Im Namen des Erhabenen  
  Interview mit Familie Fischer
 

Muslim-Markt interviewt 
das Ehepaar Fischer -  Konrad Fischer, Architekt, und Petra Fischer, Hausfrau und Studienrätin für Religion und Mathematik

3.5.2007

Konrad Fischer, geboren 1955 in Würzburg als Sohn eines Architekten und einer evangelischen Kirchenmusikerin, hat nach seinem Studium der Architektur in München ein zweijähriges Volontariat am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege absolviert. Seit 1979 führt er des väterliche Architekturbüro weiter mit Schwerpunkt Altbausanierung und Denkmalpflege für öffentliche, kirchliche und private Auftraggeber. Dazu veranstaltet er Seminare, hält Vorträge und schreibt Publikationen zum Planen und Bauen im Bestand. Er ist Webmaster der "Altbau und Denkmalpflege Informationen" seit 1998. Privat widmet er sich als Cellist und Chorsänger der klassischen und kirchlichen Musik.

Petra Fischer, geboren 1962 in Limburg an der Lahn, ist Studienrätin für Mathematik und evangelische Religionslehre. Sie engagiert sich in der evangelischen Kirche als Prädikantin, Kirchenvorstand und Synodale, Frauenbeauftragte und in zwei Kirchenchören.

Konrad und Petra Fischer sind seit 1988 verheiratet und haben vier Kinder im Alter von 8 bis 17.

Konrad Fischer ist am 22. Oktober 2018 verstorben.

MM: Sehr geehrter Herr Fischer, Sie gelten als Experte im Denkmalschutz und bei der Altbausanierung. Warum wollen Sie das Alte bewahren?

Konrad Fischer: In unseren alten Bauten steckt eine Menge an guter Erfahrung. Sie können auch heute noch bestens funktionieren, wenn wir uns bei der Instandsetzung mit Verstand um altbauverträgliche Methoden bemühen. Diese stehen freilich oft genug im Widerspruch zu den von der Bauindustrie diktierten Bauweisen. Durch sorgfältige Planung und Verzicht auf den modernen Schnickschnack können die alten Häuser oft preisgünstiger, energiesparender und kostensicherer saniert werden, als es misslungene Projekte mit den gewöhnlichen Kostenexplosionen und überraschendem Sanierpfusch vermuten lassen. Außerdem bieten die Altbauten im Vergleich zur neuen Architektur aus Stahl, Glas und Dämmstoff eine wesentlich vorteilhaftere Wohnatmosphäre und passen sich in die historisch gewachsene Umgebung gestalterisch besser ein. Die Bewahrung unserer Altbauten bietet folglich genug Herausforderungen und Sinnstiftung, die bei der Arbeit Spaß machen. Außerdem hat jeder Altbau seine eigene Problemstellung. Das bringt Abwechslung und lässt bestimmt keine Langeweile mit "Schubladenlösungen" aufkommen.

MM: In diesem Zusammenhang kritisieren sie in Vorträgen, Publikationen und auf ihrer Webseite übliche, aber falsche Sanier- und Energiesparmaßnahmen sowie den staatlich organisierten Klimaschutzschwindel. Was kann denn an Energiesparmaßnahmen falsch sein?

Konrad Fischer: Hier müssen wir unterscheiden zwischen Maßnahmen, die wirklich beim sinnvollen Energiesparen helfen und solchen, die das lediglich behaupten, aber in Wahrheit zur Energieverschwendung führen. Leider sind letztere das Ergebnis eines raffinierten Marketings und abscheulicher Beeinflussung von maßgeblichen Teilen unserer Administration durch Lobbyisten, wie im Pharmabereich ja allgemein bekannt und durch die Großfirmen auch im globalen Maßstab bestens praktiziert. Im Klartext werden so angebliche Energiesparmaßnahmen befördert, ja sogar zwangsweise verordnet, die lediglich das Umsatzinteresse der daran beteiligten Profiteure bis runter zum letzten Baustoffhändler und Handwerker befriedigen. Der Bauherr bekommt dadurch aber weder Energieersparnisse, noch technisch funktionierende und gesunde Baukonstruktionen.

