Im Namen des Erhabenen  
  Interview mit Andreas Molau
 

Muslim-Markt interviewt Andreas Molau,
Stellvertretender Chefredakteur der "Deutschen Stimme"

9.3.2006

Andreas Molau wurde 1968 in Braunschweig geboren. Nach dem Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife und der Absolvierung des Wehrdienstes bei der Einheit 2. PSV 800 (Psychologische Verteidigung) studierte er in Göttingen Germanistik, Geschichte und Politologie. Nach dem Studium leitete Molau das Kulturressort der Wochenzeitung Junge Freiheit, danach war er Chefredakteur der Zeitschrift Deutsche Geschichte.

Während einer achtjährigen publizistischen Pause unterrichtete Molau an einer Waldorfschule alle Jahrgangsstufen. Mit dem Hinweis auf seine NPD-Nähe wurde nicht nur er sondern auch seine Kinder von der Schule verwiesen. Seit 2004 ist er als stellvertretender Chefredakteur der "Deutschen Stimme" tätig. Molau ist Vorsitzender der Gesellschaft für freie Publizistik.

Molau ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er lebt im Großraum Wolfenbüttel.

MM: Sehr geehrter Herr Molau, was bedeutete es für Sie "deutsch" zu sein?

Molau: Deutsch zu sein ist natürlich zunächst einmal Schicksal. Man wird in das Strombett seines Volkes hereingeboren, wie Rudolf Steiner dies einmal nannte, und ist damit schicksalhaft mit diesem verbunden. Im Sinne des griechischen "Erkenne Dich selbst" ist also die Identifikation mit der eigenen Abstammung und Kultur zunächst eine biographische Aufgabe. Nachdem mir in der Schule beigebracht worden war, meine Herkunft verachten zu müssen, hatte ich mir diese positive Identifikation durch die Beschäftigung mit Kultur und Geschichte unseres Volkes mühsam erwerben müssen. Heute kann ich sagen, dass ich stolz darüber bin einem Volk anzugehören, das sich so glänzend in die Annalen der Menschheitsgeschichte eingeschrieben hat.

MM: Ist "Stolz" nicht eine der schlimmsten Sünden sowohl im Christentum als auch im Islam, und ist es nicht eine Barriere, wenn zwei Menschen unterschiedlicher Herkunft, jeweils auf ihre andere Herkunft stolz sind? Wäre nicht die Dankbarkeit zur Herkunft von der gleichen Urgroßeltern verbindender? Und auch ohne Glauben an die Herkunft an Adam und Eva und ohne Glauben an Stolz als Sünde, wie kann man rein logisch auf etwas "stolz" sein, das man nicht im geringsten beeinflussen konnte?

Molau: Stolz ist keine Sünde. Der Begriff ist zwar nicht modern, aber birgt doch trotzdem tiefe Wahrheiten. Was Sie meinen ist Hoffart, also ein übersteigerter Stolz. Es ist das traurige Zeichen einer alles egalisierenden Zeit, dass sie eben auch die Begriffe einebnet. Genauso wenig wie zwischen Nationalismus und Chauvinismus unterschieden wird, trennt man natürlich auch nicht zwischen Hoffart und Stolz. Stolz erhebt den einzelnen über seinen individuellen Wert hinaus. Die Taten unserer Väter stehen vorbildhaft vor jeder Generation, müssen erworben und verwandelt werden. "Wer stolz ist, ist kühn", sagt Goethe sehr treffend. Stolz ist das Selbstbewusstsein der Freien. Wer stolz ist, ist sich seines eigenen Wertes bewusst. Wer sich seines eigenen Wertes bewusst ist, kann nur von dem geschätzt werden, der das auch kann. Der heutige Deutsche aber ist nicht stolz, sondern er kriecht im Staub. Nicht der Stolz verhindert Verständigung sondern die Abwesenheit von Stolz. Kriecher verachtet, stolze Menschen achtet man.
Stolz und Demut hängen übrigens eng miteinander zusammen. Selbstverständlich gibt es Momente, wo ich als Individuum demütig vor dem göttlichen Ratschluss stehe. Und doch muss ich dann als Mensch wieder über mich selbst hinauswachsen - kühn und verwegen. Stolz kann man gerade im Bewusstsein einer historisch gewachsenen Gemeinschaft sein, eitle Selbstliebe ist nicht damit gemeint. Christian Heinrich Grabbe fasst dies wunderbar zusammen: "Verächtlich ist der Stolz des einzelnen. Doch herrlich, wie die Heimat selbst nur sein mag, ist auch der Stolz auf sie."

