MM:
Sehr geehrter Herr Ochsenreiter. Was bewegt einen noch nicht 30jährigen
dazu, ausgerechnet eine Militärzeitschrift redaktionell zu leiten?
Ochsenreiter:
Ist das wirklich eine Frage des Alters? Ich denke
nicht, denn die Themenbereiche Militär und Verteidigung sprechen sowohl
junge als auch ältere Leser an. Vor allem junge Bundeswehrangehörige zählen
zu unsern treuesten Lesern.
MM:
Fast jeder etablierte Politiker, der beispielsweise der Jungen Freiheit
oder auch der Deutschen Militärzeitschrift ein Interview gibt, wird
anschließend in den Medien kritisiert, sich mit Rechtsradikalen
eingelassen zu haben. Sind Sie ein Rechtsradikaler oder gar Neonazi?
Ochsenreiten:
Nein. Ich bin Konservativer. Doch es ist ein
entscheidender Wesenszug des öffentlich geführten Kampfes gegen Rechts
eben Konservative und Rechte als Extremisten und Neonazis zu diffamieren.
Übrigens das ist die unfreiwillige Komik des Ganzen kooperieren
demokratische Linke offen mit Linksextremisten und Verfassungsfeinden wenn
es gegen Rechts geht. Einige Vereine sie nennen sich dann
zivilgesellschaftlich erhalten sogar Fördergelder aus Steuermitteln.
MM:
Was ist denn ein Konservativer, schließlich nennen die CDU, die CSU, die
Republikaner, studentische Verbindungen und viele andere sich auch
konservativ?
Ochsenreiter:
In der Tat ist konservativ ein strapaziertes
Etikett. Die Unionsparteien sehen sich aber mittlerweile lieber als moderne
und liberale Stadt-Parteien denn als konservative Kraft. Die
Abtreibungsgegner beispielsweise spielen dort nur noch eine untergeordnete
Alibirolle. Die Republikaner, als rechtsradikal verschrien, würde ich eher
national-liberal einordnen, doch sie spielen politisch keine große Rolle
mehr. Bei Studentenverbindungen gibt es sowohl sehr konservative als auch
liberale Bünde, je nach Dachverband. Ich selbst bin Alter Herr in einer
schlagenden Burschenschaft.
Ich denke nicht, dass es ausreicht, sich in Parteien oder Vereinen
konservativ zu engagieren. Vielmehr bin ich der Meinung, dass es vor allem
eine Lebenseinstellung ist. Heute konservativ zu sein, heißt nicht zuletzt,
mit offensiv gelebten Werten, seine Umgebung bewusst herauszufordern. Dazu
braucht es weder ein Parteibuch noch ein Amt als Vereinskassenwart.
MM:
Ist es denn zeitgemäß einem Verein anzugehören, der - zumindest so der
äußere Eindruck - mit mittelalterlichen Schwertern sich gegenseitig
Verletzungen zufügen als Mutprobe?
Ochsenreiter:
Die spielen auf meine Mitgliedschaft in einer
Burschenschaft an - natürlich wäre es zeitgemäßer, mit einer reinen
Konsumentenmentalität sein Studium irgendwie runterzureißen, ohne sich um
den Rest zu kümmern, ohne nach links und rechts zu schauen.
Die Mitgliedschaft in einer Verbindung bedeutet allerdings weit mehr als
nur in einem Verein zu sein. Wir begreifen uns als Lebensbund, in dem
die bundesbrüderlichen Prinzipien weder einen Generationenkonflikt noch
Unterscheidung nach sozialer Herkunft zulassen.
Das Prinzip der Mensur, des studentischen Fechtens mit sogenannten
Schlägern, ist nicht die Verletzung des Gegenübers, wie Sie es in der Frage
unterstellen. Man muss hierbei vor allem sich selbst überwinden und nicht
seinen Gegner. Man lernt hierbei buchstäblich das Stehen, denn im
Gegensatz zum Sportfechten weicht man den Hieben nicht aus, sondern pariert
sie oder wenn man dabei einen Fehler gemacht hat empfängt den Hieb. Das
kann dann schon mal zu einer Narbe führen. Man lernt hierbei aber, ein
wirkliches Opfer für die Gemeinschaft zu bringen und sich dabei selbst zu
überwinden. Deshalb ist eine Mensur weitaus mehr, als nur eine banale
Mutprobe.