Ein Beispiel: die so genannte Wärmedämmung aus Leichtbaustoffen, Schäumen und Gespinsten. Sie lässt die Wärme mangels Speicherfähigkeit schnell durch, ist feuchteempfindlich und wird deswegen schnell von zerstörerischem Algenbewuchs und krankmachendem Schimmelpilz befallen. Falsche Rechenmethoden mit dem so genannten U-Wert fördern den expertengestützten Irrglauben an die Dämmwirkung. Praktisch dämmen aber nur Massivbaustoffe gegen vorschnelle Hitzedurchdringung. Lehm-, Stein- und Holzbauten in kalten und heißen Ländern weltweit beweisen das seit Jahrtausenden, doch wir sollen zur windigen Zelt- und Barackenbauweise zurückkatapultiert werden.

Die übertriebene Gebäudedichtung durch Isolierfenster und Plastikfolien verschärft außerdem das Feuchteproblem in unseren Wohnungen und macht krank. So kann bestimmt keine Energie gespart werden, sondern es entsteht Schimmel. Genug Praxisbeispiele belegen das.

Auch die angeblichen Ökoenergien können nur mit Hilfe von unverschämten Subventionen am Markt installiert werden. In Wahrheit lässt sich Energie gar nicht teurer, aufwendiger und umweltschädlicher herstellen, als beispielsweise durch schwermetalldotierte Photovoltaikplatten, landschaftszerstörende Windkraftparks und die im Vergleich zu Öl und Atomkraft viel zu geringe Energiedichte von Sonne und Wind. Analog zur Ökoenergie könnten wir auch Wasser mit einem Sieb schöpfen.

All diesen Unsinn nenne ich falsches "Energiesparen". Und das Märchen vom menschengemachten Klimawandel liefert dazu die ebenfalls erlogenen Grundlagen. Dabei geht es nur um Geschäftemacherei. Für das Energiesparen kommt nichts dabei heraus, geschweige denn könnte man durch derlei "Klimaschutz" das immer chaotische Wettergeschehen beeinflussen. Ich fühle mich bei diesem ganzen hochmoralisch und apokalyptisch aufgeladenen Ökoschwindel sehr an die Zeit der staatlich und kirchlich organisierten Verbrennung von "Wetterhexen" erinnert. Heute werden die Kritiker des Klimaschwindels bereits öffentlich und namentlich als "Leugner" gebrandmarkt. Das verweist mehr als deutlich in die hierzulande schon fleißig eingeübte Leugnerverfolgung bei Gesinnungsstraftaten.

MM: Sehr geehrte Frau Fischer, sie arbeiten auf einem ganz anderen Gebiet und laden im Religionsunterricht Muslimas zum Dialog ein. Haben Sie denn keine Angst vor dem Kopftuch und wollen Sie nicht die Muslime vom Kopftuch befreien?

Petra Fischer: Angst ist zu viel gesagt. Das Kopftuch war mir natürlich auch fremd und vielleicht sogar ein bisschen unheimlich. Ein Grund mehr, Muslimas selbst nach ihren Beweggründen zu fragen, warum sie das Kopftuch tragen. Dabei haben mich die Erklärungen einer Muslima besonders beeindruckt. Sie erzählt, wie sie sich als junges Mädchen geweigert habe, ein Kopftuch zu tragen. Doch nach einem Besuch bei ihrer Großmutter in Anatolien, wo ihrer Meinung nach die Unterdrückung der Frau erlebbar ist, begann sie danach zu fragen, was für eine Religion das sei, die erlaube oder sogar gebiete, Frauen zu schlagen, das Rederecht zu verweigern. Sie studierte den Koran und merkte, welch hohe Verehrung Mohammed der Frau zukommen lässt und begann den Koran als eine Quelle der Offenbarung zu verstehen, die ihr als Frau Rechte gewährte und nicht nahm. Man müsse zwischen Islam und Tradition unterscheiden, sagt sie. So begann sie das Kopftuch zu tragen, um ihre Würde als Frau zu unterstreichen. Sie sagt, sie fühle sich seitdem als Dame, das Verhältnis unter Frauen sei viel kameradschaftlicher, weil man nicht in Äußerlichkeiten miteinander konkurriert und nur als kleiner Nebeneffekt sei sie in der täglichen Kleiderfrage entlastet.