MM: Verzeihen Sie, wenn wir noch einmal nachhaken. Es gibt kein Volk und keine Gemeinschaft, dessen Vorfahren nur edles und bewundernswertes getan hätten. Wenn Sie schon stolz auf ihre Vorväter bzw. einige ihrer Leistungen sind, schämen Sie sich dann auch für deren Untaten und Verbrechen?

Molau: Natürlich gibt es nicht nur Edles und Bewunderungswürdiges in unserer Geschichte. Als Mensch kann ich mich aber nur entwickeln, wenn ich mich an dem Großen orientiere. Ich bin nicht verantwortlich für die guten Taten, sondern sie sind mir Vorbild. Was die Verbrechen angeht, so kann ich allenfalls Trauer um die Opfer empfinden. Die Kollektivscham über angebliche oder tatsächliche Untaten haben wir in Deutschland zur Religion gemacht. Während sich viele Deutsche heute über ihre Scham definieren, definiere ich mich über die positiven Seiten, wenn Sie so wollen.

MM: Sie haben Ihre Lehrtätigkeit an der Waldorfschule in Braunschweig aufgeben müssen, an der Sie Deutsch und Geschichte gelehrt haben, nachdem sie für die Beratung der sächsischen NPD-Fraktion eine Beurlaubung betragt haben. Es heißt auch, dass Ihre politische Einstellung vorher an der Schule erstaunlicherweise nicht bekannt war, oder, um es anders auszudrücken, Sie offensichtlich ihre politische Einstellung nicht in den Unterricht haben einfließen lassen. Hätten Sie sich nicht zumindest vorstellen können, dass es solche Konsequenzen haben konnte?

Molau: Die Sache war so: Ich habe meine Stelle gekündigt, nachdem ich das Angebot erhalten hatte, die Parteizeitung der NPD, die Deutsche Stimme, redaktionell zu führen und gleichzeitig meine pädagogischen Erfahrungen in die Parlamentsarbeit einzubringen. Daraufhin hatte mir die Schule mit sofortiger Wirkung die Lehrerlaubnis entzogen, obwohl das Kultusministerium in Niedersachsen festgestellt hatte, dass es dafür keine rechtliche Grundlage gibt. Um keinen weiteren Unfrieden zu stiften, der etwa auch meinen beiden Kindern an der Schule hätte schaden können, habe ich dieses Unrecht akzeptiert und auf zwei Monatsgehälter verzichtet.
Was die Kenntnis meiner politischen Einstellung anbetrifft: Ich hielt es nicht für meine Aufgabe, den Lehrerberuf zur politischen Indoktrination zu nutzen. Meine pädagogische Aufgabe bestand für mich darin, junge Menschen zur Freiheit zu erziehen, zum Selbstdenken. Insofern kann ich auch nicht nachvollziehen, warum die Schule einen zuvor "lieben Kollegen" nun hasst und bekriegt, nur weil der politisch andere Präferenzen hat. Mit der viel beschworenen Meinungsfreiheit und Toleranz der westlichen Gesellschaften hat das nur wenig zu tun. Freilich musste ich ahnen, wie die Reaktionen aussehen würden, hat doch der Neurotisierungsgrad der Deutschen einen wirklich bedenklichen Zug angenommen. Es mag die Enttäuschung sein, dass ich nicht dem propagandistischen Abziehbild eines "Rechtsradikalen" entspreche. Die gleichen Leute, die mich noch zuvor als Lehrer oder Kollegen ob meiner Meinung und meines Engagements schätzten, mögen bei sich selbst entdeckt haben, dass da an dieser jetzt ausgestoßenen Person nichts Bedenkliches gewesen war. Vielleicht nährte das die Frage, ob man dann nicht selbst viel weniger weit von diesen nationalen Positionen entfernt ist, als man sich das jetzt vormacht. Um das zu unterdrücken hat man mich zum Prügelknaben gemacht. Das ist traurig, aber wohl nur allzumenschlich.

MM: In einer Art "Kollektivbestrafung" hat man ihre beiden damals acht- und elfjährigen Kinder gleich mit von der Schule verwiesen. Wie haben Sie das Ihren Kindern erklärt?

