MM: Sehr geehrter Herr Eggert , schaut man
sich die Liste Ihrer Veröffentlichungen an, so könnte man auf die Idee
kommen, dass Sie ein so genannter Verschwörungstheoretiker sind. Wie
antworten Sie auf diesen Vorwurf?
Eggert: Mein Hauptforschungsgebiet ist das
Wirken des Organisierten Verbrechens, von Lobbygruppen, Geheimdiensten,
Polit-Logen, Militärischen Under Cover Einrichtungen, Apokalyptischen
Sekten, Geopolitischen Netzwerken. Alle diese häufig untereinander
verwobenen Gruppen arbeiten vorsätzlich verdeckt und konspirativ. Ob Betrug
oder Mord, Kauf oder Kompromittierung von Journalisten und Politikern,
Organisierung von Putschen, Pogromen, Terroranschlägen und Kriegen:
Verschwörung ist Teil ihres Tagesgeschäfts. Investigative Rechercheure
müssen auf diesem Themengebiet Verschwörungstheoretiker sein, sonst sind sie
lediglich Hofberichterstatter.
MM: Die weitaus überwiegende Mehrheit der
Medien vertritt andere Ansichten.
Eggert: Dazu muss man den Einfluss kennen,
den gerade die Geheimdienste auf die so genannte Freie Presse ausüben. Ende
der 40er Jahre startete die CIA ein regelrechtes Programm zur Infiltration
und Steuerung der Medienlandschaft: "Operation Mockingbird". Die
Sonderbudgets zur Lenkung der Öffentlich Meinung betragen seitdem bei der
Agency Milliarden Dollar-Summen – jährlich.
Investiert wird am Markt über Rundfunk- bzw.
Beteiligungsgesellschaften, seltener über Einzelspieler. Als solcher nahm
Silvio Berlusconi seinen kometenhaften Aufstieg zum Global Player des
Mediengeschäfts direkt aus der CIA-Loge P2 heraus. Der israelische
Milliardär Haim Saban übernahm 2003 mit einem Schlag die Fernsehsender Pro7,
Sat1, Kabel 1, N24 und die Nachrichtenagentur ddp. Sabans Entourage rühmte
sich gern ihrer Verbindungen zum israelischen Geheimdienst Mossad. Robert
Maxwell, der europäische Pressezar, war ebenfalls bis kurz vor seinem Tod
ein Mann des Mossad. Maxwell spielte eine einflussreiche Rolle in der
Gründungsperiode des deutschen Springer Konzerns. Die Firma Springer ist
bekannt dafür, dass jeder Arbeitnehmer fünf Unternehmensgrundsätze
unterzeichnen muss, deren zweiter "die Unterstützung der Lebensrechte des
israelischen Volkes" fordert und deren dritter "die Unterstützung des
transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen
Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika" verlangt.
Diese Worte könnten auch als Sinnspruch über dem Schreibtisch von Rupert
Murdoch stehen. Der neokonservative Australier führte eine kleine Zeitung,
als er sich mit dem CIA-Repräsentanten in Australien, Ted Shackley,
befreundete. Von da an ging´s im Handumdrehen steil bergauf. Zum
Murdoch-Konzern gehören heute weltweit Hunderte von Zeitungen, sowie TV- und
Radiostationen. ... Beresowski... Gussinski.... Die Liste ließe sich endlos
fortsetzen.
Soweit zur obersten Chefetage. Natürlich schüttet
das immer prallgefüllte Geheimdienstfüllhorn auch ein wenig nach unten aus.
Es gehen Gelder an Chefredakteure und Rundfunkräte, Geheimdienstgesteuerte
Stiftungen vergeben Stipendien, Think-Tanks verteilen Einladungen und
Reisegutscheine. Es gibt jede Menge Zuckerbrot.
MM: ... nur Zuckerbrot?
Eggert: ... und natürlich auch die Peitsche!
Haben Sie sich nicht schon einmal gewundert, warum so viele altlinke
Presse-Erzeugnisse heute in Amerikanismus machen? Dafür gibt es eine simple
Erklärung: Als die CIA Bundeskanzler Kohl Anfang der 90er Jahre die
brisanten Rosenholz-Dateien unter der Nase wegschnappte, hatte sie eine
komplette Übersicht über die Stasi-Seilschaften in der BRD eingesackt.
Darunter die zahlreichen MfS-Mitarbeiter in der westdeutschen
Medienlandschaft. Um nicht ihren Ruf und ihre Rentenbezüge zu verlieren,
arbeiten die seitdem kostenlos für die CIA. Wer das nicht will, wird
öffentlich gemacht. Dafür gibt es Beispiele.
