MM: Sehr geehrter Herr Michael Opperskalski,
sie gehören noch zu der Generation, die mit dem Begriff
Befreiungstheologie in Nicaragua etwas anfangen kann. Was hat sich
seither an dem Imperialismus der USA gegenüber Mittelamerika verändert?
Opperskalski: An diese Zeiten kann ich mich
noch sehr gut erinnern, zumal ich persönlich nach dem Sieg der
sandinistischen Revolution in Nikaragua war und dort Vertreter der
Befreiungstheologie treffen durfte. Meine persönlichen und
journalistischen Erfahrungen in diesem Land wie auch in Mittelamerika
und der Karibik waren für mich ein sehr intensives Lernen, das an andere
Erfahrungen anknüpfte und mein Leben bis heute geprägt hat. Am
grundlegenden Charakter des US-Imperialismus hat sich nichts
Wesentliches geändert, aber inzwischen leben wir in der Periode der so
genannten „Neuen Weltordnung“, die gerade in den letzten Jahren von zwei
Elementen bestimmt wird, was sie von den Zeiten meiner Besuche in
Mittelamerika und der Karibik unterscheidet.
MM: ... und die wären?
Opperskalski: Das ist zum einen der
tendenzielle Niedergang des früher absolut dominierenden US-Imperiums
auf politischem, ökonomischem und sogar militärischem Gebiet und damit
die immer stärker werdende Rolle imperialistischer Konkurrenten aus dem
Westen, wie auch der Bundesrepublik Deutschland. Zum anderen spielen
dabei die unterschiedlichsten Kräfte des Widerstandes eine immer
bedeutendere Rolle. Dies sind in Lateinamerika Länder wie Venezuela,
Bolivien, Ekuador, Kuba und Nikaragua; im Nahen und Mittleren Osten ist
dies die „Achse des Widerstands“. Das alles bedeutet für das Land und
die Region, auf die Sie mich ansprachen, eine Fortführung der
verschiedensten Versuche des pro-westlichen Regime Change – auch in
Nikaragua – mit allerdings mehr operativen „Spielern“ als in früheren
Zeiten. Hatte man es in Managua oder Havanna in den „alten Zeiten“ in
erster Linie mit den USA zu tun, die mit allen Mitteln versuchten, den
von ihr so abfällig bezeichneten „Hinterhof“ unter Kontrolle zu halten,
so sind heute auch die US-Konkurrenten aus Europa in der Region aktiv,
um sich dort ein „Stück vom Kuchen“ abzuschneiden. Was jedoch geblieben
ist, sind ökonomische Ausbeutung, Korruption, massive
Geheimdienstaktivitäten von Mediendesinformationen bis hin zu
Mordanschlägen und Putschversuchen!
MM: Sie haben bereits im Jahr 1982 das
erste Buch in deutscher Sprache herausgebracht über die Machenschaften
der CIA im Iran, das auf die Dokumente zugreifen konnte, welches die
Studenten aus den damaligen Papierschreddern in mühevoller Kleinarbeit
wieder zusammengesetzt hatten. War die Islamische Revolution im Iran,
die drei Jahre zuvor den Schah vertrieben hat, aus Ihrer Sicht eine Art
Wendepunkt in der Geschichte des westlichen Imperialismus?
Opperskalski: In der Tat, aber vor allem
in Verbindung mit dem Sieg der Islamischen Revolution im Iran 1979.
Diese Revolution war im vergangenen Jahrhundert - neben der
Oktoberrevolution in Russland 1917 – das bedeutendste lebendige Zeugnis
dafür, dass ein Volk in der Lage ist, einen noch so brutalen und
scheinbar überlegenen Gegner zu besiegen, wenn es im Willen, der Tat und
Überzeugung möglichst einig ist, wobei die Führung eine ganz besondere
Rolle spielt. Im Iran war dies Imam Chomeini! Das durch die Revolution
gestürzte faschistische Schah-Regime war nicht nur eine Marionette der
USA, sondern vor allem auch der nordamerikanische Gendarm im Nahen
Osten. Dementsprechend agierte es auch mit buchstäblich allen Mitteln.
Das mit Teheran in diesen Zeiten auf das engste liierte zionistische
Regime in „Israel“ funktionierte komplementär im Sinne Washingtons.
Dieses imperialistische Instrumentarium wurde durch den Sieg der
Islamischen Revolution zerbrochen und seither dient der Iran als
wesentlicher Bestandteil der „Achse des Widerstands“ – neben der
libanesischen Widerstandsorganisation Hezbollah, Syrien, den kämpfenden
Palästinensern oder den revolutionären Kräften im Jemen – als
Orientierungspunkt für Viele, die Widerstand leisten wollen. Von daher
sind zum Beispiel auch die guten Beziehungen Irans mit Venezuela oder
Nikaragua verständlich. Das macht es ebenso erklärlich, dass der
imperialistische Westen bis heute und wieder einmal mit allen Mittel
versucht, die Entwicklung im Land um 180 Grad zurückzudrehen, um Teheran
wieder auf „alten Kurs“ wie zu Zeiten des Schahs zu bringen.