Molau: So weit man das Kindern überhaupt klar machen kann: Aber die Menschen, die uns mit Schimpf und Schande verjagt haben, sind die gleichen, die in ihrem christlichen Krippenspiel zu Weihnachten die Barmherzigkeit beschwören. Wenn der böse Wirt Maria und Joseph die Tür weist, dann finden das alle ganz schlimm. Jetzt konnten die Kinder erleben, wie so ein böser Wirt aussieht. Und als meine Tochter wenig später in der Schule ein Vergangenheitsbewältigungsbuch lesen musste, in dem einer jüdischen Familie im Dritten Reich die Wohnung gekündigt worden ist, konnte ich ihnen sagen: Das sind die gleiche Art Menschen, die Dich heute von der Schule geworfen haben. Aber das sind natürlich alles nur Bilder. Erklären kann man den Irrsinn nicht, weil er ja auch für einen Erwachsenen nicht zu erklären ist. Warum müssen Kinder eine soziale Gemeinschaft wie eine Schule verlassen, wenn ihr Vater einer der Mehrheitsmeinung entgegenstehende Auffassung pflegt? Das ist Totalitarismus ohne einen Aufstand der Anständigen.

MM: Wenn Sie zurückblicken auf diese "Gesinnungsbestrafung" unter völliger Ausblendung Ihrer anscheinend einwandfreien Lehrtätigkeit, können Sie dann den Unmut von Muslimas in Deutschland verstehen, die aufgrund eines Kleidungsstücks nicht lehren sollen, obwohl sie sich sonst Nichts haben zuschulden kommen lassen? Und wie denken Sie überhaupt über das Kopftuch in der deutschen Gesellschaft?

Molau: Nun, wenn ich mich recht entsinne, wurde der Lehrerin nicht die Lehrerlaubnis entzogen, weil sie mit dem Kopftuch auftrat, sondern weil sie es nicht abzunehmen bereit war während des Unterrichtes. In unserer Staatstradition hat sich über Jahrhunderte eine Trennung von Staat und Kirche entwickelt - übrigens mit viel Tragik und viel unschuldig vergossenem Blut. Deshalb lehne ich übrigens das Kopftuch, wenn es denn als religiöses Symbol getragen wird, ebenso ab wie ein Kreuz in den bayerischen Schulen. Der Unterschied besteht freilich darin, dass das Kreuz hierzulande ein anderes kulturelles Fundament hat. Als Lehrer hat man sich neutral zu verhalten. Und das Kopftuch ist nach meinem Kenntnisstand Ausdruck einer radikalen islamischen Haltung, die in der Schule nichts zu suchen hat. Ob Muslima als Ausdruck ihrer Religiosität anderswo ein Kopftuch tragen wollen, das kann ich weder positiv noch negativ bewerten. Das gehört zum kulturellen und religiösen Selbstbestimmungsrecht. Ich halte nichts von dem besserwisserischem Messianismus, der den Muslimen vorschreibt, wie sie sich zu kleiden und zu benehmen haben. Wenn ich es boshaft und auch selbstkritisch sagen darf, etwas »mehr Kopftuch«, als Frage einer züchtigen Kleiderordnung, stünde manch deutschem Mädel schon gut zu Gesicht. Allein das Begriff "züchtig" gilt ja bereits als unfein in einer Gesellschaft, die bereits kleine Mädchen zu sexuellen Begierdeobjekten ausstaffiert.

MM: Wären Sie denn mit einer Muslima für Ihre Kinder als Lehrerin einverstanden, wenn sie das Kopftuch trägt, weil sie, wie Sie es nennen, "züchtiger" gekleidet sein möchte und ihre Haarpracht nicht jedem zeigen möchte, oder anders ausgedrückt, gestehen Sie der Muslima, selbst wenn sie Lehrerin ist, eine andere Schamgrenze zu, als die Mehrheitsgesellschaft es wünscht?

