MM: Sehr geehrter
Herr Molau, was bedeutete es für Sie "deutsch" zu sein?
Molau: Deutsch zu
sein ist natürlich zunächst einmal Schicksal. Man wird in das Strombett
seines Volkes hereingeboren, wie Rudolf Steiner dies einmal nannte, und ist
damit schicksalhaft mit diesem verbunden. Im Sinne des griechischen "Erkenne
Dich selbst" ist also die Identifikation mit der eigenen Abstammung und
Kultur zunächst eine biographische Aufgabe. Nachdem mir in der Schule
beigebracht worden war, meine Herkunft verachten zu müssen, hatte ich mir
diese positive Identifikation durch die Beschäftigung mit Kultur und
Geschichte unseres Volkes mühsam erwerben müssen. Heute kann ich sagen, dass
ich stolz darüber bin einem Volk anzugehören, das sich so glänzend in die
Annalen der Menschheitsgeschichte eingeschrieben hat.
MM: Ist "Stolz"
nicht eine der schlimmsten Sünden sowohl im Christentum als auch im Islam,
und ist es nicht eine Barriere, wenn zwei Menschen unterschiedlicher
Herkunft, jeweils auf ihre andere Herkunft stolz sind? Wäre nicht die
Dankbarkeit zur Herkunft von der gleichen Urgroßeltern verbindender? Und
auch ohne Glauben an die Herkunft an Adam und Eva und ohne Glauben an Stolz
als Sünde, wie kann man rein logisch auf etwas "stolz" sein, das man nicht
im geringsten beeinflussen konnte?
Molau: Stolz ist
keine Sünde. Der Begriff ist zwar nicht modern, aber birgt doch trotzdem
tiefe Wahrheiten. Was Sie meinen ist Hoffart, also ein übersteigerter Stolz.
Es ist das traurige Zeichen einer alles egalisierenden Zeit, dass sie eben
auch die Begriffe einebnet. Genauso wenig wie zwischen Nationalismus und
Chauvinismus unterschieden wird, trennt man natürlich auch nicht zwischen
Hoffart und Stolz. Stolz erhebt den einzelnen über seinen individuellen Wert
hinaus. Die Taten unserer Väter stehen vorbildhaft vor jeder Generation,
müssen erworben und verwandelt werden. "Wer stolz ist, ist kühn", sagt
Goethe sehr treffend. Stolz ist das Selbstbewusstsein der Freien. Wer stolz
ist, ist sich seines eigenen Wertes bewusst. Wer sich seines eigenen Wertes
bewusst ist, kann nur von dem geschätzt werden, der das auch kann. Der
heutige Deutsche aber ist nicht stolz, sondern er kriecht im Staub. Nicht
der Stolz verhindert Verständigung sondern die Abwesenheit von Stolz.
Kriecher verachtet, stolze Menschen achtet man.
Stolz und Demut hängen übrigens eng miteinander zusammen. Selbstverständlich
gibt es Momente, wo ich als Individuum demütig vor dem göttlichen Ratschluss
stehe. Und doch muss ich dann als Mensch wieder über mich selbst
hinauswachsen - kühn und verwegen. Stolz kann man gerade im Bewusstsein
einer historisch gewachsenen Gemeinschaft sein, eitle Selbstliebe ist nicht
damit gemeint. Christian Heinrich Grabbe fasst dies wunderbar zusammen:
"Verächtlich ist der Stolz des einzelnen. Doch herrlich, wie die Heimat
selbst nur sein mag, ist auch der Stolz auf sie."
MM: Verzeihen Sie,
wenn wir noch einmal nachhaken. Es gibt kein Volk und keine Gemeinschaft,
dessen Vorfahren nur edles und bewundernswertes getan hätten. Wenn Sie schon
stolz auf ihre Vorväter bzw. einige ihrer Leistungen sind, schämen Sie sich
dann auch für deren Untaten und Verbrechen?
Molau: Natürlich
gibt es nicht nur Edles und Bewunderungswürdiges in unserer Geschichte. Als
Mensch kann ich mich aber nur entwickeln, wenn ich mich an dem Großen
orientiere. Ich bin nicht verantwortlich für die guten Taten, sondern sie
sind mir Vorbild. Was die Verbrechen angeht, so kann ich allenfalls Trauer
um die Opfer empfinden. Die Kollektivscham über angebliche oder tatsächliche
Untaten haben wir in Deutschland zur Religion gemacht. Während sich viele
Deutsche heute über ihre Scham definieren, definiere ich mich über die
positiven Seiten, wenn Sie so wollen.