In einer Zeit, in der sich jeder den bequemsten Weg zu suchen scheint, mag
das freilich etwas archaisch klingen aber das brauche ich ja jemandem, der
sich selbst als islamischen Fundamentalisten beschreibt nicht zu erklären,
oder?
MM:
Zuletzt hatten Sie z. B. den ehemaligen Verteidigungsminister Scholz (CDU)
und den ehemaligen Verteidigungsminister Apel (SPD) im Interview. Gibt es
überparteiliche Gemeinsamkeiten zwischen Ihnen und den Interviewpartnern?
Ochsenreiter:
Manchmal mehr, manchmal weniger. Doch für ein
gutes Interview sind Gemeinsamkeiten nicht nötig. Man braucht keinen
inhaltlichen Konsens, um sich mit Menschen zu unterhalten. Die einzige
Gemeinsamkeit sollte sein, sich ausreden zu lassen und eine gewisse Fairness
einzuhalten. Doch es ist in der Tat interessant, um bei Ihrem Beispiel zu
bleiben, dass der Sozialdemokrat Hans Apel erheblich konservativere
Ansichten zu haben scheint, als der Christdemokrat Rupert Scholz.
MM:
In Ihrer Zeitschrift gehen Sie auch auf historisch-politische Zusammenhänge
ein. So thematisieren Sie jüngst die Umbenennung von Kasernen, die ihren
Namen erst in den 70er Jahren erhalten haben bzw. damals bestätigt wurden.
Ochsenreiter:
Sie sprechen den Fall des Jagdfliegers Werner
Mölders an, nach dem die Bundeswehr einen Lenkwaffenzerstörer der Marine,
eine Kaserne und ein Jagdgeschwader benannt hatte. Mölders, der 1941 bei
einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, wird in der ganzen Welt geachtet
nicht nur aufgrund seiner militärischen Leistungen, sondern auch für seine
Art der Menschenführung. Und während die Welt bewundernd auf Mölders und
dessen Leistungen blickt, sorgt man in Deutschland dafür, dass sein Name
abgeschraubt, übermalt oder abgekratzt wird. Mölders gilt übrigens als sehr
christlich geprägt, charakterfest und standhaft kein Wunder also, dass die
heutige Politik nichts mit ihm anfangen kann.
MM:
Was hat sich seither geändert in diesem Land?
Ochsenreiter:
Es hat sich einiges verschoben. Debatten werden
heute nicht mehr einfach nur beeinflusst, sondern von vornherein
unterbunden. So ist es heute auch im Falle der Bedeutung des 8. Mai 1945,
des Tages der Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Früher waren noch
lebhafte Diskussionen darüber möglich, ob dieser Tag mehr die Bedeutung
einer Befreiung oder einer Niederlage hat. Heute sind schon die Debatten
darüber nicht mehr möglich. Diese bedenkliche Entwicklung lässt sich an
vielen Beispielen nachvollziehen
MM:
Der "Vorwurf" an Sie als intellektueller Vertreter der sogenannten "neuen
Rechten" besteht darin, dass Sie bestimmte Werte vertreten würden, die dem
Zeitgeist widersprechen. Welche Werte sind das?
Ochsenreiter:
Vielleicht ist es heute bereits verdächtig,
überhaupt Werte zu vertreten. Denn damit bringt man sich automatisch ob
man will oder nicht gegen den hedonistischen und liberalen Mainstream in
Stellung. Als engagierte Muslime kennen Sie das selbst. Ein klares
Bekenntnis zum Schutz und zur Förderung der Familie schließt die Anerkennung
sogenannter Regenbogenfamilien, bestehend aus homosexuellen Partnern und
adoptierten Kindern, zwangsläufig aus. In einem Land, wo dies mittlerweile
als schick angepriesen wird, ist hier ein Anecken vorprogrammiert. Ein
ebenso eindeutiger Standpunkt zu den Leistungen unserer Väter und Großväter
ruft heute diejenigen auf den Plan, die lieber Deserteure als gefallene
Soldaten ehren. Eigentlich selbstverständliche Forderungen, wie die
offensive und selbstbewusste Wahrnehmung nationaler Interessen werden
plötzlich anrüchig, wenn man sich zuvor nicht ausgiebig in alle Richtungen
mit moralinsauren Erklärungen absichert. Es sind gewisse
Auflösungserscheinungen, die sich vor allem seit 1968 erfolgreich
durchgesetzt haben. Wer sich dieser Entwertung nicht beugt, gerät ins
Visier. Da haben Rechte und Muslime durchaus etwas gemeinsam. Schade, dass
sie diese Gemeinsamkeit so wenig erkennen und schon gar nicht nutzen.