Molau: Natürlich gestehe ich der Muslima eine andere Schamgrenze zu. Aber Sie treffen eben damit das Kernproblem der multikulturellen Gesellschaft, nämlich die Unvereinbarkeit von kulturellen Vorstellungen. Toleranz ist das notwendige Bindeglied zwischen den Kulturen. Das bedeutet Entgegenkommen von beiden Seiten. Wenn ich in ein moslemisches Land fahren würde, würde ich mich selbstverständlich bemühen, die Sitten des Landes, der Religion zu respektieren. Und selbstverständlich würde ich erwarten, dass die einheimische Bevölkerung mich trotzdem mit Nachsicht behandelt, wenn mir dies nicht immer so gelänge, wie dies wünschenswert wäre. Wenn man nun eine multikulturelle Gesellschaft hat, dann reden wir nicht mehr von dem Status eines Gastes. Die Toleranz, die in dem anderen Beispiel noch eine Tugend war, beginnt nun negativ zu wirken. Ich habe die Möglichkeit, das Kopftuch zuzulassen; dann verliert die europäische Kultur oder ich verbiete es und damit kränke ich das islamische Schamgefühl. In beiden Fällen bleibt etwas Fundamentales auf der Strecke.

MM: Was aber haben Sie denn für eine Vorstellung von der eigenen Kultur? Mehrere Jahrtausende haben in diesem Land Deutsche Frauen das Haupthaar verhüllt. Noch immer sind heute deutsche katholische Frauen nicht anders gekleidet, als Muslimas. Die Entblößung der Frau ist doch ein "modernes" Phänomen, dass mit der eigenen Geschichte kaum zu begründen ist! Kann es sein, dass Ihre Wertemaßstäbe sich nicht an der eigenen Geschichte sondern eher an Feindbildern orientieren?

Molau: Sie missverstehen mich. Weder der Islam noch eben eine Kopftuch tragende Muslima ist ein Feindbild für mich. Den Islam als gewachsene Kultur achte ich. Wenn eine muslimische Frau bauchnabelfrei in der Schulklasse herumlaufen würde, hielte ich dies für abstoßender. Das einzige Feinbild für mich ist ein alle Kultur zerstörender Amerikanismus. Es geht mir um das Kopftuch als Ausdruck einer religiösen Haltung, die in einer staatlichen Einrichtung in Deutschland nichts zu suchen hat. Meines Wissens ist dies in der Türkei nicht anders. Dass ich die westliche Schamlosigkeit ebenfalls als Beleidigung empfinde, sagte ich ja bereits.
Es ist höchst bedauerlich, wenn Sie diese Haltung als feindselig betrachten, weil die Globalisten aus dieser "Feindschaft" ihren Nektar saugen. Ich sage es noch einmal: Die multikulturelle Gesellschaft wird auf Dauer beiden Kulturen schaden. Denn in Berlin zum Beispiel gibt es schon viele Jugendliche, die können weder deutsch noch türkisch vernünftig. Bewusste Deutsche und bewusste Muslime müssen meiner Ansicht nach in einen Dialog treten, in dem Gemeinsames und Trennendes benannt wird. Und da Muslime in so großer Zahl in diesem Land zur Zeit leben, müssen wir auch Brücken suchen. Die Kopftuchfrage ist da sicher ein wichtiger Punkt.

MM: Die NPD, für die Sie als wissenschaftlicher Berater tätig sind, gilt in den Augen von Muslimen als "ausländerfeindlich". Da viele Muslime - darunter auch diejenigen mit deutscher Staatsangehörigkeit - entweder selbst von Ausländern abstammen oder mit Ausländern verheiratet oder gut befreundet sind, wird die NPD auch als extrem Islamfeindlich wahrgenommen, ist dieser Eindruck gewollt?

Molau: Lassen Sie es mich einmal augenzwinkernd so sagen: In einer gewissen Weise dürfen Sie mich schon als "ausländerfeindlich" bezeichnen. Ich habe massiv etwas dagegen, dass ein so überbevölkertes Land wie Deutschland zu einem Einwanderungsland gemacht wird. Ich habe massiv etwas dagegen, dass Deutsche etwa in Berlin oder Hamburg in manchen Stadtteilen zur Minderheit werden. Ich möchte den Muslimen sehen, der es begrüßen würde, wenn in Teheran oder Riad in ein paar Jahren mehr europäische Christen lebten als Muslime. Deshalb bin ich aber keinesfalls "islamfeindlich" und dem Sinne Ihrer Frage nach auch nicht ausländerfeindlich. Gerade weil ich ein bewusster Deutscher bin, achte ich ihre Religion und ihre Kultur. Deshalb bin ich auch extrem gegen eine Integration oder etwa den Zwangstest für die Einbürgerung. Islamfeindlich sind für mich jene etablierten Kräfte, die ihren Glaubensbrüdern das kulturelle und religiöse Mark aus den Knochen blasen, wie sie das zuvor bei den Deutschen schon gemacht haben. Und interessanter Weise haben ja inzwischen nicht nur die Grünen ihre deutschen Vertreter "türkischer Abstammung", die sich ganz offensichtlich völlig assimiliert haben. Islamfeindlich sind Kapitalisten, die sich aus den arabischen Ländern ihre Billigarbeitskräfte holen, die hier in Deutschland die Drecksarbeit machen dürfen. Das Feindbild vom islamfeindlichen Nationaldemokraten ist ein wichtiges Propagandamittel für diejenigen, die den globalen Einheitsmenschen als willigen Konsumvollstrecker züchten wollen. Ich gebe allerdings zu, dass es an einem vernünftigen Dialog zwischen kulturell bewussten Muslimen und deutschen Nationalisten mangelt. Davon profitieren meiner Ansicht nach die wirklichen Islamfeinde. Und hier muss sich auch einiges tun.

