Im Namen des Erhabenen  
  Interview mit Dennis Kirstein
 

Muslim-Markt interviewt
Dennis Kirstein, Autor des Buches "Amerikas Terrorkreuzzug"

29.5.2008

Dennis Kirstein, geboren 1980 in Stuttgart, begann bereits mit 16 Jahren sich für Grenzwissenschaften zu interessieren. Im Jahr 1999 trat er erstmals als Veranstalter einer Tagung auf, die UFO-Forscher aller Meinungsrichtungen ansprechen sollte. Die Veranstaltung wurde in der Folge als alljährliches "Cröffelbacher UFO-Forum" bekannt.

In 2000 richtete er in seiner Heimatstadt das erste UFO-Meldebüro im Schwäbischen ein und begann seine Feldforschung am UFO-Phänomen. Ein Jahr später wurde er in den Vorstand von Deutschlands größter UFO-Organisation, der Gesellschaft zur Erforschung des UFO-Phänomens (GEP) e.V., gewählt. Das führte zu Medienauftritten und seiner Erstveröffentlichung "UFO - Anatomie eines Phänomens", worin er allerdings sehr kritisch zahlreiche angebliche UFO-Sichtungen analysiert. Der Blick für reale Zusammenhänge brachte ihn zur u.A. intensiven Analyse des internationalen Terrorismus.

Sein nächstes skeptisches Werk "Aktenzeichen 9/11 - Die ungelösten Rätsel des 11.September 2001" führten auch zu kritischen Beschäftigung mit den Kriegsverbrechen in Afghanistan und dem Irak, sowie mit den Menschenrechtsverletzungen in Guantanamo und überall auf der Welt. Im Mai 2008 erschien sein bisher drittes Buch "Amerikas Terrorkreuzzug - Kriege, Folter und Menschenrechtsverletzungen im 21. Jahrhundert".

Kirstein ist gelernter Industriekaufmann und arbeitet als IT-Systemadministrator im eigenen Unternehmen. Er ist ledig und lebt in Stuttgart.

MM: Sehr geehrter Herr Kirstein. "Glauben" Sie heute noch an Ufos?

Kirstein: An “UFOS“ geglaubt habe ich höchstens in meinen Kinderjahren. Seit mehr als 10 Jahren beschäftige ich mich so wissenschaftlich und seriös wie möglich mit dem Thema. Für die Meisten sind “UFOs“ gleichzusetzen mit außerirdischen Flugobjekten. Das aber ist nur eine Theorie, die uns von Hollywood und dem Boulevard zu eingetrichtert wurde. Hinter dem Begriff UFO steckt zunächst einmal nichts weiter als ein zum Zeitpunkt der Sichtung unidentifiziertes Flugobjekt. UFOs werden daher jeden Tag überall auf der Welt gesichtet. Gerade in Deutschland herrscht seit einem Jahr ein regelrechter Boom mit über 700 gemeldeten Sichtungen. Hinter diesen Meldungen stecken nach gründlicher Recherche jedoch nichts weiter als Ballone, Flugzeuge, astronomische Objekte und nur zu einem winzigen Teil auch tatsächlich Schwindel. Von außerirdischen Flugobjekten also weit und breit keine Spur.

MM: Viel realer sind hingegen die aktuellen Kriege im Irak und Afghanistan. Warum haben Sie in Ihrer kritische Analyse die Handlungen der USA ausgerechnet "Kreuzzug" genannt?

Kirstein: Der religiös fanatische Aspekt zieht sich wie ein roter Faden durch mein neues Buch “Amerikaas Terrorkreuzzug“. Das fängt schon damit an, dass sich George Bush selbst als “wiedergeborenen Christen“ bezeichnet. Viele Mitglieder der beiden Bush-Administrationen seit 2001 pflegen einen christlich-religiösen Fanatismus, der in den USA allgemein auf dem Vormarsch ist. Vor allem in den ländlichen Gebieten des mittleren Westens, der deshalb auch oft als “bibble belt“ (biblischer Gürtel) bezeichnet wird.