"Die CIA besitzt jeden von irgendeiner Bedeutung
in den Massenmedien." So sprach der ehemalige CIA-Chef William Colby zur
Zeit des Mauerfalls. Als er einmal gefragt wurde, ob die CIA ihren
Presse-V-Leuten jemals gesagt habe, was diese schreiben sollten, antwortete
er: "Aber sicher, das wird ständig gemacht." Kontrolle des Fußvolks
ist Teil des politischen Spiels, gerade in Spannungszeiten wie diesen. Auch
Kriegsfanfaren brauchen Mundstücke. Als solches dient die Medienlandschaft.
MM: Warum beschäftigen Sie sich
schwerpunktmäßig mit Geheimdiensten?
Eggert: Als studierter Historiker hatte ich
es schon immer mit den großen Eckpunkten unserer Geschichte zu tun. Die
auffallendsten und physisch nachhaltigsten Umwälzungen sind zweifellos die
Kriege. Wenn Sie sich intensiv genug mit dem Entstehen von Kriegen
beschäftigen, werden Sie automatisch darauf kommen, dass diese nicht
zufällig, quasi als Betriebsunfall "passieren" oder als Gottesstrafe vom
Himmel gelassen werden. Wenn Sie ihre Forschung ernst nehmen, werden Sie
feststellen, dass es immer eine kriegsführende Seite gibt, welche aus der
gewaltsamen Auseinandersetzung Profit schlägt. Und die ist es dann auch
meist, welche in entsprechenden Strategiezirkeln den Kampf lange im voraus
geplant hat. Bis hin zu einem kriegsauslösenden Ereignis, welches das eigene
Vorgehen legitimieren und den Gegner in eine schlechte Anfangsposition
bringen soll. Für diesen wichtigen Job sind die Geheimdienste zuständig. Sie
legen und aktivieren die Zündschnur in den Krieg. Das war immer und überall
so: Der Thronfolgermord von Sarajewo als Auftaktakt des Ersten Weltkriegs;
der Überfall auf den Sender Gleiwitz, der Hitlers Angriff auf Polen
rechtfertigen sollte; die Lavon Affäre, als israelische Agenten unter
falscher Flagge amerikanische Einrichtungen in Ägypten bombardierten, um die
USA im Vorfeld des Suezkanalkrieges auf die "richtige Seite" zu ziehen; der
erlogene Tonkin-Zwischenfall, der Amerika das scheinbare Recht gab, in den
Vietnamkrieg einzutreten; die Provokationen Kuwaits gegen den Irak und das
grüne Licht des Pentagon an Saddam Hussein, mit dem Nachbarstaat militärisch
abzurechnen, um Bush Seniors ersten Öl-Wüstensturm als
"Befreiungsunternehmen" zu tarnen; die auf tschetschenische Extremisten
geschobenen Hochhausbombardierungen in Russland, die Putin 1999 die
Begründung für den Kaukasuseinsatz der Armee lieferten; die Entführung
zweier Israelis zur Legitimierung des letzten Libanonkrieges. Jeder einzelne
Vorfall ein geheimdienstgesteuerter Schachzug. Man muss die Geheimdienste
und ihre Machinationen betrachten um geschichtliche Dynamik in ihrem Kern zu
begreifen.
MM: In einer Veröffentlichung von 2003
beschuldigen Sie die militärische Genforschung am Ausbruch von Seuchen wie
AIDS Mitschuld zu sein. Was sollte die Motivation dafür sein, denn
schließlich leiden alle in der Welt an jenen Seuchen?
Eggert: Jahrzehnte unter Verschluss
gehaltene Protokolle des amerikanischen Kongresses belegen, dass am 9. Juni
1969 Dr. McArthur, der stellvertretende Leiter der Forschungsabteilung beim
US-Verteidigungsministerium, den Antrag auf die Bewilligung von 10 Millionen
$ stellte. Mit diesem Geld sollte laut seiner Aussage ein neuartiges Virus
entwickelt werden, das den Immunapparat des Infizierten zerstört und gegen
therapeutische Abwehrmaßnahmen unempfindlich ist. Das Geld wurde bewilligt
und die Forschungsarbeit in streng geheimen Hochsicherheitslaboratorien
aufgenommen. Die fähigsten Wissenschaftler ihrer Zeit, darunter der spätere
"Entdecker" des Aids-Virus Robert Gallo, arbeiteten dem Projekt zu, das laut
Planung innerhalb von 10 Jahren zum Abschluss kommen sollte. Nach exakt
dieser Zeitspanne tauchten die ersten HIV-Fälle in den USA auf. Die
Beweiskette erscheint in mehrfacher Hinsicht bruchlos, auch was die
genetischen Rekombination des Virus anbelangt. Das Ergebnis war die erste
Genwaffe der Geschichte. Wenn auch eine unfertige, da sie anders als ihre
heutigen Nachfolger nicht gebiets- oder rassenselektiv töten kann und sich
wahllos verbreitet.
