MM: Sehr geehrter Prof. Podbielski, sie
waren Gutachter im so genannten Masern-Prozess beim Landgericht
Ravensburg, in dem ein Mikrobiologe demjenigen 100.000 Euro zahlen
wollte, der die Existenz von Masern-Viren in einer Publikation
nachweist. Als ein Medizinstudent nach Vorlage entsprechender
Veröffentlichungen das Geld versuchte einzuklagen, kam es zum Prozess.
Nach einer Berufung vor dem OLG Stuttgart und einer abgewehrten Revision
vor dem BGH muss der Angeklagte nicht zahlen; gibt es denn keine
Masern-Viren?
Prof. Podbielski: Das Landesgericht sah
durch die Vorlage von sechs Fachartikeln die Existenz von Masernviren
als hinreichend erwiesen an. In den folgenden Prozessen ging es dann um
semantische Spitzfindigkeiten – der Beklagte hatte initial die Belohnung
für einen Artikel ausgelobt, der Kläger hatte aber sechs angebracht.
Tatsächlich gibt es weit mehr als 10.000 Fachartikel zum Thema
Masernvirus von Wissenschaftlern aus aller Welt – allein hier zu
glauben, diese hätten sich alle über Jahrzehnte hinweg verschworen um
die Welt zu belügen, belegt wenig Realitätssinn. Das Masernvirus ist in
seiner genomischen Struktur komplett aufgeklärt, wenn man wollte könnte
man es synthetisch im Reagenzglas herstellen. Für jeden ernsthaften
Experten ist allein dies ein unumstößlicher Beweis.
MM: Und die Masernimpfung basiert auf
diesen Erkenntnissen?
Prof. Podbielski: Die Masernimpfung, die
auf diesen Kenntnissen beruht, arbeitet mit lebenden abgeschwächten
Masernviren. Mit der Impfung wurde in den letzten Jahrzehnten das Leben
von Millionen Kindern nicht zuletzt in der islamischen Welt gerettet –
spätestens das sollte noch Zweifelnde überzeugen. Eine Impfung mag nicht
ganz ohne unerwünschte Wirkungen sein, sie ist aber in jedem Fall um
Größenordnungen harmloser als eine Infektion mit dem eigentlichen
Erreger. Zudem: in den Zeiten, in denen jede Firma dieser Welt vor einem
amerikanischen Gericht auf Milliarden von Dollar Schadensersatz verklagt
werden kann, werden sich Pharmafirmen besonders hüten, ernsthaft
schädliche Impfstoffe auf den Markt zu bringen – immerhin werden diese
an gesunde Menschen verabreicht, und niemand ist klagefreudiger als ein
Gesunder, der durch medizinische Handlungen krank gemacht wurde.
MM: Wem empfehlen Sie eine
Masern-Impfung und wem nicht?
Prof. Podbielski: Für die Masernimpfung
wie auch für alle anderen zugelassenen Impfungen gibt die Ständige
Impfkommission (Stiko) am Robert-Koch-Institut (die oberste
Bundesbehörde des Bundesgesundheitsministeriums) jedes Jahr erneuerte
Empfehlungen heraus. Die sollte jeder Arzt peinlich genau beachten, wenn
er Menschen impft.
Die Masernimpfung ist eine sogenannte
Lebendimpfung mit vermehrungsfähigen, aber abgeschwächten Masernviren.
Sie wird in einer Dreierkombination mit Mumps- und Rötelnviren bzw. in
einer Viererkombination mit zusätzlich Windpockenviren angeboten.
Typischerweise sollen Kinder ab dem Alter von 11 Monaten bis zum
Erreichen von 2 Jahren zwei Mal geimpft werden. Dies geschieht
glücklicherweise in Deutschland besser als in der Vergangenheit – ca.
98% aller Kinder erhalten die erste Impfung. Leider hapert es noch an
der Wahrnehmung der zweiten Impfung, hier bewegen sich die Zahlen nur um
die 90%. Für eine mögliche Ausrottung der Masern müssen wir es schaffen,
dass beide Impfungen an mindestens 96% der Kinder verabreicht werden.
Dass so etwas möglich ist, belegt die Ausrottung der Pocken und die kurz
bevorstehende Ausrottung der Kinderlähmung (Polio).
MM: Und wer soll nicht geimpft werden?
Prof. Podbielski: Die Stiko gibt auch
genau an, wer nicht geimpft werden sollte – Kinder mit angeborenen oder
erworbenen ausgeprägten Immunschwächen und Schwangere gehören dazu.
MM: Wie ist es mit anderen Impfungen wie z.B.
gegen Kinderlähmung?
Prof. Podbielski: Der durch die Stiko
definierte Katalog an Impfungen umfasst alle, die in Deutschland
zumindest für einen Teil der Bevölkerung vernünftig und
nachgewiesenermaßen unschädlich bzw. frei von schweren Nebenwirkungen
sind. Darunter gibt es Impfungen, die nur für bestimmte Berufsgruppen
oder für Reisende sinnvoll sind. Für alle Menschen in Deutschland
empfehlenswert sind die 4 oben genannte Lebendimpfstoffe sowie der im
ersten Lebensjahr zu verabreichende Kombi-Totimpfstoff gegen Polio,
Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Hepatitis B und Haemophilus influenzae.