Ein trauriges Paradebeispiel eines modernen Kreuzritters stellt dabei Erik Prince dar. Er ist der Eigentümer des Söldnerunternehmens Blackwater, welches im Irak das größte Kontingent privater Soldaten stellt. Leider sind es oft gerade diese Söldner, die für die schlimmsten Kriegsverbrechen der letzten Jahre verantwortlich sind. Erik Prince selbst stammt bereits auch einer christlich-fundamentalen Familie ab und er macht keinen Hehl aus seiner Meinung, dass das Christentum die einzig wahre Religion auf Erden sei. Er spendet Jahr für Jahr an christliche Organisationen, die mit dem Geld unter anderem versuchen in muslimischen Ländern zu missionieren. Seine Wahlkampfspenden gingen in der Vergangenheit hingegen zu 100% immer an die Republikaner, an George Bush.

MM: Der "Kreuzzug" richtet sich ja nicht nur gegen Muslime, sondern auch gegen Christen, z.B. im Libanon oder gegen Russland. In wie weit kann solch eine Handlungsweise überhaupt auf das Christentum bzw. dessen Missbrauch zurück geführt werden?

Kirstein: Die Religion ist ein Aspekt der Ideologie dieser Hardliner. Manche missbrauchen sie um damit Wahlen zu gewinnen, andere wiederum verfolgen tatsächlich die Idee eines modernen Kreuzzugs. Bushs Wahlkampfsiege 2000 und 2004 waren zu einem großen Teil von den Stimmen der religiös-geprägten US-amerikanischen Bevölkerung geprägt. Ohne diese Stimmen hätte er die Wahlen nicht gewinnen können. Auffallend ist, dass es insbesondere Unternehmen mit einer religiös geprägten Führungsebene sind, die nach dem 11. September von den Angriffskriegen der USA profitierten. Als bestes Beispiel kann hier wieder Erik Prince und seine Blackwater-Söldner genannt werden. Hier vermischt sich wirtschaftlicher Erfolg und religiöse Überzeugung zu einem gefährlichen Mix.

Was das Thema Russland angeht, so spielen hier einzig und allein geopolitische Aspekte eine Rolle. Russland ist in den letzten Jahren wieder erstarkt und einigen ehemaligen Kalten Kriegern in Washington wäre es nur allzu recht das Land durch ein Raketenabwehrschild und neue Stützpunkte in Vorderasien in Schach zu halten. Die Achse Moskau-Teheran ist in den Augen mancher Hardliner ein ebenso großer Dorn im Auge.

Ich möchte aber auch hier deutlich machen, dass die Ideologie dieser Menschen nichts mit dem Christentum an sich zu tun hat. Ich finde es nur äußerst bedauerlich, dass von Seiten des Vatikans hier nicht viel entschiedener entgegen getreten wird.

MM: Tun das denn irgendwelche andere Kirchen?

Kirstein: Offensichtlich nicht, nein. Doch gerade von der Katholischen Kirche würde ich mir entschieden mehr Abgrenzung wünschen, da die Bush-Regierung sich nicht selten auf ihren “göttlichen Auftrag“ berief und damit den Glauben von Milliarden von Menschen missbrauchte. Mit ihrem Hauptsitz im Vatikan, und somit mitten in Europa, sollte sie eine größere Rolle in der Zusammenfindung von muslimischen und christlichen Glauben in Europa einnehmen. Dass beide Weltreligionen gemeinsam Hand in Hand miteinander existieren können, sehe ich tagtäglich in meinem Freundeskreis. Das einfache Volk ist den Großen scheinbar schon einen gewaltigen Schritt voraus.

MM: Sie nehmen kaum ein Blatt vor dem Mund, wenn Sie über die der beiden Amtszeiten des US-Präsidenten George W. Bush schreiben. Dennoch sind Ihre Erkenntnisse bezüglich der Verbrechen der heutigen USA eigentlich kein Geheimnis. Warum schreiben Sie etwas so klar und eindeutig, was andere zwar wissen bzw. wissen könnten, aber dennoch sich nicht trauen, es so klar darzulegen?