Deshalb würde ich für die Freisetzung des Virus
keine US-Regierungsstelle verantwortlich machen, auch nicht den
geheimdienstlich-militärischen Komplex. Da sind vielmehr über- oder
nebenstaatliche Gruppen im Spiel, die zum Teil malthusianischen, zum Teil
religiösen Antrieben folgen. Jüdische und Christliche Messianisten vom
Zuschnitt eines Shoko Asahara, der die japanischen U-Bahnen mit Giftgas
flutete, weil er meinte, damit die Welt dem prophezeiten Ende näher zu
bringen. Es gibt da nur einen Unterschied: Asahara war ein weitgehend
isolierter Sektenguru. Seine biblischen Gesinnungsgenossen stehen dagegen an
den Pforten der Macht. In Amerika, in England, in Israel.
MM: Einen Monat vor dem 11. September 2001
veröffentlichten Sie ein Buch mit dem Titel "Im Namen Gottes - Israels
Geheimvatikan als Vollstrecker biblischer Prophetie". Wurde Ihr Buch
schon einen Monat nach der Veröffentlichung "überholt"?
Eggert: Nein, da hatte ich den 11. September
natürlich noch nicht im Blickfeld. Es geht in dem Buch um das Wesen
überstaatlicher Gruppen und deren Einflüsse auf die Geschichte im
allgemeinen. Auf Revolutionen, Kriege, den Kommunismus, den Faschismus, den
Holocaust. Von der französischen Revolution angefangen bis zum Ende der
Regierungszeit Clintons. "Israels Geheimvatikan" ist mehr ein
Grundlagenwerk.
Was ich voraussah war die Tatsache, dass die
endzeitlichen Gruppen in den Religionen durch ihre politischen Netzwerke an
der Vorbereitung des 3. Weltkriegs arbeiteten. Und wie in jedem Krieg
bedurfte es auch hierfür wieder eines konkreten Anlasses, und das war der
11. September 2001. Eigentlich passt 9/11 nahtlos in die Liste der
Kriegsauslösekampagnen, die ich bereits genannt habe. Es ist daher nicht
verwunderlich, dass man in der Vorbereitungszeit dieses Terrorcoups wieder
allerorten auf die Spuren der Geheimdienste stößt.
MM: Ein Jahr später folgte Ihr Buch "Angriff
der Falken". Warum glauben Sie steht die deutsche Politik derzeit so extrem
stark an der Seite jener Falken?
Eggert: Ich habe mich das zum ersten Mal
gefragt, als der regierungsnahe US-Nachrichtenkanal Fox-News am 12.
September 2007 meldete, die Deutschen sanktionierten Amerikas
Irankriegspläne. Thema der Sendung war ein Iranspezifisch zusammengesetztes
Sicherheitsrattreffen in Berlin. Dort hätte die Bundesregierung erklärt, die
antiiranische Sanktionsfront aus national-wirtschaftlichen Gründen zu
verlassen – wobei sie gleichzeitig die Amerikaner zu einem
Bombardierungsfeldzug gegen Irans nukleare Einrichtungen ermuntert haben
sollen. Fox beruft sich dabei auf Diplomaten aus verschiedenen Ländern.
Wenn das keine vorsätzliche Lüge aus dem Hause
Murdoch ist, sondern eine auf Tatsachen gründende Indiskretion, dann sehen
wir hier in seiner krassesten Form den Schwenk unserer – nach wie vor
sozialdemokratisch bestimmten – Außenpolitik. Für mich erklärt sich dieses
Verhalten mit dem Druck der Vereinigten Staaten, die Deutschland nur dann
als ständiges Mitglied in den Weltsicherheitsrat aufnehmen werden, wenn es
sich gegenüber seiner aktuellen Politik wohlgefällig zeigt.
MM: Wird das zum erwünschten Ziel für
Deutschland führen?
Eggert: Ich bezweifele, ob die Rechnung
aufgehen wird, durch Unterstützung des Imperialismus mit blutenden Händen in
den Sicherheitsrat einzuziehen, um von dort dann – im Herzen rein geblieben
– zur moralischen Erneuerung der Welt zu schreiten. Gerade kurzfristig ist
dieses Spiel mit dem Feuer gefährlich: Berlin würde sich als antreibende
Kraft für ein NATO-Terrorbombardement bildhaft gesprochen in George W. Bushs
Kanonenboot setzen. Klassischer ist ein Motiv für einen islamistischen
Provokationsanschlag gegen die Bundeshauptstadt kaum aufzubauen. Es ist
meines Erachtens auch zu früh darauf zu bauen, dass die neokonservative
US-Regierung das Wahljahr 2008 nicht übersteht und Deutschland es dann schon
mit einem neuen Partner im Sicherheitsrat zu tun haben wird.