MM: Sie haben Ihre
Lehrtätigkeit an der Waldorfschule in Braunschweig aufgeben müssen, an der
Sie Deutsch und Geschichte gelehrt haben, nachdem sie für die Beratung der
sächsischen NPD-Fraktion eine Beurlaubung betragt haben. Es heißt auch, dass
Ihre politische Einstellung vorher an der Schule erstaunlicherweise nicht
bekannt war, oder, um es anders auszudrücken, Sie offensichtlich ihre
politische Einstellung nicht in den Unterricht haben einfließen lassen.
Hätten Sie sich nicht zumindest vorstellen können, dass es solche
Konsequenzen haben konnte?
Molau: Die Sache
war so: Ich habe meine Stelle gekündigt, nachdem ich das Angebot erhalten
hatte, die Parteizeitung der NPD, die Deutsche Stimme, redaktionell zu
führen und gleichzeitig meine pädagogischen Erfahrungen in die
Parlamentsarbeit einzubringen. Daraufhin hatte mir die Schule mit sofortiger
Wirkung die Lehrerlaubnis entzogen, obwohl das Kultusministerium in
Niedersachsen festgestellt hatte, dass es dafür keine rechtliche Grundlage
gibt. Um keinen weiteren Unfrieden zu stiften, der etwa auch meinen beiden
Kindern an der Schule hätte schaden können, habe ich dieses Unrecht
akzeptiert und auf zwei Monatsgehälter verzichtet.
Was die Kenntnis meiner politischen Einstellung anbetrifft: Ich hielt es
nicht für meine Aufgabe, den Lehrerberuf zur politischen Indoktrination zu
nutzen. Meine pädagogische Aufgabe bestand für mich darin, junge Menschen
zur Freiheit zu erziehen, zum Selbstdenken. Insofern kann ich auch nicht
nachvollziehen, warum die Schule einen zuvor "lieben Kollegen" nun hasst und
bekriegt, nur weil der politisch andere Präferenzen hat. Mit der viel
beschworenen Meinungsfreiheit und Toleranz der westlichen Gesellschaften hat
das nur wenig zu tun. Freilich musste ich ahnen, wie die Reaktionen aussehen
würden, hat doch der Neurotisierungsgrad der Deutschen einen wirklich
bedenklichen Zug angenommen. Es mag die Enttäuschung sein, dass ich nicht
dem propagandistischen Abziehbild eines "Rechtsradikalen" entspreche. Die
gleichen Leute, die mich noch zuvor als Lehrer oder Kollegen ob meiner
Meinung und meines Engagements schätzten, mögen bei sich selbst entdeckt
haben, dass da an dieser jetzt ausgestoßenen Person nichts Bedenkliches
gewesen war. Vielleicht nährte das die Frage, ob man dann nicht selbst viel
weniger weit von diesen nationalen Positionen entfernt ist, als man sich das
jetzt vormacht. Um das zu unterdrücken hat man mich zum Prügelknaben
gemacht. Das ist traurig, aber wohl nur allzumenschlich.
MM: In einer Art
"Kollektivbestrafung" hat man ihre beiden damals acht- und elfjährigen
Kinder gleich mit von der Schule verwiesen. Wie haben Sie das Ihren Kindern
erklärt?
Molau: So weit man
das Kindern überhaupt klar machen kann: Aber die Menschen, die uns mit
Schimpf und Schande verjagt haben, sind die gleichen, die in ihrem
christlichen Krippenspiel zu Weihnachten die Barmherzigkeit beschwören. Wenn
der böse Wirt Maria und Joseph die Tür weist, dann finden das alle ganz
schlimm. Jetzt konnten die Kinder erleben, wie so ein böser Wirt aussieht.
Und als meine Tochter wenig später in der Schule ein
Vergangenheitsbewältigungsbuch lesen musste, in dem einer jüdischen Familie
im Dritten Reich die Wohnung gekündigt worden ist, konnte ich ihnen sagen:
Das sind die gleiche Art Menschen, die Dich heute von der Schule geworfen
haben. Aber das sind natürlich alles nur Bilder. Erklären kann man den
Irrsinn nicht, weil er ja auch für einen Erwachsenen nicht zu erklären ist.