Kirstein: Das Schreiben über diese Themen bedeutet für mich auch stets eine Art Selbsterkenntnis. Ich schreibe, um mir gleichzeitig selbst klar zu werden, was in dieser unserer Zeit schief läuft. Das Ganze entwickelt sich dann zu einem Selbstläufer und je mehr ich den Themen auf den Grund gehe, desto mehr habe ich das Bedürfnis mein Wissenszuwachs auch anderen zur Verfügung zu stellen. Ich zähle mit meinen 27 Jahre sicherlich noch zu einer jungen Generation, muss aber gerade auch im Freundes- und Bekanntenkreis feststellen, wie wenig allgemein über die Verbrechen in Guantanamo oder über die Folterkammern der CIA bekannt ist. Die Menschen heutzutage schalten ihren Kopf allzu oft nur noch auf Durchzug und beschäftigen sich nicht intensiv mit einem Thema. Ich möchte mit meinen Büchern komplizierte Zusammenhänge möglichst einfach wiedergeben und erhoffe mir dadurch eine Leserschaft anzusprechen, die ansonsten nicht zu einem politischen Sachbuch greifen würde. Das ich dabei klar und ohne Umschweife schreibe, liegt in meiner Natur. Ich bin ein Mann der deutlichen Worte.

MM: Nun sind Sie Bürger eines Staates, dessen Führung heute den aller engsten Schulterschluss mit den USA ausübt. Wie viel Mitschuld laden wir uns damit allesamt auf?

Kirstein: Eine gute Frage. Gleichfalls könnte man zu bedenken geben, wie demokratisch ein Land wie Deutschland denn tatsächlich ist. Würde es Volksabstimmungen geben, ob man als Land in einen Krieg ziehen sollte oder nicht, in Deutschland wären damit keine Mehrheiten mehr zu gewinnen. Sind die Volksvertreter aber erst einmal gewählt, genießen sie für die laufende Legislaturperiode aber geradezu Narrenfreiheit.

Für mich persönlich kann ich erst einmal keine Mitschuld erkennen. Schon gar nicht, da ich keine dieser politischen Parteien überhaupt in Erwägung ziehen würde, sie zu wählen. Als Bürger meines Landes aber besitzen wir mit Sicherheit eine gewisse Mitschuld. Die ganze Welt schaut mehr oder weniger stillschweigend weg, wenn in Guantanamo ohne jegliche Rechte Unschuldige über Jahre hinweg gefangen und misshandelt werden. Nach dem zweiten Weltkrieg hat man sich geschworen “Nie wieder. Nie wieder wegsehen“. Doch was ist jetzt? Niemand stemmt sich ernsthaft gegen die Supermacht USA, obwohl es gerade die Europäische Union sein müsste, die als nahe stehender Partner und größter Im- und Exporteur von Wirtschaftsgütern die Rolle des Mahners übernehmen müsste. Doch leider ist es nicht so. Die Wirtschaft und das Kapital bestimmen den Kurs und nicht die Moral.

MM: Kommen Sie sich manchmal vor wie das Kind, das bei des Königs neuen Kleidern laut rausbrüllt, dass der König nackt ist, nur mit dem Unterschied, dass bei Ihnen das Volk auch danach noch weiter aus Angst schweigt?

Kirstein: In Deutschland bzw. in ganz Europa hat sich in den letzten Jahren schon ein gewisser Anti-Amerikanismus breit gemacht. Wobei mir das Wort überhaupt nicht gefällt. Denn anti-amerikanisch sind eher die Taten Washingtons: Zerschlagung von Demokratie, Unterdrückung von Menschenrechten, Entzug von Freiheit etc.