MM: Ihr jüngstes Buch "Erst Manhattan, dann
Berlin" geht von der Gefahr eines erfolgreichen Terroranschlages in
Deutschland aus. Wie kommen Sie darauf?
Eggert: Als Antreiber der menschlichen
Geschichte nehme ich unter anderem wie bereits erwähnt messianische
Netzwerke wahr. Es gibt ganz zentrale Ereignisse, die ausschließlich von
diesen radikalen Sekten gesteuert waren, darunter die Ermordung des
israelischen Staatschefs Rabin. Gerade auf die explosive Lage im Mittleren
Osten, die sie zum prophezeiten Armageddon vorantreiben wollen, gelingt es
ihnen stärksten Einfluss auszuüben. Einerseits über die Schiene Israel, wo
führende Politiker wie Benjamin Netanjahu vor schwerwiegenden Entscheidungen
den Rat okkulter Rabbiner einholen. Auf der anderen Seite haben in Amerika
im Gefolge von George W. Bush bekennende christliche Fundamentalisten das
Weiße Haus erobert. Wöchentlich werden endzeitliche Schriftgelehrte hierher
und ins Pentagon geladen, um in bizarren Bibelsitzungen Politiker und
Militärs für das Tagesgeschäft zu instruieren. Wesentlich länger ist diese
gefährliche Vision von der Auserwähltheit vor Gott in einflussreichen
Kreisen des britischen Establishments verbreitet. Viele Freimaurerlogen, die
bekanntlich das öffentliche Leben des Vereinigten Königreichs stark prägen,
sind von der Idee des Britischen Israelismus befangen. Diese besagt, dass
die Mission des Judentums, die Welt ihrem geoffenbarten Ende
entgegenzuführen, mit der Kreuzigung Jesu beendet und auf die Briten
übertragen worden sei.
MM: ... Sie nennen oft christliche und
jüdische Gruppen in einem Atemzug ...?
Eggert: Den christlichen und jüdischen
Gruppen gemein ist die Tatsache, dass sie sich auf die Bibel berufen, dass
sie auf Prophetien referieren, deren Inhalt sie sich als politischen Auftrag
zu eigen machen, dass sie mittels Entschlüsselungscodes geheime
Doppelbedeutungen aus der Heiligen Schrift herausarbeiten. Hier wie dort
wird 9/11 anhand von Bibeltextstellen als erfüllte Prophetie betrachtet.
Hier wie dort wird über das Kommen eines Parallelereignisses, nennen wir es
11/9 getuschelt. Immer wieder genannt wird ein atomarer Anschlag; und
Berlin. Als mein Buch im November 2005 auf den Markt kam, schien dieses
Schreckensbild noch in weiter Ferne zu liegen. Heute ist das anders, die
Warnungen von neokonservativen Politikern und staatstragenden Medien
erreichen uns nun auch wöchentlich in deutscher Sprache. Stil und Inhalt
gleichen der Propaganda in den USA: Wenn es zu dem großen Knall kommt, so
lautet das ´briefing´ für den gutgläubigen Michel, werden die Täter Muslime
sein. Das mag dann vielleicht wirklich stimmen, aber wer im
Terror-Hintergrund die alles in Gang haltenden Strippen zieht, davon
erfahren wir aus guten Gründen herzlich wenig.
MM: Unter anderem behaupten Sie, dass die
Interessen von extremen Fanatikern, die im missbrauchten Namen des Islam
agieren sich erstaunlich oft mit den Interessen der Falken überschneiden.
Wie erklären Sie das?