Warum müssen Kinder eine soziale Gemeinschaft wie eine Schule verlassen,
wenn ihr Vater einer der Mehrheitsmeinung entgegenstehende Auffassung
pflegt? Das ist Totalitarismus ohne einen Aufstand der Anständigen.
MM: Wenn Sie
zurückblicken auf diese "Gesinnungsbestrafung" unter völliger Ausblendung
Ihrer anscheinend einwandfreien Lehrtätigkeit, können Sie dann den Unmut von
Muslimas in Deutschland verstehen, die aufgrund eines Kleidungsstücks nicht
lehren sollen, obwohl sie sich sonst Nichts haben zuschulden kommen lassen?
Und wie denken Sie überhaupt über das Kopftuch in der deutschen
Gesellschaft?
Molau: Nun, wenn
ich mich recht entsinne, wurde der Lehrerin nicht die Lehrerlaubnis
entzogen, weil sie mit dem Kopftuch auftrat, sondern weil sie es nicht
abzunehmen bereit war während des Unterrichtes. In unserer Staatstradition
hat sich über Jahrhunderte eine Trennung von Staat und Kirche entwickelt -
übrigens mit viel Tragik und viel unschuldig vergossenem Blut. Deshalb lehne
ich übrigens das Kopftuch, wenn es denn als religiöses Symbol getragen wird,
ebenso ab wie ein Kreuz in den bayerischen Schulen. Der Unterschied besteht
freilich darin, dass das Kreuz hierzulande ein anderes kulturelles Fundament
hat. Als Lehrer hat man sich neutral zu verhalten. Und das Kopftuch ist nach
meinem Kenntnisstand Ausdruck einer radikalen islamischen Haltung, die in
der Schule nichts zu suchen hat. Ob Muslima als Ausdruck ihrer Religiosität
anderswo ein Kopftuch tragen wollen, das kann ich weder positiv noch negativ
bewerten. Das gehört zum kulturellen und religiösen Selbstbestimmungsrecht.
Ich halte nichts von dem besserwisserischem Messianismus, der den Muslimen
vorschreibt, wie sie sich zu kleiden und zu benehmen haben. Wenn ich es
boshaft und auch selbstkritisch sagen darf, etwas »mehr Kopftuch«, als Frage
einer züchtigen Kleiderordnung, stünde manch deutschem Mädel schon gut zu
Gesicht. Allein das Begriff "züchtig" gilt ja bereits als unfein in einer
Gesellschaft, die bereits kleine Mädchen zu sexuellen Begierdeobjekten
ausstaffiert.
MM: Wären Sie denn
mit einer Muslima für Ihre Kinder als Lehrerin einverstanden, wenn sie das
Kopftuch trägt, weil sie, wie Sie es nennen, "züchtiger" gekleidet sein
möchte und ihre Haarpracht nicht jedem zeigen möchte, oder anders
ausgedrückt, gestehen Sie der Muslima, selbst wenn sie Lehrerin ist, eine
andere Schamgrenze zu, als die Mehrheitsgesellschaft es wünscht?
Molau: Natürlich
gestehe ich der Muslima eine andere Schamgrenze zu. Aber Sie treffen eben
damit das Kernproblem der multikulturellen Gesellschaft, nämlich die
Unvereinbarkeit von kulturellen Vorstellungen. Toleranz ist das notwendige
Bindeglied zwischen den Kulturen. Das bedeutet Entgegenkommen von beiden
Seiten. Wenn ich in ein moslemisches Land fahren würde, würde ich mich
selbstverständlich bemühen, die Sitten des Landes, der Religion zu
respektieren. Und selbstverständlich würde ich erwarten, dass die
einheimische Bevölkerung mich trotzdem mit Nachsicht behandelt, wenn mir
dies nicht immer so gelänge, wie dies wünschenswert wäre. Wenn man nun eine
multikulturelle Gesellschaft hat, dann reden wir nicht mehr von dem Status
eines Gastes. Die Toleranz, die in dem anderen Beispiel noch eine Tugend
war, beginnt nun negativ zu wirken. Ich habe die Möglichkeit, das Kopftuch
zuzulassen; dann verliert die europäische Kultur oder ich verbiete es und
damit kränke ich das islamische Schamgefühl. In beiden Fällen bleibt etwas
Fundamentales auf der Strecke.
