Im Namen des Erhabenen  
  Interview mit Oberrabbiner Friedman
 

Muslim-Markt interviewt 
Oberrabbiner Moische Arie Friedman bei der Kundgebung "Tag von Jerusalem" am 21.10.2006 in Berlin

Moische Arie Friedmann ist 1972 in New York geboren und gemäß seiner Ausbildung Oberrabbiner und praktiziert in Wien bei der orthodoxen antizionistischen jüdischen Gemeinde. Aufgrund seiner antizionistischen Haltung stößt er dabei immer wieder auf den Widerstand zionistischer Organisationen. Auch die Israelitische Kultusgemeinde Wien distanziert sich von ihm und hat gegen ihn im Zusammenhang jüdischer Gemeinderäume prozessiert.

In Kooperation mit der jüdisch-orthodoxe Organisation Naturei Karta bezeichnet er den Zionismus als "Atheismus" wohingegen ihm Zionisten das Rabineramt absprechen.

Er war Gastredner auf der Kundgebung zum "Tag von Jerusalem" am 21.10.2006 in Berlin, wo er auch die Abschlussrede hielt. Der Muslim-Markt hat am Anfang der Kundgebung mit ihm gesprochen.

MM: Sehr geehrter Herr Oberrabbiner Friedman, bevor ich Sie zu der Demonstration zum "Tag von Jerusalem" frage; können Sie unseren Lesern, die sich mit dem Judentum nicht so gut auskennen, kurz erläutern, was ein Oberrabiner ist?

Friedman: Ein Oberrabbiner ist der Religionsführer und die oberste Autorität der Gemeinde. Sie vertretet die Gemeinde ausschließlich nach Außen hin im naturgemäßen Religionsbereich, als solchem insgesamt in allen Angelegenheiten. So ist es von unserer Religion, auch von der Bibel her, bis heute nach wie vor unverändert geblieben.

MM: Und welche Ausbildung hat ein Oberrabbiner, wie viele Jahre muss man sich das vorstellen?

Friedman: Nach dem Abschluss der entsprechenden Grundausbildungen gibt es noch eine Spezialausbildung für den Rabbiner von ungefähr vier weiteren Jahren.

MM: Und Sie haben nun diesen weiten Weg von Wien bis hierher auf sich genommen, um in Berlin bei der Demonstration zum Tag von Jerusalem dabei zu sein. Was ist Ihr Beweggrund dafür?

Friedman: Die Einladung ist eigentlich von hier aus gegangen. Man hat mich eingeladen zum Tag von Jerusalem in Berlin, wobei eigentlich der Titel schon für sich spricht. Es war mir fast unmöglich zu kommen, von den Umständen, von den Möglichkeiten, her. Aber der Inhalt war so wichtig, da habe ich mich sehr verpflichtet gefühlt als Oberrabiner der orthodoxen antizionistischen Gemeinde in Wien zu kommen und die Möglichkeiten zu nutzen gerade in Berlin für den Al-Quds Tag bzw. für die islamischen Glaubensbrüder und -schwestern zu solidarisieren und eine wirkliche Unterstützung für die Praxis umzusetzen vor allem, wenn es Al-Quds (Jerusalem) und die Al-Aqsa Moschee betrifft.

MM: Nun ist es so, dass so, dass einige geistige Oberhäupter aller drei Religionen eher unbemerkt die Idee äußern, dass man in Frieden miteinander in einem gemeinschaftlichen Staat leben könnte im Heiligen Land, also nicht die so genannte Zwei-Staaten Lösung, sondern eine Ein-Staaten Lösung, in der Juden, Christen und Muslime gemeinsam leben. Was halten Sie von dieser Lösung?

Friedman: Ich glaube, dass hat wirklich keinen Sinn über Probleme zu sprechen, die es gar nicht gibt. Zu allerletzt muss sich die islamische Welt Reden und Antworten stellen, was das Verhältnis im Umgang mit Judentum betrifft. Es war niemals ein Problem in Jerusalem für das Judentum, und was die islamische Welt angeht. Und es hat keinen Sinn deshalb zu sprechen über Koexistenz, was ohnehin unproblematisch ist. Und deshalb muss man jetzt für Gerechtigkeit sorgen, dass die Millionen Flüchtlinge in ihre Heimat und auch in ihre Häuser zurückkehren können, und dann kann man den ursprünglichen Zustand wiederherstellen. Dann muss man sprechen von einem Problem von Koexistenz von Juden mit dem Islam, was überhaupt kein Problem ist. Ganz im Gegenteil: Zu allerletzt muss sich die islamische Welt von Deutschlands moralischen Guide Lines akzeptieren, was den Umgang mit Judentum betrifft.

MM: Sie haben es auch angesprochen; die besondere Situation in Deutschland, dass hier eine historische Last auf diesem Land liegt, dass die Leute solche Stimmen, wie die Ihrige, weniger deutlich hervorkommen lassen. Und genauso ist es natürlich mit Muslimen, die auch die gleiche Meinung vertreten, wie Sie sie vertreten. Wie können Juden und Muslime Hand in Hand diese Stimme etwas deutlicher hervorbringen?

Friedman: Das muss man einfach machen. Ich glaube, sie sollen irgendwo transformieren, das bisher alles theoretische ins Praktische, wie man es im Englischen sagt: practical terms, und es dann wirklich machen, ohne zuviel darüber zu sprechen.

MM: Eine abschließende Frage; wenn Sie dann, so Gott will, bei diesem Am Tag von Jerusalem mitgegangen sein werden, und zu Ihren Glaubensgeschwistern nach Wien zurückkehren, was ist Ihre praktische Arbeit für die Zukunft für den Frieden von Juden, Muslimen und Christen in Ihrer Gemeinde bzw. in Ihrer Umgebung.

Friedman: Wie gesagt, ich kann Ihnen zuversichern, dass meine Anwesenheit hier nicht im Theoretischen bleiben wird, sondern ich werde in der Praxis das weiter fortsetzen - in Taten - anstatt zuviel darüber zu plaudern.

MM: Vielen Dank für dieses Interview.

Friedmann: Bitteschön

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