Eggert: Sie meinen die Symbiose zwischen
radikalen Muslimen und Geheimdienstlern? Nehmen wir das bekannteste
Beispiel: Osama bin Laden und Al Kaida. Beide sind Geschöpfe der
amerikanischen Geopolitik. Als das Weiße Haus beschloss, noch in der
Amtszeit Ronald Reagans den Kalten Krieg zu gewinnen, war ein zentraler
Eckpfeiler dieses Unternehmens der Plan, den Russen in Afghanistan ein neues
Vietnam zu bereiten. Zu diesem Zweck stampfte das Pentagon mit
Milliardenbeträgen eine islamistische Bürgerkriegsarmee aus dem Boden, deren
Aufgabe darin bestand, der Moskautreuen Regierung in Kabul die Hölle heiß zu
machen. Das gelang auch, und als die Russen "zu Hilfe" kamen, waren sie in
die Falle getappt. Der verlustreiche Afghanistankrieg war ein dicker Nagel
zum Sarg der Sowjetunion. Und die Totengräber dort, das waren die
Mudschaheddin. Die Sammel- und Durchgangsstelle der muslimischen
Afghanistankämpfer nannte man Al Kaida. Ihr Organisator war Osama bin Laden,
der unter dem Namen Tim Osman auf den Gehaltslisten des CIA stand. Er und
seine Leute wurden in Amerika ausgebildet, bezahlt, bewaffnet.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion soll diese
Zusammenarbeit durch eine Attentatsserie von Al Kaida gegen amerikanische
Einrichtungen beendet worden sein. Mir scheint das ein vorgeschobenes Alibi
zu sein, hinter dem die Zusammenarbeit fortdauerte. Fakt ist, dass
Washington das kommunistische Riesenreich nicht deshalb niederrang, um die
Menschen dort zu befreien, sondern dass es darum ging, sich die dortigen
Märkte und Ressourcen zu erschließen. Und die Hauptressource, auf die man es
ganz besonders abgesehen hatte, war das Erdöl, das in den südlichen
Teilrepubliken der alten UdSSR gefördert wird. Diese muslimisch geprägten
Regionen suchte man nun durch Putsche, Bürgerkriege und bezahlte Aufstände
vom russischen Einflusssystem wegzulösen. Wer taucht nun wieder als
zentraler Aktivposten in diesen Kämpfen auf, die fast ausschließlich den
geopolitischen Erfordernissen der Amerikaner entgegenkamen? Richtig, die
bärtigen Gotteskrieger bin Ladens. Die tummelten sich übrigens bald auch auf
dem Balkan, als die USA dort seit Mitte der 90er Jahre geostrategische
Interessen ausmachten. In diesem Zusammenhang – das belegen
Untersuchungsberichte des US-Kongresses – arbeiteten die Amerikaner als
echte Verbündete mit Al Kaida; Hand in Hand.
Obwohl die Regierung Clinton nach außen hin Osama
bin Laden als "Most wanted Terrorist" zur Fahndung ausgeschrieben hatte. Und
dafür astronomische Ergreifungssummen ausschrieb. Was hinter all diesem
Tamtam steckte, durften verschiedene islamisch regierte Staaten erfahren,
als sie in Washington mit der Nachricht vorstellig wurden. "Der Gesuchte
befindet sich gerade in unserem Land. Wollen Sie ihn tot oder lebend?"
In jedem dieser Fälle wurde die Auslieferung seitens der amerikanischen
Regierung hintertrieben. Der besonders hartnäckig auf eine Auslieferung
drängende Sudan erhielt als Denkzettel sogar ein Luftbombardement; mit der
herausfordernden Begründung, das Land unterstütze den Terrorismus.
Währenddessen unterhielt Osama alias Tim unter den
Augen der amerikanischen und englischen Agentenwelt offizielle Büro- und
Wohnadressen in London. 1996 war er Gast des Britischen
Auslandsgeheimdienstes MI6, der den umtriebigen Hansdampf als Subunternehmer
für ein Attentat der Al Kaida Zelle "Libyan Islamic Fighting Group" auf
Muammar Gaddafi anstellte. Der libysche Staatschef hatte gerade seinerseits
eine stattliche Summe auf die Ergreifung bin Ladens ausgesetzt. Ich könnte
die Koalitionsgeschichte zwischen Al Kaida und dem
geheimdienstlich-militärischen Komplex des Westens noch lange fortführen.
Sie reicht bis in die Zeit des 11. September. So enthüllten in Frankreich
die regierungskontrollierte Radiostation „Radio France International“ und
die Tagszeitung „Le Figaro“, dass sich Osama bin Laden noch im Juli 2001 im
Amerikanischen Krankenhaus von Dubai einer Nierenbehandlung unterzog – wobei
er vom örtlichen CIA-Kontaktmann am Krankenbett besucht wurde. Nachschlag
gefällig? Anfang Juli 2002, also nach den Terrorflügen von New York und
Washington, meldete das amerikanische Time-Magazin mit Bezug auf hochrangige
europäische Geheimdienstkreise, dass der spirituelle Kopf des Al Kaida
Netzwerkes, Abu Qatada, mit seiner Frau und seinen Kindern im Norden
Englands lebt. In einem abgesicherten Haus, das ihm – zusammen mit einer
ansehnlichen Bezahlung – der britische Geheimdienst zu Verfügung stellt.