MM:
Worin unterscheidet sich denn Ihrer Meinung nach eine Deserteur von den
Widerstandskämpfern gegen Hitler unter den deutschen Offizieren?
Ochsenreiter:
In der Motivation und der Handlung. Ein Deserteur
handelt zumeist nicht aus idealistischen, sondern aus rein persönlichen
Motiven. Man mag Verständnis für einzelne Schicksale aufbringen, doch als
Vorbild eignet sich ein Deserteur nicht. Er ist jemand, der sich
davonstiehlt, sich nicht der Verantwortung und der Pflicht stellt. Er lässt
sein unmittelbares Umfeld - seine Kameraden - im Stich.
Bei den Offizieren des Widerstands ist der Fall gänzlich anders gelagert. Im
Prinzip handelten Sie genau gegensätzlich, wenn man so will zum eigenen
persönlichen Nachteil, um einem Ideal zu dienen.
Dennoch fehlt zwischen diesen beiden Polen die angemessene Würdigung der
Soldaten, die mit hohem persönlichen Einsatz beispielsweise an den harten
Abwehrschlachten im Osten gegen die Rote Armee beteiligt waren und damit
unzähligen Zivilisten das Leben retteten. Dass hierbei Soldaten aus fast
ganz Europa beteiligt waren, wird heute gerne unter den Tisch gekehrt. Der
internationale und europäische Charakter der gegen die Sowjets kämpfenden
Verbände passt nicht ins aktuelle Bewältigungsweltbild.
MM:
Sie sprachen mögliche Gemeinsamkeiten zwischen Rechten und Muslimen an.
Muslime glauben an die Herkunft des Menschen von einem Elternpaar und lehnen
jeglichen Bezug auf z.B. Thor und Odin ab. Worin sehen Sie denn
Gemeinsamkeiten?
Ochsenreiter:
Die meisten Rechten, die ich kenne, denken
ebenso wenig wie Sie, dass sie von Thor und Odin abstammen. Viele sind
überzeugte Christen und gehören einer der beiden großen Konfessionen bzw.
evangelischen Freikirchen an. Eine Gemeinsamkeit ist sicherlich das positive
Verhältnis zum Eigenen, Natürlichen und Gewachsenen die Achtung vor dem
Leben und vor der Schöpfung. Weder für einen Konservativen noch für einen
Muslim ist es hinnehmbar, wenn Kinder im Mutterleib getötet und alte
Menschen per Spritze entsorgt werden. Beide stehen kritisch der Ideologie
des Liberalismus gegenüber, die smart als Freiheit daherkommt, in
Wirklichkeit aber Auflösung, Gleichgültigkeit und Verantwortungslosigkeit
bedeutet.
MM:
Erfüllt es einen echten Rechten denn nicht mit Furcht, wenn er sich
vorstellt, dass sein germanisches Deutschland eines Tages auch muslimisch
geprägt sein könnte?
Ochsenreiter:
Ein echter Rechter, wie Sie es nennen, denkt vor
allem geschichtsbewusst und weiß zu abstrahieren. Vor mehr als 280 Jahren
wanderten die ersten moslemischen Tataren nach Deutschland ein, um in der
preußischen Armee zu dienen. 1807 erlitt Napoleon im preußisch-französischen
Krieg eine empfindliche Niederlage. Sieger waren unter anderem
muslimisch-preußische Soldaten, die für ihre Tapferkeit und Treue berühmt
waren. Als 1934 Reichspräsident Paul von Hindenburg verstarb, trauerte auch
die deutsch-islamische Gemeinde. Heute drängt es uns, laut und in aller
Öffentlichkeit unsere Trauer in die Trauer des deutschen Volkes zu mischen,
hieß es in einem Nachruf der Muslime. Vielen Linken galt Hindenburg als
Inbegriff der Reaktion und des Militarismus. Schließlich kämpften im Zweiten
Weltkrieg zahlreiche muslimische Freiwillige Seite an Seite mit deutschen
Soldaten. Ich hole so weit aus um aufzuzeigen, dass es ein geschichtlich
gewachsenes Verhältnis von Muslimen und Christen in Deutschland gibt.
Leider sind angesichts der momentanen Terrorhysterie und den Gefahren der
ungebremsten Massenzuwanderung nach Deutschland solche geschichtlichen
Wahrheiten etwas ins Hintertreffen geraten.
