MM: Zunächst einmal vielen Dank, dass Sie
auf dieser Tagung teilnehmen. Können Sie uns ihr Absichten nennen, was Sie
dazu bewegt, mit Muslimen über den Propheten Muhammad zu sprechen?
Botembe: Prophet Muhammad wie Moses, Jesus
und alle Propheten sind nicht nur für Muslime da, sondern für die ganze
Menschheit. Sie sind da, um uns klar zu machen, wie wir unsere Bindung zu
Gott wieder erreichen können. Und für mich als Christen ist es meine Aufgabe,
mich mit den Gedanken des Christentums zu beschäftigen, um darauf aufbauend
gemeinsam mit Muslimen einen Weg zu erreichen, die Menschheit zur Ehrung
Gottes zu bewegen. Das sind meine Beweggründe, um auf dieser Veranstaltung
dabei zu sein.
MM: Nun kommen Sie aus einem Kontinent, in
dem die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen eine ganz andere ist, als
wir es hier in Deutschland haben. Können Sie uns vielleicht dazu einige
Worte sagen?
Botembe: Das ist historisch bedingt. Zu uns
kamen die Christen im Zuge des Kolonialismus und der Dominanz von westlichen
Menschen. Hingegen ist in Deutschland, in Europa die Kirche bzw. die
Religion das Christentum, und das Christentum hat Angst sich neben anderen
Religionen einzuordnen. Wir (in Afrika) haben das Christentum bekommen durch
Kolonialismus mit einer europäischen Verpackung, was letztendlich hieß, dass
sich der Afrikaner unterwerfen sollte, einen Christentum, bei dem der
Europäer als Herr betrachtet werden sollte, der den Afrikaner dominieren
wollte. In Deutschland ist die Religiosität eine Tradition. Und die Christen
gehen zu Weihnacht in die Kirche aus Tradition. Und der Glaube ist nicht
tief verankert. Und ich, als Christ, habe in Berlin Muslime kennen gelernt,
und deren tiefe Religiosität hat mir geholfen, mein eigenes Christentum zu
vertiefen. So lese ich in der Bibel, ich lese im Qur'an, dabei stelle ich
fest, wie groß Gott ist, wie er auf verschiedene Weise ist, wie er in
verschiedenen Erscheinungen erscheint, aber im Kern ein Gott ist, und das
erhält meine Bewunderung. MM: Würden
Sie dann z.B. sagen, dass das Christentum, das in Afrika gelebt wird, dem
Islam viel näher steht, als möglicherweise zum Christentum in Europa?
Botembe: Ja, das könnte man so ausdrücken.
Beginnen wir z.B. mit den Werten: Die Werte ältere Menschen zu respektieren,
die guten Beziehungen zu Nachbarn, die Gemeinschaft zu suchen, gesellig zu
sein, den Glauben
gemeinsam zu leben - so ist es auch im Orient, im Iran, im Marokko. Der
europäische Christ hingegen ist oft ein Einzelmensch, ein Individuum, sein
Glaube ist Privatsache, man hat miteinander wenig zu tun. Daher hat das
afrikanische Christentum eine besondere Nähe zum Islam. MM:
Kommen wir nun zu Ihrer Gemeinde hier in Berlin. Würden Sie uns
freundlicherweise Ihre Gemeinde ein wenig vorstellen? Und was war der Grund
dafür, eine speziell afrikanisch orientierte Gemeinde hier in Berlin zu
gründen und zu leiten?
Botembe: Wir afrikanischen Christen fühlen uns
in Deutschland, als ein christliches Land, fremd, ausgegrenzt und spüren
kaum eine christliche Solidarität. Wenn wir in eine deutsche christliche
Kirche gehen, dann sind wir dort zwar Gäste aber werden nicht als Brüder
betrachtet. Und wir spüren eine gewisse Isolation. Wenn hingegen deutsche
oder europäische Christen zu uns kommen, dann würden wir sie als Christen
empfangen. Wir hingegen empfinden oft Kälte. Aus diesem Grund haben wir die
Afrikanisch-Ökumenische Kirche gegründet, damit wir unseren Glauben als
Christen leben und erleben können, unter Beibehaltung unseres Charakters und
unserer Mentalität. Und unsere Kirche ist auch offen für deutsche Christen.
Gerne wollen wir die Gemeinsamkeiten gemeinsam erleben. MM:
Haben Sie denn auch die Gelegenheit diese Gemeinsamkeiten mit hiesigen
Christen in der Praxis umzusetzen?
Botembe: Ja, einmal im Monat organisieren wir
einen gemeinsamen Gottesdienst mit Deutschen und Afrikanern. Und einzelne
gehen dabei auch zur deutschen Kirche und nehmen an deren Gottesdienst teil.
Wir nennen das Ökumenik in der Basis. MM:
Machen wir einen letzten Gedankensprung. Sie haben sich in bestimmten
Äußerungen sehr positiv zur Islamischen Revolution im Iran geäußert. Können
Sie das aus der Sicht eines afrikanischen Christen für die hiesigen Christen
erläutern, denn es erscheint für manche hiesige Christen im ersten Moment
etwas unverständlich?
Botembe: Die Islamische Revolution im Iran ist
eine religiöse Revolution und hat seine Ursache in der tiefen seelischen
Verankerung des Islam unter den Muslimen im Iran. Das heißt, die haben sich
Gedanken gemacht zur Menschheit und ihrem Verhältnis zu Wissenschaft und
Technik, wie ist der Weg, wohin geht der Weg? Will man eine geistige
Orientierung? Sie sind schließlich enttäuscht von den europäischen Werten
und den europäischen Glaubwürdigkeiten. Sie sind enttäuscht und haben
festgestellt, dass in Europa und im christlichen Europa Muslime keinen Platz
finden. Wo bleibt der muslimische Mensch? Daraufhin haben sie den Sinn ihres
Glaubens gesucht und wollten diesen vertiefen, um auch ihre Würde wieder
herzustellen. Sie wollen sich an ihrem Glauben orientieren in ihrer
Gesellschaft mit Gott in der Mitte. Und das ist die Ursache dieser
Revolution. Allerdings wird das in Europa nicht richtig verstanden, weil die
Angst haben, dass wenn diese Revolution sich entwickelt, dann würden die
Menschen religiöser orientiert werden, so dass sie dann weniger konsumieren.
Und wenn sie weniger konsumieren, dann ist das eine Gefahr für die westliche
Wirtschaft. Das ist meine Ansicht dazu. MM:
Wenn aber die Menschen hier die Problematik erkennen würden und sehen
würden, dass dadurch eine Menschlichkeit geschützt werden kann, könnte man
dann nicht gemeinsam einen Weg erlangen zwischen dem im Augenblick auch im
Westen kritisierten Kapitalismus und einem neuen Weg?
Botembe: Dazu müssten die europäischen
Geistlichen und die muslimischen Geistlichen zusammen arbeiten, um einen
gemeinsamen Weg zu finden für die Menschheit und die menschliche
Entwicklung, damit sie den Weg öffnen. Dabei darf nicht vergessen werden,
dass es eine geistliche Angelegenheit ist, und entsprechend gibt es einen
geistigen Feind, der auch immer versucht, etwas dagegen zu tun. Das darf
nicht vergessen werden. MM: Herr
Pastor Botembe, wir danken für das Interview.
Botembe: Ich bedanke mich auch. |