungut. Dann gibt es noch ein dritte Form von Antisemitismus, die
immer dann konstatiert wird, wenn irgendjemand wissentlich oder
unwissentlich israelische Interessen berührt, so weit - so absurd.
Deshalb stimmt mich das Geschrei nach meinem Buch Operation 9/11
besonders nachdenklich, denn dort wird beispielsweise der Mossad überhaupt
nicht erwähnt. Was soll ich jetzt davon halten? Habe ich mit meinen
kritischen Recherchen über den 11.9. etwa israelische Interessen berührt?
Ich meine, so eine Reaktion bringt einen erst auf Ideen. Ob Herr Sharon
nach Den Haag gehört, kann ich nicht beurteilen, da ich mich nicht näher
mit ihm beschäftigt habe.
MM: Nun hat der 11. September nach dem
"Verlust" des alten Feindbildes der Kommunisten das neue
Feindbild des "Islamisten" geschaffen. Was können Ihrer
Meinung nach Muslime wie auch Nichtmuslime in diesem Land tun, um aus
dieser Falle auszubrechen?
Wisnewski: Wenn in Deutschland
wieder Gotteshäuser von der Polizei umstellt werden, wie das vor
einigen Monaten bei einer Moschee der Fall war, dann ist das ein
Alarmsignal. Sind wir wieder soweit? Vor dem 11.9. wäre so etwas
undenkbar gewesen. Ich glaube, daß Muslime in der westlichen Welt in
naher Zukunft in Gefahr schweben könnten. Weitere Anschläge durch
"Islamisten" oder "Muslime" mit unklarem
Hintergrund könnten zu Empörung und Hass bei Nichtsmuslimen führen
und zur Stigmatisierung von Muslimen. Dem könnten Muslime durch
Distanzierung von der eigenen Religion oder Identität zu entkommen
versuchen, begleitet von Entsolidarisierung von Glaubensgenossen. Noch
mehr "islamistische" Anschläge und ein dadurch ausgelöster,
hoher moralischer Druck könnten zu Entscheidungszwängen führen: Entweder
bist du Moslem, oder du bekennst dich zur westlichen Kultur, dazwischen
gibt es nichts. Darauf könnten Auflösungs- und Einebnungserscheinungen
der muslimischen Kultur und Identität folgen. Nachdem ein
"harter muslimischer Kern" "unverdünnt" an seinem
Glauben und seiner Kultur festhalten will, könnten sich "islamistische"
Attentäter an die Spitze dieses harten Kerns setzen und die Umgebung
weiter gegen ihn aufbringen. Schließlich drohen weitere Maßnahmen
gegen Muslime, mit dem Ziel der endgültigen Auflösung und Beseitigung
dieser Religion und Kultur.
Der einzige Weg aus dieser Falle besteht meiner
Meinung nach darin, ihre Mechanismen und ihre Funktionsweise
offenzulegen.
MM: Wie soll das gehen, wenn die
etablierten Medien genau das Gegenteil ansteuern?
Wisnewski: Mir fällt da auch nichts
besseres ein als Graswurzelmedienarbeit. Aber ich glaube, daß auch in
den sogenannten etablierten Medien langsam ein Umdenken einsetzt. Sehen
Sie sich allein den neuen Wim Wenders-Film und das entsprechende
Interview in der Berliner Zeitung vom 2.10.2004 an. Da wird Wenders die
Frage gestellt, ob jemals die Wahrheit über den 11. September
herauskommen wird. Dass die offizielle Version nicht stimmt, setzt der
Interviewer also bereits voraus. Das gleiche gilt für Wenders, der das
Thema in seinem Film entsprechend behandelt hat. Wie sagte schon sinngemäß
George Orwell: Freiheit ist die Freiheit zu sagen, daß zwei plus zwei
vier ist. Alles andere ergibt sich zwingend daraus.
MM: Was können aus Ihrer Sicht konkret
deutsche und deutschsprachige Muslime tun?
Wisnewski: Also, ich spreche jetzt mal
ins Unreine und ohne die Verhältnisse und die Kultur der Muslime in
Deutschland zu kennen: Sie sollten offensivere Medienarbeit machen. Sie
sollten Tage der offenen Tür und Pressekonferenzen in ihren
Einrichtungen, auch Moscheen, veranstalten. Erklären Sie der Öffentlichkeit
Ihre Sicht der Dinge. Bei negativer Berichterstattung sollten sie
gezielt Medienleute anrufen und zu Gesprächen in Ihre Einrichtungen
einladen. Nach Polizeiaktionen ist eine solche "Nachbereitung"
besonders wichtig. Nachbarschaftsfeste oder ähnliches wären eine Möglichkeit,
die Beziehungen zur deutschen Umgebung zu stärken, so daß es nicht so
leicht möglich ist, Muslime auszugrenzen.