Diese Frau beeindruckt mich und meine Schüler immer wieder durch ihre Lebendigkeit, Fröhlichkeit und Persönlichkeit. Nach ihrem Unterrichtsbesuch sagen die Schüler, sie würden jetzt Kopftuchträgerinnen mit anderen Augen sehen. Diese Muslima hat mir gezeigt, dass das Kopftuch beides sein kann, Zeichen der Unterdrückung und einer besonderen Würdigung der Frau als Frau. Letzteres aber ist für sie im Sinne des Koran und der eigentliche Islam. Mir ist das Kopftuch nicht mehr unheimlich. Allerdings muss ich dazu sagen: Burka und schwarze, lange Mäntel, kombiniert mit Lederriemen im Gesicht befremden mich immer noch.

Das Kopftuch aber als Zeichen der Unterdrückung in staatlichen Einrichtungen zu verbieten, ist für mich durch nichts zu begründen und extrem frauenfeindlich. Eine Lehrerin, die Kopftuch trägt, hat ein Studium hinter sich gebracht, ist finanziell unabhängig und keinesfalls unterdrückt. Das Verbot richtet sich ausschließlich gegen Frauen und zwar solche, die auf eigenen Beinen stehen und denen nun die berufliche Existenzgrundlage entzogen wird.

MM: Obwohl Sie Beamtin sind, haben Sie in 2001 als Dekanatsfrauenbeauftragte einen bayernweiten offenen Brief an Bundeskanzler Schröder gegen den Afghanistaneinsatz der Bundeswehr veranlasst. Haben Sie dafür keinen Ärger bekommen, und was wollen Sie Frau Merkel schreiben?

Petra Fischer: Als Beamtin, die dem Staat treu dienen will, sehe ich es als meine Pflicht an, zu politischen Fragen Stellung zu nehmen.

Der Afghanistan-Krieg und eigentlich schon die Beteiligung der Bundeswehr im Kosovo markieren eine grundlegende Richtungsänderung, was Kriegseinsätze der BRD betrifft. Damals hatte ich das Gefühl, wir stehen an einer Weggabelung und könnten noch den richtigen Weg wählen, nie mehr Beteiligung an Angriffskriegen. Darüberhinaus war mir von Anfang an klar, dass es um Öl geht und nicht um Bin Laden.

Ich hatte keine Probleme durch den offenen Brief. Innerhalb der Kirche wurde diese Aktion von der Frauengleichstellungsstelle in München mitgetragen. Ansonsten wurde sie kaum zur Kenntnis genommen, wie mir scheint. Dennoch würde ich jederzeit wieder so eine Aktion in Gang setzen, wenn ich das Gefühl hätte, ich vertrete eine wichtige Position, die niemand teilt oder die in den Medien totgeschwiegen wird. Der Brief entstand in den ersten acht Wochen nach dem 11.9., als nur zum Krieg getrieben wurde.

An Frau Merkel würde ich daher nicht schreiben. Ich habe nichts zu sagen, was nicht sonst schon gesagt worden wäre.

MM: Und damit sind wir auch bei der bemerkenswert umfangreichen Internetseite über Altbau und Denkmalpflege. Bei genauerem Hinsehen der im ersten Blick etwas unübersichtlich erscheinenden Seite dreht sich vieles nicht nur um Altbauten, sondern auch um die Weltpolitik. Ist das nicht eine ungewöhnliche Kombination?

Konrad Fischer: Das kann man gewiss so sehen. Allerdings ist nach meinem Verständnis das Bauen und Wohnen immer auch eingebunden in eine politische Dimension. Unsere Politiker und Verwaltungen setzen in so vielen Bereichen - und nicht nur beim Bauen - alles daran, auf Kosten der schutzlosen Bevölkerung ihre eigentlichen Auftraggeber - die maßgeblichen Wirtschaftsmächte - und ihr eigenes Streben nach Macht und Geld zufrieden zu stellen. Das verursacht bei mir zum einen Politikerverdrossenheit, zum anderen reizt es den Mut zum Widerstand. Der kann sich im täglichen Handeln, aber auch publizistisch in Leserbriefen und eben auf der Webseite austoben.

Andererseits bin ich durch meine Arbeit an alten Bauten immer auch an Geschichtszeugnissen tätig. Dabei darf ich mir tiefe Einblicke in die Geschichte gönnen, auch in ihre durchaus übliche Fälschung nach jeweils herrschender Meinung. Wenn eine mythologische Staatsdenkmalpflege früher nie dagewesene Bauzustände als wahrheitsheischende "Rekonstruktion" präsentiert, Zeichen unliebsamer Herrschaftsepochen nach zeitgeistigem Belieben löscht und zerbombte Altstadtstrukturen wieder so hinstellt, als wäre nichts gewesen, kommt man schon ins Nachdenken über geschichtliche Wahrheit und die dahinter stehende Politik.