MM: Was aber haben
Sie denn für eine Vorstellung von der eigenen Kultur? Mehrere Jahrtausende
haben in diesem Land Deutsche Frauen das Haupthaar verhüllt. Noch immer sind
heute deutsche katholische Frauen nicht anders gekleidet, als Muslimas. Die
Entblößung der Frau ist doch ein "modernes" Phänomen, dass mit der eigenen
Geschichte kaum zu begründen ist! Kann es sein, dass Ihre Wertemaßstäbe sich
nicht an der eigenen Geschichte sondern eher an Feindbildern orientieren?
Molau: Sie
missverstehen mich. Weder der Islam noch eben eine Kopftuch tragende Muslima
ist ein Feindbild für mich. Den Islam als gewachsene Kultur achte ich. Wenn
eine muslimische Frau bauchnabelfrei in der Schulklasse herumlaufen würde,
hielte ich dies für abstoßender. Das einzige Feinbild für mich ist ein alle
Kultur zerstörender Amerikanismus. Es geht mir um das Kopftuch als Ausdruck
einer religiösen Haltung, die in einer staatlichen Einrichtung in
Deutschland nichts zu suchen hat. Meines Wissens ist dies in der Türkei
nicht anders. Dass ich die westliche Schamlosigkeit ebenfalls als
Beleidigung empfinde, sagte ich ja bereits.
Es ist höchst bedauerlich, wenn Sie diese Haltung als feindselig betrachten,
weil die Globalisten aus dieser "Feindschaft" ihren Nektar saugen. Ich sage
es noch einmal: Die multikulturelle Gesellschaft wird auf Dauer beiden
Kulturen schaden. Denn in Berlin zum Beispiel gibt es schon viele
Jugendliche, die können weder deutsch noch türkisch vernünftig. Bewusste
Deutsche und bewusste Muslime müssen meiner Ansicht nach in einen Dialog
treten, in dem Gemeinsames und Trennendes benannt wird. Und da Muslime in so
großer Zahl in diesem Land zur Zeit leben, müssen wir auch Brücken suchen.
Die Kopftuchfrage ist da sicher ein wichtiger Punkt.
MM: Die NPD, für
die Sie als wissenschaftlicher Berater tätig sind, gilt in den Augen von
Muslimen als "ausländerfeindlich". Da viele Muslime - darunter auch
diejenigen mit deutscher Staatsangehörigkeit - entweder selbst von
Ausländern abstammen oder mit Ausländern verheiratet oder gut befreundet
sind, wird die NPD auch als extrem Islamfeindlich wahrgenommen, ist dieser
Eindruck gewollt?
Molau: Lassen Sie
es mich einmal augenzwinkernd so sagen: In einer gewissen Weise dürfen Sie
mich schon als "ausländerfeindlich" bezeichnen. Ich habe massiv etwas
dagegen, dass ein so überbevölkertes Land wie Deutschland zu einem
Einwanderungsland gemacht wird. Ich habe massiv etwas dagegen, dass Deutsche
etwa in Berlin oder Hamburg in manchen Stadtteilen zur Minderheit werden.
Ich möchte den Muslimen sehen, der es begrüßen würde, wenn in Teheran oder
Riad in ein paar Jahren mehr europäische Christen lebten als Muslime.
Deshalb bin ich aber keinesfalls "islamfeindlich" und dem Sinne Ihrer Frage
nach auch nicht ausländerfeindlich. Gerade weil ich ein bewusster Deutscher
bin, achte ich ihre Religion und ihre Kultur. Deshalb bin ich auch extrem
gegen eine Integration oder etwa den Zwangstest für die Einbürgerung.
Islamfeindlich sind für mich jene etablierten Kräfte, die ihren
Glaubensbrüdern das kulturelle und religiöse Mark aus den Knochen blasen,
wie sie das zuvor bei den Deutschen schon gemacht haben. Und interessanter
Weise haben ja inzwischen nicht nur die Grünen ihre deutschen Vertreter
"türkischer Abstammung", die sich ganz offensichtlich völlig assimiliert
haben. Islamfeindlich sind Kapitalisten, die sich aus den arabischen Ländern
ihre Billigarbeitskräfte holen, die hier in Deutschland die Drecksarbeit
machen dürfen. Das Feindbild vom islamfeindlichen Nationaldemokraten ist ein
wichtiges Propagandamittel für diejenigen, die den globalen Einheitsmenschen
als willigen Konsumvollstrecker züchten wollen. Ich gebe allerdings zu, dass
es an einem vernünftigen Dialog zwischen kulturell bewussten Muslimen und
deutschen Nationalisten mangelt. Davon profitieren meiner Ansicht nach die
wirklichen Islamfeinde. Und hier muss sich auch einiges tun.