MM: Nun, wir führen ja dieses Interview, um Sie besser zu verstehen. Gibt es in Ihrem eigenen Selbstverständnis nicht einen gewissen Widerspruch. Was ist z.B. wenn ein "Urdeutscher", der, so weit man es zurück verfolgen kann, über "deutsches Blut" verfügt, sich aus religiöser Überzeugung zum Islam bekennt, ist er dann kein "Deutscher" in Ihrem Sinn mehr? Und was ist mit dem Türken, der hier groß geworden ist, sich selbst mehr als Deutscher fühlt, über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügt und Muslim ist, warum ist der für Sie ein Ausländer?

Molau: Ein Gespräch, das zum gegenseitigen Verstehen da sein soll, wäre ja eigentlich etwas ganz normales und doch ist es jedenfalls in unserem Land nicht wirklich die Regel. Deshalb will ich auch meine Position ganz klar umreißen. Mein politisches Grundverständnis ist auch biologisch geprägt. Die Erkenntnisse dieser Wissenschaft zu ignorieren, hieße mit verbundenen Augen durch die Welt zu gehen. Deutscher wird man nicht, wenn man die deutsche Staatsbürgerschaft übernimmt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Türke dies im umgekehrten Falle anders sehen würde.
Es gibt nach meiner Auffassung nicht die Menschheit an sich, sondern Rassen und Völker. Der Wert einer Weltkultur liegt in seiner organisch gewachsenen Vielgestaltigkeit. Die erzwungene Vermischung der Völker trägt nur zur besseren Handhabbarkeit der Menschen bei, weil sie mit der Egalisierung das Mittelmaß schafft. Es sollte Ihnen zu denken geben, dass die jüdische Glaubensgemeinschaft, die diese Vermischung in der multikulturellen Gesellschaft hier begrüßt, selbst auf Separierung bis heute peinlich achtet.
Schließlich denke ich, dass jedes Volk - Völker sind Gedanken Gottes, sagt Herder - einen bestimmten Typus ausbildet, wenn sie so wollen einen Charakter. In unserer postmodernen Auflösung dieser schicksalhaft gewachsenen Kulturgrenzen findet nun im Westen die Suche nach der Identität an. Manche Menschen suchen in Deutschland verzweifelt ihr Heil im Schamanentum oder verkleiden sich als Indianer. Manche singen voll Inbrunst schwarzafrikanische Gesänge, weil sie das für so ursprünglich halten. Und einige treten sicher auch zum Islam über. Ich halte diese kulturell-religiöse Maskerade aber nicht für wesensgemäß.
Ein Türke kann versuchen ein Deutscher zu werden oder umgekehrt. In jedem Fall, so glaube ich, sind das dann aber entwurzelte, zerrissene Menschen, die vor dem »Erkenne Dich selbst« geflohen sind. Sie sind hier nicht mehr zu Hause und dort noch nicht.

MM: Und was gedenken Sie mit einem solchen "nicht wesensgemäßen" Deutschen zu machen, wenn er "Urdeutscher" oder anderer Abstammung ist? Verstehen wir Sie auch richtig, wenn Sie die Bezeichnung "Rassist", die wir für Sie verwenden würden, und von dem wir uns entschieden distanzieren würden, eher als Kompliment auffassen?