Wer als Bauhistoriker den schöpferischen Einfluss fremder Kulturen von Arabien bis Japan und China kennt, denken wir nur an den europäischen Burgen- und Schlösserbau, kann sich für einen blutigen Kampf der Kulturen nur schwer erwärmen. Die Denkmalpflege lehrt nicht nur den Respekt vor den historischen Bauwerken, sondern auch vor ihren Schöpfern und Bewahrern. Und im denkmalpflegerischen Begriff "Weltkulturerbe" wird klar, dass dieser Respekt global verstanden werden muss.

Ich denke, gerade als historisch bewanderte Kulturschaffende, als traditionsbewusste Deutsche und selbstverständlich auch als Christen steht es uns gut an, gegen Geschichtslügen, Menschenrechtsverletzungen, imperialistisch-zerstörerische Politik, Religionsmissbrauch und Volksverhetzung klar Stellung zu beziehen. Die jüngsten Vernichtungsaktionen gegen Mensch und Kultur im Irak und Heiligen Land, auf dem Balkan, in Afghanistan, bald wohl auch im Iran - inzwischen auch in unserem Namen und auf unsere Rechnung - gehören für mich ebenso dazu wie die Sprengung der herrlichen Buddhastatuen durch die Taliban.

Mich lässt das alles keineswegs kalt. Meine Webseite widme ich deswegen nicht nur der Aufklärung zum Bauthema, sondern teilweise auch den Hintergründen des aktuellen Kriegstreibens. Der Jude Gerard Menuhin, den ich wie den israelischen Friedenskämpfer Uri Avnery als mutigen Moralisten sehr schätze, schrieb unlängst: "Wer den Reichtum der verschiedenen Kulturen bewahren will, darf keine gewaltsame Einmischung betreiben." Genau darum geht es mir.

Wir stehen offenbar am Beginn eines dritten Weltkriegs, jede Stimme zum Frieden, zur Umkehr auf diesem Zerstörungsweg würde gebraucht. Obwohl gerade wir Deutschen unendlich viel unseres geschichtlichen Reichtums in Kriegen verloren haben, ducken sich die meisten von uns wieder ängstlich weg und hoffen, dass der Sturm vorüberzieht.

Unser Dr. Martin Luther hat sich damals vor den Fürstenthron gestellt und seine moralische Position mutig vertreten. Das Endergebnis war nicht gerade ermutigend. Dennoch: Wenn auch meine kleine Webseite weder gegen die skandalöse deutsche und Weltpolitik noch gegen den staatlich geförderten Sanierpfusch im großen und ganzen nichts erreichen kann, soll sie wenigstens mein kleines Sandkorn im fremdgesteuerten Weltgetriebe, mein kleines Apfelbäumchen vor dem Untergang sein. Das ist für mein Gewissen schon mehr als nichts.

Unseren Eltern wurde ja immer vorgehalten, dass sie gegen das Nazitreiben zu wenig unternahmen. Zu Kofferbombenattentaten wie weiland Stauffenberg habe ich allerdings kein Vertrauen. Auch das 5. Gebot - "Du sollst nicht töten" - steht dem entgegen. Also bleibt es beim Schreiben und der Hoffnung, durch Aufklärung am gewaltfreien Wandel mitzuwirken.

MM: Frau Fischer, lesen Sie auch manchmal in der Homepage Ihres Ehemannes? Wie stehen Sie zu seinen außerbaulichen Aktivitäten?

Petra Fischer: Die Homepage meines Mannes kenne ich eher aus Gesprächen mit ihm. Zum Lesen bin ich kaum gekommen. Was die politischen Aktivitäten meines Mannes betrifft, kann ich nicht alle Ansichten teilen, bewundere aber seinen Mut.

MM: Nun leben Sie beide in einer Region Deutschland, über die zumindest der Nichtbayer das Gefühl hat, dass dort die größten Freunde jener Weltpolitik herrschen, die Sie kritisieren. Sind Sie Außenseiter?