Ich würde also nicht von Angst in der Bevölkerung sprechen. Diejenigen, die sich mit Politik beschäftigen, haben durchaus genug Verstand um zu erkennen, dass der Washingtoner Weg nicht der richtige ist. Das Problem sehe ich vielmehr in unserer heutigen Medienlandschaft, die in einer Informationsüberflutung gipfelt, weshalb viele Menschen mit dem täglichen Input an News gar nicht mehr hinterherkommt und deshalb auf Durchzug schaltet. Zudem kommt, dass in gewissen Medien die Selbstzensur eingesetzt hat und man sehr einseitig berichtet. Es ist ganz einfach das Unwissen bzw. das Wegschauen vor Problemen, dass unsere heutige Gesellschaft prägt.

MM: Was aber kann der Einzelne schon tun, um sich dagegen zu engagieren, es kann ja schließlich nicht jeder Autor werden?

Kirstein: Informieren lautet hier das Zauberwort. Man muss nur hinschauen wollen und sich auch Abseits des Medienmainstreams ein Bild machen. Ich rate in meinem Freundeskreis stets zur Weiterbildung. "Geht doch mal in eine Moschee, erlebt dort die Atmosphäre und lasst euch über den Islam erzählen." Gleichzeitig wünsche ich mir aber auch in manchen Teilen der muslimischen Bevölkerung in Deutschland mehr Integrationswillen. Jeder muss vom anderen lernen, Brücken müssen gesponnen werden. In meinem Bekanntenkreis funktioniert das sehr gut, deshalb hört bei uns schon lange niemand mehr auf das, was uns aus den Medien berichtet wird. Nur gemeinsam ist es möglich, dem Fundamentalismus in all seinen Formen keinen Nährboden zu bereiten. Es liegt also an jedem einzelnen, sich zu informieren und das Wissen weiterzugeben an Freunde, Verwandte oder Kinder.

MM: Zurück zur Eingangsfrage; können Sie sich vorstellen, dass diese ganze Vorstellung bezüglich außerirdischen UFOs ganz bewusst "geschürt" wird, um Menschen zumindest Hoffnung aus dem Weltall zu geben, wenn schon kaum Hoffnung irdischerseits zu bestehen scheint?

Kirstein: In machen Kreisen ist das sicherlich der Fall. Ich spreche hier speziell von UFO-Sekten wie der RAEL-Bewegung. In diesen Kreisen wird das Ende der Menschheit propagiert und gleichzeitig die Erlösung durch eine außerirdische Macht. Auch in den Lehren der Scientology spielt dies eine Rolle. Was aber den normalen UFO-Interessierten angeht, kann diese Theorie nicht angewandt werden. Auch nicht auf die Weltraumbehörden wie NASA oder ESA. Wenn hier von Zeit zu Zeit von sensationellen Entdeckungen rund um außerirdisches Leben zu lesen ist, dann gilt dies stets nur zur Gewinnung von neuen Forschungsgeldern von Staaten und privaten Sponsoren.

MM: Was sind ihre nächsten Projekte?

Kirstein: Ich komme gerade erst von einer 14-tägigen Forschungsreise aus der Türkei zurück. Ich habe mir im Süden Anatoliens einige antike Stätten der Griechen und der Römer angeschaut und werde meine Erlebnisse für einen Bericht auf meiner Webseite aufbereiten.

Ansonsten bin ich nun auch erst einmal froh, dass die Arbeiten an meinem neuen Buch nun abgeschlossen sind. Da ich berufstätig bin, geschah die Arbeit daran stets an Abenden und Nächten in meiner Freizeit.

Mit großem Interesse verfolge ich die derzeitigen Vorwahlen in den USA und erhoffe mir durch einen Wahlgewinn von Barack Obama zumindest eine kleine Entspannung in der Weltpolitik. Mit Sicherheit werde ich auch in den kommenden Jahren das politische Auftreten der USA auf der Weltbühne verfolgen und wenn es dabei erneut zu Schandtaten kommt, diese auch in klaren Worten benennen. Vielleicht auch in einem neuen Buch. Das wird die Zukunft und das Handeln der nächsten US-Regierung zeigen.

MM: Herr Kirstein, wir danken für das Interview.

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