MM: Sehr geehrter Herr Oberrabbiner Friedman,
bevor ich Sie zu der Demonstration zum "Tag von Jerusalem" frage; können Sie
unseren Lesern, die sich mit dem Judentum nicht so gut auskennen, kurz
erläutern, was ein Oberrabiner ist?
Friedman: Ein Oberrabbiner ist der
Religionsführer und die oberste Autorität der Gemeinde. Sie vertretet die
Gemeinde ausschließlich nach Außen hin im naturgemäßen Religionsbereich, als
solchem insgesamt in allen Angelegenheiten. So ist es von unserer Religion,
auch von der Bibel her, bis heute nach wie vor unverändert geblieben.
MM: Und welche Ausbildung hat ein
Oberrabbiner, wie viele Jahre muss man sich das vorstellen?
Friedman: Nach dem Abschluss der
entsprechenden Grundausbildungen gibt es noch eine Spezialausbildung für den
Rabbiner von ungefähr vier weiteren Jahren.
MM: Und Sie haben nun diesen weiten Weg von
Wien bis hierher auf sich genommen, um in Berlin bei der Demonstration zum
Tag von Jerusalem dabei zu sein. Was ist Ihr Beweggrund dafür?
Friedman: Die Einladung ist eigentlich von
hier aus gegangen. Man hat mich eingeladen zum Tag von Jerusalem in Berlin,
wobei eigentlich der Titel schon für sich spricht. Es war mir fast unmöglich
zu kommen, von den Umständen, von den Möglichkeiten, her. Aber der Inhalt
war so wichtig, da habe ich mich sehr verpflichtet gefühlt als Oberrabiner
der orthodoxen antizionistischen Gemeinde in Wien zu kommen und die
Möglichkeiten zu nutzen gerade in Berlin für den Al-Quds Tag bzw. für die
islamischen Glaubensbrüder und -schwestern zu solidarisieren und eine
wirkliche Unterstützung für die Praxis umzusetzen vor allem, wenn es Al-Quds
(Jerusalem) und die Al-Aqsa Moschee betrifft.
MM: Nun ist es so, dass so, dass einige
geistige Oberhäupter aller drei Religionen eher unbemerkt die Idee äußern,
dass man in Frieden miteinander in einem gemeinschaftlichen Staat leben
könnte im Heiligen Land, also nicht die so genannte Zwei-Staaten Lösung,
sondern eine Ein-Staaten Lösung, in der Juden, Christen und Muslime
gemeinsam leben. Was halten Sie von dieser Lösung?
Friedman: Ich glaube, dass hat wirklich
keinen Sinn über Probleme zu sprechen, die es gar nicht gibt. Zu allerletzt
muss sich die islamische Welt Reden und Antworten stellen, was das
Verhältnis im Umgang mit Judentum betrifft. Es war niemals ein Problem in
Jerusalem für das Judentum, und was die islamische Welt angeht. Und es hat
keinen Sinn deshalb zu sprechen über Koexistenz, was ohnehin unproblematisch
ist. Und deshalb muss man jetzt für Gerechtigkeit sorgen, dass die Millionen
Flüchtlinge in ihre Heimat und auch in ihre Häuser zurückkehren können, und
dann kann man den ursprünglichen Zustand wiederherstellen. Dann muss man
sprechen von einem Problem von Koexistenz von Juden mit dem Islam, was
überhaupt kein Problem ist. Ganz im Gegenteil: Zu allerletzt muss sich die
islamische Welt von Deutschlands moralischen Guide Lines akzeptieren, was
den Umgang mit Judentum betrifft.
MM: Sie haben es auch angesprochen; die
besondere Situation in Deutschland, dass hier eine historische Last auf
diesem Land liegt, dass die Leute solche Stimmen, wie die Ihrige, weniger
deutlich hervorkommen lassen. Und genauso ist es natürlich mit Muslimen, die
auch die gleiche Meinung vertreten, wie Sie sie vertreten. Wie können Juden
und Muslime Hand in Hand diese Stimme etwas deutlicher hervorbringen?
Friedman: Das muss man einfach machen. Ich
glaube, sie sollen irgendwo transformieren, das bisher alles theoretische
ins Praktische, wie man es im Englischen sagt: practical terms, und es dann
wirklich machen, ohne zuviel darüber zu sprechen.
MM: Eine abschließende Frage; wenn Sie dann,
so Gott will, bei diesem Am Tag von Jerusalem mitgegangen sein werden, und
zu Ihren Glaubensgeschwistern nach Wien zurückkehren, was ist Ihre
praktische Arbeit für die Zukunft für den Frieden von Juden, Muslimen und
Christen in Ihrer Gemeinde bzw. in Ihrer Umgebung.
Friedman: Wie gesagt, ich kann Ihnen
zuversichern, dass meine Anwesenheit hier nicht im Theoretischen bleiben
wird, sondern ich werde in der Praxis das weiter fortsetzen - in Taten -
anstatt zuviel darüber zu plaudern.
MM: Vielen Dank für dieses Interview.
Friedmann: Bitteschön
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