Bin Laden, Al Kaida, die Mudschaheddin sind
allesamt Kinder der USA. Die Taliban sind eine direkte Folge. Und wenn man
es genau nimmt, haben diese Gruppen vom Anfang bis zum Ende im Interesse der
USA gearbeitet. Sie tun es heute noch, wenn man der Pentagon-Story Glauben
schenkt, dass bin Laden-Leute hinter dem 11. September stecken. Warum? Nun,
das neokonservative Machtzentrum in Washington hatte die Eroberungsfeldzüge
gegen Afghanistan und den Irak fest auf ihrem Plan, als Bush die Macht
ergriff. Sie wussten aber, dass so ein offenkundig imperiales Unternehmen
nur dann international durchsetzbar war, wenn es vorher – so schreiben es
die Neokonservativen im Jahr 2000 – wenn es zu einem neuen Pearl Harbor
käme. Begreifen Sie? Die Truppen standen bereit und 9/11 war der Türöffner
in den Krieg. Nun will man den Iran aufrollen. Der amerikanische
Geheimdienstapparat ist finanziell reich aber schwerfällig und geistig arm -
die wiederholen sich gern. Die Welt darf sich also schon mal auf den
nächsten Türöffner vorbereiten.
MM: Warum gab es nicht schon eine
Terrorprovokation vor Beginn des Irakkriegs?
Eggert: Weil der Irakeinsatz gefühlsmäßig
noch dem 11. September zugeschlagen wurde. Die Erinnerung an die Gewalt des
11. September war damals noch sehr präsent. Sie hatte dem Weißen Haus ein
übervolles Emotionskonto beschert, von dem Bush nach wie vor abbuchen
konnte. So zog das Schreckensbild, dass "der Massenmörder amerikanischer
Zivilisten, Osama bin Laden, tatsächlich oder zumindest sinnbildlich in der
Nähe von Bagdad lauern würde". Der Wortlaut stammt übrigens von dem
amerikanischen Exsenator Gary Hart, der heute selbst vor einem durch die CIA
provozierten oder gar fabrizierten Terroranschlag warnt. Der zweite Teil der
zum Krieg hinleitenden Propagandalügen war den Massenvernichtungsmitteln
gewidmet, mit denen Saddam angeblich das westliche Bündnis – und Israel -
bedrohte.
Das wiederholt sich jetzt. Die
Massenvernichtungskampagne läuft bereits auf vollen Touren. Die Al Kaida
Kampagne bezeichnenderweise nicht. Sie hätte es auch schwer. Die "Wir-fangen-Bin"
Eroberungsfeldzüge beginnen nach Afghanistan und Irak langsam durchsichtig
werden. Hierzulande wirkt außerdem die Kampagne der rot-grünen
Schröderregierung gegen den Irakkrieg nach, die auch Zweifel an der
Authentizität des 11. September gesät hat. Trotz allem Engagement gelten wir
in den Vereinigten Staaten nach wie vor als unsicherer Kantonist. Das ist
es, was mir Sorge bereitet. Eine Anschlagsserie mit schmutzigen Atombomben
in Amerika und Deutschland, deren Spuren man in den Iran legte, würde den
Falken im Weißen Haus augenblicklich sehr zupass kommen: Erstens würde die
deutsche Öffentlichkeit, die Regierung, ja selbst die Opposition langfristig
an die US-Politik gebunden werden. Zweitens liefert ein Angriff mit
ABC-Waffen Cheney & Co. genau jene rauchenden
Colts, nach denen sie im Irak vergebens suchten; und noch dazu den
Kriegsgrund, um ihre Kriegspläne gegen Teheran in die Tat umzusetzen.
Drittens bietet eine solche Tat an, die US-Verfassung außer Kraft zu setzen
– wodurch die Neokonservativen 2008 ihrer sicheren Abwahl entgingen...
MM: Sie schreiben ja nicht nur über die
Gegenwart sondern auch über die Vergangenheit und behaupten, dass es
bestimmte Interessen gab, die Hitler vereinfacht ausgedrückt, am Leben
hielten. Gibt es Ihrer Meinung nach einen Roten Faden durch jene Geschichte
bis heute?