MM:
Schön und gut, aber würde es sie nicht grausen oder gar schockieren, wenn
z.B. Ihre eigene Tochter eines Tages einen Muslim heiratet, zum Islam
konvertiert und möglicherweise auch ein Kopftuch trägt? Sind die bestehenden
Ängste in der Bevölkerung nicht auch "konservativer Art"?
Ochsenreiter:
Jetzt vermischen Sie aber einiges. Ich kann daran
nichts Schlimmes erkennen, daß jemand der eigenen Religion den Vorzug gibt.
Natürlich erziehe ich meine Kinder katholisch und versuche ihnen auch ein
solches Bewusstsein zu vermitteln.
Ich denke, nur indem man sich auch zu seiner eigenen religiösen Identität
bekennt, kann man Andere erst respektieren. Ein aufrichtiger Dialog ist nur
dann möglich, wenn man einen Standpunkt hat. Bei den Muslimen ist das
zweifelsohne der Fall. Bei den meisten Wischiwaschi-Protestanten, die den
Dalai Lama mit Eure Heiligkeit ansprechen, ein indianisches
Reinigungsritual auf dem Kirchenaltar aufführen oder eben ein paar tanzende
Derwische ins Pfarramt einladen, habe ich da meine erheblichen Zweifel.
Dialog wird dann zur Anbiederung, das Motiv hierfür ist ein fehlendes
Selbstbewusstsein, vielleicht sogar ein Minderwertigkeitskomplex. Vertrauen
kann daraus nicht erwachsen.
MM:
Ihre Meinungen erscheinen - um es einmal vorsichtig auszudrücken - nicht
unbedingt repräsentativ für die Rechten oder Konservative, glauben Sie
dass die Rechte hier in einem Entwicklungsprozess ist, oder sind Sie ein
Exot?
Ochsenreiter:
Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass es die
Rechten oder die Konservativen als homogene weltanschauliche Gruppen
nicht gibt. Ein abgeklärteres, geschichtlich inspiriertes Verhältnis zum
Islam in Deutschland würde vielen sogenannten Rechten und Konservativen
mit Sicherheit nicht schaden.
Allerdings kann ein solcher Prozess nicht ohne die Muslime gehen. Leider
macht es immer wieder den Anschein, dass sich deren großen Verbände vor
allem an die linken Parteien in Deutschland anlehnen. Dies mag kurz- und
mittelfristig verständlich sein, da die Grünen und die SPD mittlerweile
auch die CDU sich gerne als multikultifreundlich zeigen. Dennoch verlangen
sie langfristig einen hohen Preis von den Muslimen nämlich die Aufgabe
ihrer religiösen Identität. Längst sind auch in diesem Bereich linke
zivilgesellschaftliche Vorfeldorganisationen tätig, die den Muslimen
erklären, weshalb das Kopftuch schlecht und menschenfeindlich und
Homosexualität doch gar nicht so schlimm sei. Hier drängt sich der Eindruck
auf, Integration im linken Sinne meint, aus gottesfürchtigen und
wertebewussten Menschen, gut steuerbare Konsumtrottel zu formen. Wenn der
Muslim-Markt schließlich mit einem eigenen Wagen am Christopher-Street-Day
teilnimmt, ist der Prozess dieser Integration abgeschlossen.
MM:
Nun, viele Muslime wählen derzeit ganz bewusst Links, da sie darin das
geringere Übel sehen, denn es sind die politischen Rechten die
innenpolitisch den Islam verbieten wollen und außenpolitisch sich mit
Völkerrechtsverbrechern - insbesondere gegen Muslime - verbünden wollen.
Gibt es die von Ihnen mitvertretene "Rechte" überhaupt in der deutschen
politischen Landschaft?
Ochsenreiter:
Natürlich gibt es die, wenn auch nicht als
geschlossene Formation eines Vereins oder gar einer Partei. Ich will hierbei
an Namen wie Peter Gauweiler oder Otto von Habsburg erinnern. Die im
Regin-Verlag erscheinende Reihe Junges Forum hat eine ganze Ausgabe dem
Thema Der Islam und die Rechte gewidmet.
Ich denke, das Thema steht jetzt auf der Tagesordnung gerade für Rechte.
Irgendwann wird jeder für sich klären müssen, wohin er eigentlich möchte.
MM:
Herr Ochsenreiter, wir danken Ihnen für das Interview.
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