Die Lebendimpfstoffe schützen wahrscheinlich ein Leben lang, die
Totimpfstoffe müssen in bestimmten Abständen (5–10 Jahre) nachgeimpft
werden. Für besonders anfällige Kinder sowie für Senioren empfiehlt sich
die Influenza (Grippe)- und Pneumokokken-Impfung. Ferner sollten alle
Kinder (auch die Jungs) bis zur Pubertät gegen Papillomaviren
(Warzenviren) geimpft werden. Auch wenn einzelne Impfstoffe nicht jeden
Geimpften vollständig gegen eine entsprechende Infektion schützen – so
verläuft dann die Infektion bei diesen weniger dramatisch. Grundsätzlich
gilt: Jede Infektion mit dem Orginalerreger birgt um Größenordnungen
mehr Gefahren als eine Impfung. Und diese Gefahren umfassen dauerhafte
Behinderung, Verstümmelungen und den Tod, auch in den Zeiten moderner
Medizin !
Bei dieser Gelegenheit: ich habe meinen Sohn
gegen alle oben genannten Erreger impfen lassen und sehe zu, dass meine
Impfungen immer auf dem neusten Stand sind.
MM: Haben Sie Verständnis für
Impfskeptiker, die angesichts der Profitsucht mancher Pharmakonzerne
nicht immer vom Nutzen einer Impfung überzeugt sind bzw. Zweifel wegen
der Risiken haben?
Prof. Podbielski: Angesichts der
erdrückenden Fakten, die von ständig von medizinischen Profis rings um
die Auswirkungen von Impfungen ermittelt werden – sei es zu deren
Nutzen, sei es zu den ausgelösten Schäden, frage ich mich woher die
Impfgegner ihre Kompetenz nehmen, Zweifel anzubringen. Der oben genannte
Mikrobiologe im Masernprozess ist kein Arzt, hat außer für seine
Doktorarbeit (pikanterweise über Pflanzenviren) nie wissenschaftlich und
soweit im Internet erkennbar auch nie im medizinischen Bereich oder in
einer einschlägigen Firma gearbeitet – für mich keine Qualifikation, um
Profis auf Augenhöhe entgegenzutreten.
MM: ... und die Profitsucht mancher
Pharmakonzerne)
Prof. Podbielski: Der Willen zum Profit
ist bei Pharmafirmen unzweifelhaft vorhanden, nur kann das jede abstruse
Verschwörungstheorie begründen? Es gilt weiterhin das oben genannte: Der
Verkauf von schädlichen Impfstoffen bewirkt die Pleite einer Firma und
keinen Profit.
MM: Gibt es Unterschiede im
Impfverhalten zwischen den sozialen Schichten und/oder ethnischer
Herkunft?
Prof. Podbielski: Zunächst gibt es
Unterschiede zwischen Deutschland und der restlichen Welt – in anderen
Staaten werden Impfungen offenbar weit eher als Segen gesehen als hier.
Das liegt daran, dass wir in Deutschland eine sehr gute medizinische
Versorgung haben, die dazu führt, dass der einzelne nicht mehr in seiner
unmittelbaren Umgebung erleben muss, wie elend man an banalen
Infektionen erkranken und versterben kann. Dies begünstigt ein
Luxusdenken in dem Sinne dass Impfungen überflüssig oder gar schädlich
seien. Hinzu kommt ein stetig zunehmender Egoismus, der offenbar noch
nicht einmal vor den eigenen Kindern halt macht - denn am Ende erkranken
die Kinder und nicht die Eltern, die über die Impfung entscheiden. Mit
einer Impfung schützt man aber nicht nur die eigenen Kinder, sondern die
anderen Kinder, die wegen einer Grunderkrankung nicht geimpft werden
können. Für mich korreliert in Deutschland bezeichnenderweise die Höhe
des Durchschnittseinkommens eines Bundeslandes mit der Zahl der
Impfgegner – diese ist nämlich in Bayern und Baden-Württemberg am
höchsten. Mir liegen dagegen keine Erkenntnisse vor, dass die Religion
oder die ethnische Herkunft bei der Impfgegnerschaft eine Rolle spielt.
MM: In wieweit ist die
Flüchtlingsproblematik in Bezug auf vorbeugende Impfungen ein Thema?
Prof. Podbielski: Soweit Flüchtlinge aus
einem Land mit schlechter medizinischer Versorgung kommen, fehlen bei
diesen ggf. Impfungen und sollten in Deutschland schleunigst nachgeholt
werden, egal wie alt die Flüchtlinge sind.
MM: Sie haben gleich zwei Fächer
studiert, in zwei Fächern promoviert und darauf aufbauend eine
Vorzeigekarriere absolviert. Was empfehlen Sie jungen Leuten, die heute
mit dem Studium der Medizin beginnen?
Prof. Podbielski: Das Problem besteht
maßgeblich vor Aufnahme des Studiums – es ist sehr schwer einen
Studienplatz zu bekommen. Aber es lohnt sich – Medizin ist eine tolle
Angelegenheit mit extrem vielen verschiedenen
Beschäftigungsmöglichkeiten in Deutschland und im Ausland und mit einer
auch in Zukunft hohen Arbeitsplatzgarantie. Allerdings sind weder
Studium noch Arbeit ein Zuckerschlecken, den Durchhaltewillen und die
Belastungsfähigkeit muss man schon mitbringen.
MM: Herr Prof. Podbielski, wir danken
für das Interview. |