MM: Was sind die Folgen?
Opperskalski: Das geht von militärischer
Aggression bis hin zu Mordanschlägen, medialen Schmutzkampagnen bis hin
zu wirtschaftlichen Destabilisierungen. Nicht zu unterschätzen sind
dabei jene Kräfte im Iran, die ihre westlichen Vorbilder anhimmeln und
zum Teil sogar bereit sind, sehr bewusst ihre Auftragsgeber in
Washington, London, Paris oder Tel Aviv bei der Umsetzung
destabilisierender Operationen gegen ihre Heimat zu unterstützen. Über
diese Szenarien gibt es inzwischen ungezählte Beweise und Enthüllungen.
Manches davon stammt auch aus meiner Feder…
MM: Wie kam es zur Gründung des Magazins
GEHEIM, was war Ihre Motivation?
Opperskalski: Die Gründung des Magazins
GEHEIM steht tatsächlich im Zusammenhang mit dem Sieg der Islamischen
Revolution im Iran und der kurz darauf erfolgten Besetzung der
US-Botschaft in Teheran – auch “Netz der Spione“ genannt – durch
revolutionäre islamische Studenten, denen eine Unmenge von geheimen
CIA-Dokumenten in die Hände gefallen waren. Ich konnte 1979 den Iran
besuchen und sprach sehr intensiv mit den revolutionären islamischen
Botschaftsbesetzern, die mir viele der erbeuteten Dokumente übergaben,
die überzeugende Beweise für die jahrzehntelangen blutigen und
terroristischen CIA-Operationen gegen den Iran sind. Man bat mich,
diese, soweit es geht, zu veröffentlichen und versprach zugleich, mir
noch mehr Material zukommen zu lassen. Das geschah dann auch. Schon von
meinen ersten Veröffentlichungen hörten die Sandinisten in Nikaragua,
die es ja mit dem gleichen Feind und seinen skrupellosen Aktivitäten zu
tun hatten. Man bat mich deshalb, mit möglichst vielen der in Teheran
gefundenen CIA-Dokumenten (in Kopie) nach Managua zu kommen, um mit
Hilfe einer akkuraten Analyse dieses Materials konkrete
Abwehrmechanismen gegen Destabilisierungen unterschiedlichsten
Charakters entwickeln zu können. So landete ich also in Managua…
MM: ... wie ging es in Managua weiter?
Opperskalski: Dort war ich nicht nur
hinsichtlich der Dokumentenanalyse behilflich, sondern traf außerdem
noch Kollegen aus den USA, die seinerzeit für die beiden
geheimdienstkritischen (und damit Anti-CIA) Publikationen „CovertAction
Information Bulletin“ und „CounterSpy“ arbeiteten. Denen war gerade
durch die neue US-Administration unter Ronald Reagan mit einem eigens
geschaffenen Gesetz („Identities Protection Act“) Teile ihrer
Publikationstätigkeit illegalisiert worden. Noch vor meiner
Nikaragua-Reise war ich in der BRD mit dem exilierten ehemaligen
CIA-Agenten Philip Agee in Kontakt gekommen, mit dem sich in der
Folgezeit eine rege Zusammenarbeit entwickelte. Mit alledem landete ich
inmitten von spannenden, anstrengenden und herausfordernden
Diskussionen, in denen es im Kern darum ging, zu prüfen, ob es in der
BRD möglich wäre, die in den USA verbotenen journalistischen Projekte in
irgendeiner Form in diesem Land fortzuführen.
MM: War es möglich?
Opperskalski: Am Ende kam 1985 (!) das
Magazin GEHEIM dabei heraus, das wie zu den Gründerzeiten das Ziel
verfolgt, unabhängig und unbequem Selbsthilfe für Alle zu geben, die
sich gegen schmutzige Tricks von Geheimdiensten, Destabilisierungen oder
Mediendesinformationen aktiv wehren wollen. Das hält uns jung, trotz
einiger Jahrzehnte auf dem Buckel und ist zugleich nur eine sehr
gekürzte Version einer viel längeren Geschichte. Wer mehr erfahren will,
der gehe einfach auf unsere Webseite
www.geheim-magazin.de.
MM: Seither sind Sie viel umhergereist,
darunter auch in den Libanon und hatten auch keine Berührungsängste mit
Vertreter der Hizbullah zu sprechen. Das hat Ihnen unter anderem den
Vorwurf des Antisemitismus eingebracht. Wie gehen Sie damit um?