MM: Nun, wir
führen ja dieses Interview, um Sie besser zu verstehen. Gibt es in Ihrem
eigenen Selbstverständnis nicht einen gewissen Widerspruch. Was ist z.B.
wenn ein "Urdeutscher", der, so weit man es zurück verfolgen kann, über
"deutsches Blut" verfügt, sich aus religiöser Überzeugung zum Islam bekennt,
ist er dann kein "Deutscher" in Ihrem Sinn mehr? Und was ist mit dem Türken,
der hier groß geworden ist, sich selbst mehr als Deutscher fühlt, über die
deutsche Staatsangehörigkeit verfügt und Muslim ist, warum ist der für Sie
ein Ausländer?
Molau: Ein
Gespräch, das zum gegenseitigen Verstehen da sein soll, wäre ja eigentlich
etwas ganz normales und doch ist es jedenfalls in unserem Land nicht
wirklich die Regel. Deshalb will ich auch meine Position ganz klar umreißen.
Mein politisches Grundverständnis ist auch biologisch geprägt. Die
Erkenntnisse dieser Wissenschaft zu ignorieren, hieße mit verbundenen Augen
durch die Welt zu gehen. Deutscher wird man nicht, wenn man die deutsche
Staatsbürgerschaft übernimmt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Türke
dies im umgekehrten Falle anders sehen würde.
Es gibt nach meiner Auffassung nicht die Menschheit an sich, sondern Rassen
und Völker. Der Wert einer Weltkultur liegt in seiner organisch gewachsenen
Vielgestaltigkeit. Die erzwungene Vermischung der Völker trägt nur zur
besseren Handhabbarkeit der Menschen bei, weil sie mit der Egalisierung das
Mittelmaß schafft. Es sollte Ihnen zu denken geben, dass die jüdische
Glaubensgemeinschaft, die diese Vermischung in der multikulturellen
Gesellschaft hier begrüßt, selbst auf Separierung bis heute peinlich achtet.
Schließlich denke ich, dass jedes Volk - Völker sind Gedanken Gottes, sagt
Herder - einen bestimmten Typus ausbildet, wenn sie so wollen einen
Charakter. In unserer postmodernen Auflösung dieser schicksalhaft
gewachsenen Kulturgrenzen findet nun im Westen die Suche nach der Identität
an. Manche Menschen suchen in Deutschland verzweifelt ihr Heil im
Schamanentum oder verkleiden sich als Indianer. Manche singen voll Inbrunst
schwarzafrikanische Gesänge, weil sie das für so ursprünglich halten. Und
einige treten sicher auch zum Islam über. Ich halte diese
kulturell-religiöse Maskerade aber nicht für wesensgemäß.
Ein Türke kann versuchen ein Deutscher zu werden oder umgekehrt. In jedem
Fall, so glaube ich, sind das dann aber entwurzelte, zerrissene Menschen,
die vor dem »Erkenne Dich selbst« geflohen sind. Sie sind hier nicht mehr zu
Hause und dort noch nicht.
MM: Und was
gedenken Sie mit einem solchen "nicht wesensgemäßen" Deutschen zu machen,
wenn er "Urdeutscher" oder anderer Abstammung ist? Verstehen wir Sie auch
richtig, wenn Sie die Bezeichnung "Rassist", die wir für Sie verwenden
würden, und von dem wir uns entschieden distanzieren würden, eher als
Kompliment auffassen?
Molau: Wenn Sie
meine Positionen als rassistisch bezeichnen, kann ich mich nicht wehren. Der
Begriff selbst ist ja einerlei. Wichtig ist die Charakterisierung. Ich würde
es völkisch nennen, aber ich nehme auch ihren Begriff gelassen hin. Es gibt
Rassen und Völker, ob man das nun möchte oder nicht. Natürlich kommt zu der
biologischen Bestimmtheit auch noch anderes hinzu, der freie Wille etwa.