Eggert: Es gibt einen roten Faden - ganz
konkret was das politische Schicksal bestimmter Führer anbelangt. Nehmen wir
wie vorgeschlagen Hitler. In den 20er Jahren hatten die späteren
Siegermächte und mit ihnen ein ganzer Sack voll Eliten Interesse am Aufstieg
einer Person, die das nationalsozialistische Programm ausfüllte. Sie müssen
sich in die damalige Zeit zurückversetzen: Im Kreml war Lenin zur Macht
gekommen. Sein Verstaatlichungsregime stellte für die Kapitalisten dieser
Welt das Schreckgespenst schlechthin dar. Führende Unternehmen wie der
Mineralölkonzern Shell hatten in Russland Unsummen investiert, die nun mit
einem Schlag verloren waren. Wie der amerikanische Automobilkönig Ford gab
auch der Chef der Shell große Summen an Hitler, in der Hoffnung, dass dieser
an die Macht kommen und die Sowjets in einem Krieg niederringen würde. Auf
die gleiche Karte setzten einflussreiche Teile der britischen Konservativen,
denen die Wirksamkeit von Lenins antikolonialistischer Kampagne ein Dorn im
Auge war. Indien, Ägypten, Irland, das halbe Empire befand sich in Aufruhr,
weil die Roten die Schätze des Zaren zur Finanzierung der Weltrevolution
einsetzten. So fand, wie gesagt, Hitler auch Unterstützung von englischer
Seite. Und schließlich gab es noch die Karte, die "stechen" sollte. Den
unausgesprochenen Common Sense zwischen Roosevelt und Stalin, dass ein im
Herzen Europas entzündeter Krieg letzten Endes nur jenen Mächten helfen
würde, die über das größte Hinterland verfügten: Amerika und Russland. Wenn
sie zusammenhielten, das war klar, würden sie einen neuen Weltkrieg gewinnen
und sich in der Mitte eines abgekämpften und ruinierten Europa die Hände
reichen. Genau das passierte auch. Die Mittel, mit denen Roosevelt das
zusammenbrechende Sowjetregime nach 1941 am Leben erhielt sind
atemberaubend. Aber sie haben sich verzinst, denn die USA haben ihre
Stützpunkte in alle Welt getragen und England als Weltmacht abgelöst. Das
ist der Grund, warum Hitler so grundlegend wichtig für dieses Spiel war.
Sein Autarkieprogramm, welches auf die Eroberung der Sowjet-Ukraine setzte,
garantierte den Krieg, während die politische Physiognomie des
Nationalsozialismus dessen Drahtziehern ein entwickeltes Feindbild bot, eine
sich ständig neu aufbauende Argumentationsplattform zum Krieg führen
"müssen". Und so lange Hitler lebte, blieb der Krieg in Gang. Nach Pearl
Harbor brachte jeder neue Tag in Hitlers Amtszeit die Amerikaner und Russen
einen Kilometer weiter in das Herz Europas.
MM: ... und heute ...?
Eggert: Amerika verfolgt in seiner
imperialen Strategie heute gegenüber dem Iran die gleiche Politik wie damals
gegenüber Deutschland. Wie soll das Weiße Haus einen Krieg gegen einen
saturierten, sich dem Westen zuwendenden Staat begründen? So was geht nicht,
und das war die Situation in Deutschland in den 20er Jahren, so wie es auf
die iranische Entwicklung vor der Präsidentschaft Ahmadinedschad zutraf. Von
dessen Aufstieg versprachen sich die US-Geopolitiker das, was ihnen schon
das Emporkommen des "Führers" frei Haus geliefert hatte: Ein funktionelles
Feindbild. Aufrüstung ... Antisemitismus ... Antimodernismus ...
Eroberungsgelüste. Ob stimmig oder nicht, die Parolen muten vertraut an.
Auch manches Ziel: Shell finanzierte die NSDAP, weil man durch Hitler an die
Ölquellen Russlands kommen wollte. Und heute? Nach dem "World Factbook" der
CIA besitzt Iran mit 133 Gigabarrels weltweit die zweitgrößten Reserven an
konventionellem Rohöl. Es gibt genügend Strategiepapiere der
Neokonservativen, die zeigen, dass man es genau auf diese Ressource
abgesehen hat. George W. Bush ist selbst im Ölgeschäft, so wie ein Gutteil
seiner Administration über Öllobbyverbände erst in die Politik gefunden hat;
sie alle können den Wert dieser bereits seit Jahren mit amerikanischen
Fahnen abgesteckten Claims sehr gut ermessen.
Das ist der Grund, warum das Weiße Haus die
Präsidentschaftswahl Ahmadinedschads so behände unterstützte. Im Vorfeld
dieser schicksalhaften Abstimmung lancierte man über Wochen die Meldung, das
Pentagon schicke von Irak und Afghanistan aus amerikanische Kampfflugzeuge
in den iranischen Luftraum, um für einen künftigen Krieg die Standorte von
Radarabwehrsystemen auszutesten. Es liegt auf der Hand, dass der
Entrüstungssturm im Iran die anstehende Abstimmung zuungunsten der
aufstrebenden prowestlichen Reformer beeinflusste. Ebenso wie die Tatsache,
dass die Perser in einer merkwürdigen Koalition, die vom Weißen Haus bis in
linke europäische Kreise reichte, massiv zum Wahlboykott aufgerufen wurden.
Viele Linke und Liberale hielten sich daran. Die Traditionalisten auf der
anderen Seite hatten wenig Grund, diesen Aufrufen Folge zu leisten. Heraus
kam der Sieg der Rechten. Was mir als Zweck der Übung erscheint.