Opperskalski: Wie soll man mit
Medienkampagnen umgehen, zumal es Belege für ihre Urheber gibt, frage
ich Sie umgekehrt? Tatsache ist, und das ist belegbar, dass die Urheber
dieser „Vorwürfe“ letztlich in Tel Aviv beim MOSSAD sitzen und sich
dabei willfähriger Spannmänner auch in Deutschland bedienen. Das
zionistische Regime in „Israel“ und sein Geheimdienst MOSSAD sind von
ihrem Charakter her terroristisch. Bei der libanesischen
Widerstandsbewegung Hizbullah handelt es sich um eine tatsächliche
Befreiungs- und Anti-Terrororganisation. Sehr viele ihrer ideologischen
und politischen Überzeugungen erinnern frappierend an die von Ihnen zu
Beginn des Interviews erwähnte Befreiungstheologie. Daher ist sie von
Beginn ihrer Gründung an das Ziel von gezielten Terror- und
Mordaktionen; das zionistische Regime „Israels“ hat sogar mehrere Kriege
gegen Hizbullah geführt, um diese Befreiungsorganisation als Hoffnung
und Kristallisationskern für ungezählte Menschen in der gesamten Region
zu zerschlagen. Darüber zu informiere sehe ich als meine Aufgabe und
gehe genau auf diesem Weg mit dem von Ihnen erwähnten „Vorwurf“ um!
MM: Auf Ihrem Facebook-Account hält eine
dunkel gekleidete Muslima ihre Hand hoch mit dem Peace-Zeichen und hält
darin unübersehbar ein Foto von Imam Chamene'i. Fürchten Sie nicht als
Sympathisant des "Mullah-Regimes" diffamiert zu werden?
Opperskalski: Wieso sollte ich das
fürchten, kenne ich doch die Urheber solcher Diffamierungen? Gehen wir
dem auf dem Grund, finden wir wieder zionistische Kreise und deren
Anhänger, zusätzlich jedoch auch exil-iranische Kräfte, die nachweislich
willfährige Instrumente des Westens, teilweise auch mit terroristischem
Hintergrund, sind. Mit der Formulierung „Mullah-Regime“ bewegen Sie
sich, sicherlich ungewollt, auf den Pfaden derjenigen, die die
Islamische Republik Iran mit Schmutzkübeln an übler Propaganda
überziehen. Also habe ich Nichts in dieser Hinsicht zu fürchten,
allerdings sehr offensiv und begründet damit umzugehen, dass ich in der
Tat ein bekennender Sympathisant der Prinzipien des Islamischen
Revolution im Iran bin. Das Bild auf Facebook, dass Sie ganz konkret
ansprechen, finde ich einen sehr schönen Ausdruck für die lebendigen
Aspekte der Islamischen Revolution im Iran, die diametral zu den
Propagandabildern stehen, die leider in westlichen Ländern orchestriert
werden!
MM: Nun gilt bekanntlich ein Sympathisant
der Islamischen Republik Iran in Deutschland als Verfassungsfeind.
Gleich in mehreren Verfassungsschutzberichten wurde die Sympathie zum
System der Islamischen Republik Iran als Opposition zu Westlichen Werten
beschrieben und die Anhänger als Verfassungsfeinde. Sind Sie ein
Verfassungsfeind?
Opperskalski: Wer definiert diese
angebliche „Verfassungsfeindlichkeit“? der so genannte
„Verfassungsschutz“, der Teil einer Struktur bundesdeutschen
Sicherheitsstruktur ist. Diese ist ganz real und in ihrer Geschichte wie
auch aktuell bräunlich gefärbt. Die Gründungsväter des so genannten
„Verfassungsschutz“ waren Nazi-Verbrecher aus SS und Gestapo; der Dienst
hat seither bis heute immer wieder mit nazistischen Agent Provokateur
zusammengearbeitet, diese gelegentlich gar gefördert. Entsprechende
Skandale durchziehen die vergangen Jahrzehnte. Das wiederum macht es
verständlich, aber natürlich unverzeihlich, dass der so genannte
Verfassungsschutz sehr eng mit dem Geheimdienst SAVAK des gestürzten
faschistischen Schah-Regimes zusammengearbeitet hat und in diesen Tagen
aktiv anti-iranische Terror-Kräfte wie der PJAK oder der so genannten „Volksmodjahedin“
logistische unterstützt. Kurzum: Um die Demokratie und die Verfassung in
der BRD tatsächlich und wirksam zu schützen, ist dieser so genannte
Verfassungsschutz ersatzlos aufzulösen und juristische Untersuchungen
gegen seine Verantwortlichen einzuleiten! Ich selber werde seit
Jahrzehnten von unterschiedlichen operativen Maßnahmen der
bundesdeutschen Geheimdienste überzogen. Diese bringen mich aber nicht
zum Schweigen! Wer kämpft, der kann verlieren. Wer jedoch nicht kämpft,
der hat schon verloren! Allah ist jedoch mit den Standhaften!
MM: Herr Opperskalski, wir danken für das
Interview.
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