MM: Abschließende Frage: Wenn man die
gesamte Entwicklung aus einer echten muslimischen Sicht betrachtet, so
dienen alle Elemente wie Schaffung der unmenschlichen Taliban und deren
Bekämpfung, Überfall auf Kuwait und dessen "Befreiung",
erster, zweiter und dritter Golfkrieg, Schaffung des Phantoms Al-Qaida,
widerstandslose Aufgabe der irakischen Luftwaffe ohne jegliche Verluste
an Flugzeugen, Saddams "Luxusgefängnis" ohne ernsthaft
angestrebte Gerichtsbarkeit usw. usw. usw. ausschließlich der
Umkreisung des Iran und letztendlich dessen Vernichtung, weil dort die
einzige verbliebene ideologische (nicht militärische) Gefahr für das
Weltimperium beheimatet ist. Geht Ihnen als ausgewiesener "Verschwörungstheoretiker"
solch eine Vorstellung zu weit, oder können Sie sich vorstellen, dass
da etwas dran ist?
Wisnewski: Es ist möglich, dass es
solche Einkreisungstendenzen gibt. Kürzlich schlug auch ein russischer
General Alarm, weil er Russland durch die Osterweiterung der NATO
eingekreist sieht. Russland sei bald weitgehend von NATO-Staaten
umgeben. Und wer mal einen Blick auf die Landkarte wirft, kann das auch
nicht abstreiten. Es ist klar, daß das amerikanische Imperium
superaggressiv und expansiv auftritt. Es versucht, sich so viele Länder
wie möglich einzuverleiben oder anzugliedern. Nach dem Zusammenbruch
der Sowjetunion droht das Imperium den Globus zu überwuchern und völlig
aus dem Leim zu gehen. Die Frage, die schon viele gestellt haben, ist,
ob das Imperium eine solche Überdehnung überhaupt verkraftet.
MM: Was meinen Sie, verkraftet das
Imperium das?
Wisnewski: Sehr schwer zu
sagen. Ich glaube, das Imperium steht vor einer Zerreißprobe. Der erste
Grund ist: Ein wirklicher Feind - die Sowjetunion - wurde durch einen
fadenscheinigen Phantomfeind ersetzt (Bin Laden, "Al-Qaida").
Das schwächt die Legitimationsgrundlage. Zweitens: auf dieser
fadenscheinigen Grundlage wird eine enorme Ausdehnung versucht. Da kann
man sich leicht verheben. Drittens: Die gesamte Operation beruht auf Lügen,
wie bereits die Fälschungen in Sachen Massenvernichtungswaffen gezeigt
haben, aber auch die Ungereimtheiten in Sachen 11. September. Dadurch
gerät die Regierung in eine Glaubwürdigkeitskrise. Viertens: Die USA
befinden sich in einer Finanz- und Rohstoffkrise. Fünftens: Die USA
befinden sich in einer demokratischen und politischen Krise. Sechstens:
Die Ausdehnung ist ja möglicherweise bereits zum Erliegen gekommen, nämlich
im Irak. Eine Ausdehnung, die zum Erliegen kommt, kann leicht in das
Gegenteil umschlagen, nämlich in einen Schrumpfungs- und Zerfallsprozess.
Die Sowjetunion und Afghanistan sind das beste Beispiel dafür. Das
liegt in der Natur solcher dynamischer Prozesse. Ein Luftballon, der
nicht mehr aufgeblasen wird, schrumpft zusammen. Siebstens sehen wir für
Zerfallsprozesse typische Verhärtungserscheinungen nach innen und nach
außen (Patriot Act etc.) Mit Hilfe dieser harten Linie wird versucht,
die Lage zu kontrollieren, in Wirklichkeit verschlimmert sich dadurch
die Situation. Die damit einhergehenden Image-, Gesichts- und
Sympathieverluste schlagen sich in harten ökonomischen Verlusten
nieder. Kurz: Es gibt eine Menge Gründe, den Fortbestand der USA oder
des US-Imperiums skeptisch zu sehen, was mich übrigens nicht unbedingt
freut, schon aus Gründen der globalen Stabilität und der Gefahr, die für
uns alle in einem Zerfall des US-Imperiums liegen würde.
MM: Herr Wisnewski, wir danken Ihnen für
das Interview.
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