Ist der iranische Staatschef damit ein Agent des
amerikanischen Imperialismus? Nein, er ist es genauso wenig, wie Hitler.
Aber ohne es zu wollen spielt er ihr Spiel. Vielleicht, das wäre in der Tat
fatal, aus einer Perspektive des "Gott mit uns". Während Hitler und sein
Umfeld weitgehend frei von religiösem Empfinden waren, ist Ahmadinedschad
wie Olmert in Israel oder Bush in den USA der Führer einer Nation, die sich
als integraler Bestandteil göttlicher Vorhersehung versteht. Und so wie die
Evangelikalen in der amerikanischen Regierung fest von der zweiten
Wiederkunft Christi überzeugt sind, so wie das konservative politische
Establishment Israels vom Kommen des Messias träumt, so erwarten die
schiitischen Ayatollahs den himmlischen Herabstieg ihres eigenen Verkünders,
des Mahdi. Das Problem liegt im Kleingedruckten: Die irdische Geburt jeder
dieser Heilsgestalten ist auf einer Welle von Blut verkündet. Erst die
globale Vernichtung verheißt die Erlösung. Erst das Ende bringt den Anfang.
MM: So ganz schlüssig ist das aber nicht,
denn nach jener Logik müsste der Iran den Atomwaffensperrvertrag kündigen,
die Juden aus dem eigenen Land vertreiben und auch sonst alles tun, was den
Krieg beschleunigt.
Eggert: Dass Teheran sich im Vergleich zu
Washington eher passiv verhält, steht außer Frage. Das widerspricht nicht
einer angenommenen Mahdi-Observanz, da die muslimische Überlieferung ihrer
Anhängerschaft einem breiten Verständnis nach das kriegerische Vorpreschen
verbietet. Nichtsdestoweniger wird sein Kommen erwartet und mit Freude
aufgenommen. Das lässt gefühlsmäßig wenig Raum, der sich abzeichnenden
Katastrophe, die mit seinem Erscheinen ja verbunden ist, mit aller Macht
entgegenzuarbeiten.
MM: Kann es nicht sein, dass die USA - wie
jede Großmacht in der Geschichte der Großmächte - mit dem Iran erstmalig auf
einen Gegner gestoßen ist, den zu besiegen zumindest ideologisch nicht so
einfach ist, denn die Sympathien für Ahmadinedschad sind selbst in
Deutschland - natürlich nur hinter vorgehaltener Hand - nicht gering, und
das trotz Bild-Zeitung?
Eggert: Die Entscheidung fällt leider auf
den Schlachtfeldern und nicht wie im alten Indien an den Pforten der
Universitäten. So wird Amerika für den Fall, dass Armageddon noch
aufgehalten werden kann, allenfalls irgendwann an China scheitern. Aber das
ist Zukunftsmusik.
Im militärischen Sinne hat der Iran für sich
alleine genommen nicht den Hauch einer Chance gegen die USA. Vielleicht
würden sie es in offener Feldschlacht, in einem Kampf Mann gegen Mann
schaffen, wer weiß. Aber so einem Kampf stellen sich die Amerikaner seit
Dutzenden von Jahren nicht mehr. Warum auch? Wenn es sein muss, bombardieren
sie ihren Gegner aus 10 oder 20 Kilometern unerreichbarer Höhe so lange, bis
sich das Land unter ihnen in ein einziges Dresden oder Hiroshima verwandelt
hat. Dann erst erscheinen die mutigen "Befreiungstruppen" auf der
Bildfläche. Die einzige Chance des Iran ist die Einschaltung Russlands. Aber
selbst dieser Eventualfall wird den Krieg nicht gewinnen helfen, denn ein
Kräftemessen Washington-Moskau führt mittelfristig zum biblischen
Endzeitszenario Gog gegen Magog. Das Ergebnis ist dann ein globaler
nuklearen Holocaust. Ohne Sieger.
MM: Und einen Rettungsanker sehen Sie nicht?
Eggert: Es gehört zu den
Widersprüchlichkeiten der Demokratien, dass hier die Medien den Staat (also
das Gemeinwohl) lenken, und nicht umgekehrt. So kann ein einzelner
wohlhabender Investor Wahlen beeinflussen, Entscheidungen steuern,
Abstimmungen entscheiden, politische Karrieren zu Fall bringen, und braucht
dafür noch nicht einmal Bürger dieses Landes zu sein. Die neokonservative
Kabale aus England, Amerika und Israel nutzt diese strategische Nische
intensiv. Die muslimische Welt, die zum Teil sehr reich ist, sollte sie
vielleicht nicht ihren entschiedendsten Gegnern überlassen.
MM: Sehr geehrter Herr Eggert, wir danken
für das Interview.
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