Molau: Wenn Sie meine Positionen als rassistisch bezeichnen, kann ich mich nicht wehren. Der Begriff selbst ist ja einerlei. Wichtig ist die Charakterisierung. Ich würde es völkisch nennen, aber ich nehme auch ihren Begriff gelassen hin. Es gibt Rassen und Völker, ob man das nun möchte oder nicht. Natürlich kommt zu der biologischen Bestimmtheit auch noch anderes hinzu, der freie Wille etwa. Aber die Ethnie ist eben der Humus, auf dem Kultur gedeiht. Was ich nun mit solchen konvertierten Deutschen zu tun gedenke? Gar nichts. Ihr Entwurzeltsein ist eine Tragik, mit der sie und die Gesellschaft leben müssen. Es wäre einmal spannend, sich mit diesen deutschen Muslimen zu unterhalten, wie sie den islamischen Werte mit den deutschen vereinbaren können.
In den letzten Dezennien war es in Deutschland modern, dass man z.B. Schwarze adoptierte. Viele Erwachsene, die vollkommen deutsch sozialisiert worden sind, haben inzwischen eine Sinnkrise hinter sich, weil sie nach ihren Wurzeln gesucht haben und im tiefsten Innern wissen, dass sie Fremde sind. Ich habe nichts gegen diese Menschen, ich halte es nur nicht für erstrebenswert, dass andere diese Zerrissenheit auch durchleben müssen.

MM: Kommen wir noch einmal zurück auf die Eingangsfrage. Sie haben zwar darauf hingewiesen, dass Sie stolz sind Deutscher zu sein, und dass man in das "Deutschsein" hineingeboren wird, aber Sie haben noch nicht gesagt, was das "Deutschsein" den eigentlich ausmacht? Und kann nach Ihrer Vorstellung auch ein Mensch ohne "deutsches Blut" sozusagen zum "Deutschtum" konvertieren, wenn klar ist, was es bedeutet Deutsch zu sein?

Molau: "Was deutsch ist, das ist Geschichte und was Geschichte ist, das ist wirklich", formulierte einmal Bernard Willms. Das gilt natürlich für alle Völker. Wenn ich jemandem meine Identität preisgebe, wenn ich mich als Individuum erkläre, dann erzähle ich meine Geschichte. Wenn ich jemandem erkläre, was mein Volk ist, von dem ich ein Teil bin, dann muss ich die Geschichte meines Volkes erzählen. Alle Gedanken, alle Begriffe, die ich denke und spreche sind Teil eines großen Stromes.
Das Wort deutsch wurde das erste Mal von den Westfranken gebraucht, als Außenzuschreibung. Da hat sich etwas aus einem gemeinsamen Stamm in Mitteleuropa entwickelt, was Reisende aus dem heutigen Frankreich im frühsten Mittelalter plötzlich als deutsch charakterisiert haben. Vermutlich könnten Sie viel besser sagen, was einen Deutschen ausmacht.
Aber ich will ihnen nicht ausweichen. Ich würde Julius Langbehn beipflichten, der meinte, dass "Musik und Ehrlichkeit, Barbarei und Frömmigkeit, Kindersinn und Selbständigkeit" die "hervorragenden Züge des deutschen Charakters" seien. Der deutsche Charakter ist zerrissen: tapfer und devot zum Beispiel oder stolz und würdelos. Das Disziplinierte und Fleißige ist sicher typisch deutsch, ebenso wie eine sich manchmal zur Weltferne entwickelnde Innerlichkeit. Der Faust ist für mich das Urbild des deutschen Menschen, da, wo er tatkräftig und gestaltend ins Leben eingreift, um schließlich auch die Pforten zum Ewigen hin zu sprengen. Sie merken, die deutsche Seele ist romantisch und neigt zum Pathos. Übrigens auch dort, wo sie sich verneint. Eine Claudia Roth ist in ihrer überbordenden falsch verstandenen Humanität mit diesem impertinenten Sendungsbewusstsein deutscher als deutsch.
Wie ich bereits gesagt habe, als Deutscher wird man geboren. Freilich kann man deutsche Tugenden annehmen und Eigenschaften."

MM: Herr Molau, wir danken Ihnen für das Interview und Ihre Offenheit. Auch wenn die Inhalte in extremen Maß unseren Widerspruch findet, so erachten wir es dennoch als hilfreich, wenn die Gegensätze deutlich werden und Muslime Ihre Einstellungen besser kennen lernen, damit manche verklärte und auf Unwissenheit beruhende Fehleinschätzung vermieden werden kann.

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