Aber die Ethnie ist eben der Humus, auf dem Kultur gedeiht. Was ich nun mit
solchen konvertierten Deutschen zu tun gedenke? Gar nichts. Ihr
Entwurzeltsein ist eine Tragik, mit der sie und die Gesellschaft leben
müssen. Es wäre einmal spannend, sich mit diesen deutschen Muslimen zu
unterhalten, wie sie den islamischen Werte mit den deutschen vereinbaren
können.
In den letzten Dezennien war es in Deutschland modern, dass man z.B.
Schwarze adoptierte. Viele Erwachsene, die vollkommen deutsch sozialisiert
worden sind, haben inzwischen eine Sinnkrise hinter sich, weil sie nach
ihren Wurzeln gesucht haben und im tiefsten Innern wissen, dass sie Fremde
sind. Ich habe nichts gegen diese Menschen, ich halte es nur nicht für
erstrebenswert, dass andere diese Zerrissenheit auch durchleben müssen.
MM: Kommen wir
noch einmal zurück auf die Eingangsfrage. Sie haben zwar darauf hingewiesen,
dass Sie stolz sind Deutscher zu sein, und dass man in das "Deutschsein"
hineingeboren wird, aber Sie haben noch nicht gesagt, was das "Deutschsein"
den eigentlich ausmacht? Und kann nach Ihrer Vorstellung auch ein Mensch
ohne "deutsches Blut" sozusagen zum "Deutschtum" konvertieren, wenn klar
ist, was es bedeutet Deutsch zu sein?
Molau: "Was
deutsch ist, das ist Geschichte und was Geschichte ist, das ist wirklich",
formulierte einmal Bernard Willms. Das gilt natürlich für alle Völker. Wenn
ich jemandem meine Identität preisgebe, wenn ich mich als Individuum
erkläre, dann erzähle ich meine Geschichte. Wenn ich jemandem erkläre, was
mein Volk ist, von dem ich ein Teil bin, dann muss ich die Geschichte meines
Volkes erzählen. Alle Gedanken, alle Begriffe, die ich denke und spreche
sind Teil eines großen Stromes.
Das Wort deutsch wurde das erste Mal von den Westfranken gebraucht, als
Außenzuschreibung. Da hat sich etwas aus einem gemeinsamen Stamm in
Mitteleuropa entwickelt, was Reisende aus dem heutigen Frankreich im
frühsten Mittelalter plötzlich als deutsch charakterisiert haben. Vermutlich
könnten Sie viel besser sagen, was einen Deutschen ausmacht.
Aber ich will ihnen nicht ausweichen. Ich würde Julius Langbehn
beipflichten, der meinte, dass "Musik und Ehrlichkeit, Barbarei und
Frömmigkeit, Kindersinn und Selbständigkeit" die "hervorragenden Züge des
deutschen Charakters" seien. Der deutsche Charakter ist zerrissen: tapfer
und devot zum Beispiel oder stolz und würdelos. Das Disziplinierte und
Fleißige ist sicher typisch deutsch, ebenso wie eine sich manchmal zur
Weltferne entwickelnde Innerlichkeit. Der Faust ist für mich das Urbild des
deutschen Menschen, da, wo er tatkräftig und gestaltend ins Leben eingreift,
um schließlich auch die Pforten zum Ewigen hin zu sprengen. Sie merken, die
deutsche Seele ist romantisch und neigt zum Pathos. Übrigens auch dort, wo
sie sich verneint. Eine Claudia Roth ist in ihrer überbordenden falsch
verstandenen Humanität mit diesem impertinenten Sendungsbewusstsein
deutscher als deutsch.
Wie ich bereits gesagt habe, als Deutscher wird man geboren. Freilich kann
man deutsche Tugenden annehmen und Eigenschaften."
MM: Herr Molau, wir
danken Ihnen für das Interview und Ihre Offenheit. Auch wenn die Inhalte in
extremen Maß unseren Widerspruch findet, so erachten wir es dennoch als
hilfreich, wenn die Gegensätze deutlich werden und Muslime Ihre
Einstellungen besser kennen lernen, damit manche verklärte und auf
Unwissenheit beruhende Fehleinschätzung vermieden werden kann.
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