Konrad Fischer: Angesichts der vielen Nichtwähler und Wähler des angeblich "kleineren Übels" ist es fraglich, ob man von einer Außenseiterrolle sprechen kann. Gegen den Mainstream, den uns die Politik und nahezu gleichgeschalteten Medien bieten, sage ich mir immer "Nur tote Fische(r) schwimmen mit dem Strom". Insofern würde ich lieber Außenseiter bleiben, als mein Gewissen und meine Überzeugungen aufzugeben.

Petra Fischer: Meiner Ansicht nach vertreten die Freunde jener Weltpolitik nicht die Menschen, so wie wir sie in unserem Umfeld erfahren. Deswegen empfinde ich uns nicht als Außenseiter, wenn auch manchmal als Vorreiter.

MM: Abschlussfrage an beide: Sie sind beide gläubige Christen. Machen Sie sich keine Sorgen um die "Islamisierung" Deutschlands?

Konrad Fischer: Die unbegrenzte Aufnahme von nichtdeutschen Wirtschaftsflüchtlingen, egal welcher Konfession und von wo auch immer, sehe ich kritisch. Die Chance eines friedfertigen Miteinanders kommt durch soziale Spannungen in Gefahr, ein aggressiver Fanatismus kann sich ausbreiten. Und der besorgt uns wohl alle.

Die "Islamisierung" verstehe ich aber auch als Chance. Da viele der islamischen Mitbürger unsere Westbindung noch nicht so verinnerlicht haben, unserem anerzogenen Schuldkomplex und der verewigten Büßerrolle eher skeptisch gegenüberstehen, könnte dies eine offenere Auseinandersetzung mit diesen tabubeladenen Themen befruchten.

Außerdem ist die "Islamisierung" ein Prüf- und Schleifstein für unsere entchristlichte Gesellschaft. Sie befindet sich in galoppierender Auflösung und könnte sich mehr auf ihre Wurzeln besinnen. Auch eine dem Evangelium und dem Kirchenvolk entfremdete und immer zeitgeistigere Kirchenobrigkeit täte etwas Ansporn gut. Wenn schon nicht von Luther, warum nicht von guten Freitagspredigern?

Von Siebenbürgen her - meine Mutter stammt von dort - kenne ich das meist friedfertige Miteinander verschiedenster Religionen. Meine Vorfahren im Karpatenbecken konnten ihr Volkstum mit Religion, Schulwesen und Sprache über viele Jahrhunderte bewahren, auch und gerade unter dem osmanischen Reich.

Im 18. Jahrhundert zogen die josephinischen Reformen die Lehre aus den europaweiten Verfolgungen, Vertreibungen und Vernichtungen, für die sich auch unsere Religion leider missbrauchen ließ, und gewährten den verschiedenen Völkerschaften unter der habsburgischen Krone umfangreiche Freizügigkeiten.

Ein weiteres Vorbild sehe ich in der Aufnahme und Förderung der hugenottischen und anderer Glaubensflüchtlinge durch den aufgeklärten preußischen Staat.

Daher befürworte ich eine kulturelle und religiöse Autonomie auch des Islams bei uns, zumindest aber Anerkenntnis und nicht Unterdrückung oder Zwangsintegration. Nur gegenseitige Toleranz kann uns ja vor heißgekochten Konflikten bewahren.

Für die Umnutzung einer Altstadtruine als islamisches Bethaus fertigte ich vor einiger Zeit die Pläne und nutzte dabei das im Studium vertiefte Verständnis vom islamischen Sakralbau. Mit dem Minarett neben dem Kirchturm und einem offenen religiösen Wettbewerb habe ich also kein Problem. Schon eher mit dem Leerstand und Verfall unserer Gotteshäuser. Sie werden von den schrumpfenden Gemeinden aufgegeben, zumindest vernachlässigt. In Rumänien wechseln die von den ausgesiedelten Siebenbürger Sachsen verlassenen Kirchbauten mehr und mehr die Konfession - und bleiben so erhalten. Das gefällt mir besser, als deren Profanisierung für Sportstätten, Kaufhallen oder sonstwas.

Petra Fischer: Was mir keinen Spaß macht, ist die Vorstellung, dass manche Muslime hier einen Gottesstaat errichten wollen. Ich hänge an meinem christlichen Abendland. Aber viel mehr Sorgen mache ich mir um den Zustand unserer Kirche und die religiöse Ignoranz weiter Teile unserer Bevölkerung.

MM: Herr und Frau Fischer, wir danken für das Interview.

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