Im Namen des Erhabenen  

  Interview mit S.-H. Shahrokny

 

Muslim-Markt interviewt
Seyyed-Hedayatollah Shahrokny, Leiter des deutschsprachigen Senders Parsnews i. R.
25.3.3018

Seyyed-Hedayatollah Shahrokny, Jg. 1949, geboren in Dezful (Iran), hat das Gymnasium in seiner Geburtsstadt absolviert.

Ende 1974 kam er noch Deutschland und blieb hier bis 1990. In dieser Zeit absolvierte er das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Goethe-Universität (Frankfurt am Main). Aus dieser Zeit stammen auch seine vorzüglichen Deutschkenntnisse.

Im Jahr1990 kehrte er in die Islamische Republik Iran zurück und war bis 1998 in der freien Wirtschaft tätig. Ab Anfang 1998 bis zu seiner Pensionierung  Mitte 2017 war er als Übersetzer und Journalist bei der staatlichen iranischen Rundfunk- und Fernsehanstalt im deutschsprachigen Programm tätig, davon die letzten sieben Jahre als dessen Leiter.

Seyyed-Hedayatollah Shahrokny ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Teheran.

MM: Sehr geehrter Herr Shahrokny, Sie sind seit einigen Monaten im Ruhestand. Wie viel Ruhe und Abstand finden Sie zum Sender, den Sie sieben Jahre geleitet haben?

Shahrokny: Ja, so ist es. Ich bin seit genau dem 01. Khordad 1396 (22. Mai 2017) im Ruhestand. Das bedeutet aber keinesfalls, dass ich mich aus dem aktiven Leben zurückgezogen hätte. So ist es nicht. Ich gehe ein-, zweimal in der Woche in die Redaktion, denn ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu den alten Kolleginnen und Kollegen. Außerdem tue ich für den Sender auch etwas, abgesehen davon, dass ich auch von Zuhause aus Einiges mache.

MM: Während Ihrer Tätigkeit als Journalist, ist es Ihnen gelungen, Interviews mit einer Reihe von wichtigen Persönlichkeiten aus der Politik, Wissenschaft, Religion, Kultur und Medien zu führen. Wer waren die bekanntesten?

Shahrokny: Ich bin sehr dankbar für die vielen Interviewpartner im Laufe der Zeit. Dazu zählen unter anderem der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Ex-Außenminister Joschka Fischer, Ex-Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung, die damalige Grünen-Vorsitzende Frau Claudia Roth, der Philosoph Hans-Georg Gadamer, Kardinal Christoph Schönborn aus Österreich mit dem ich mehrere Interviews führen durfte, unzählige Interviews mit dem inzwischen verstorbenen Dr. Peter Scholl-Latour, Dr. Peter Gauweiler, Willy Wimmer und dem langjährigen palästinensischen Vertreter in Deutschland Abdullah Frangi, um nur einige zu nennen.

MM: Erzählen Sie uns einige besonders eindrucksvollen Erinnerungen aus Ihren Interviews?

Shahrokny: Es gibt eine Reihe von Erinnerungen, die ich hier, in diesem Interview, nicht alle erzählen kann, denn das würde den Rahmen des Interviews sprengen. Aber vielleicht zwei Erinnerungen, an die ich immer wieder denke, und die ich gelegentlich erwähne, wenn ich so ähnlich gefragt werde, wie Sie mich eben fragen:

In der Amtszeit von Präsident Chatami, hat man viel über das Thema „Dialog der Kulturen und Zivilisationen“ gesprochen. Uns, in der Redaktion, war es sehr gelegen, das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu behandeln und zu beleuchten. Es ging also darum, Philosophen, möglichst Deutsche, zu finden und zu interviewen, die das Thema „Dialog“ auch wirklich darstellen können.

MM: Wenn haben Sie dann gefunden?

Shahrokny: Wer war unter den zeitgenössischen Philosophen besser, als der renommierte Philosoph Hans-Georg Gadamer. Es war dann nicht schwierig, ihn ans Telefon zu bekommen und mit ihm über das damals so wichtige Thema zu sprechen. Prof. Gadamer definierte mit sehr einfachen, aber doch bedeutungsvollen Sätzen den Dialog sowie Bedingungen, die vorherrschen müssen, um einen echten Dialog führen zu können. Das ist das eine.

MM: Und was war das zweite Erlebnis?

Shahrokny: Das zweite, an das ich mich immer noch gerne erinnere, war ein Interview mit dem damaligen Bundestagpräsidenten, Wolfgang Thierse. Das war genau einen Tag vor dem Iran-Besuch von Herrn Ex-Bundespräsidenten und seiner Delegation. Ich habe das Interview mit einem Gedicht aus dem berühmten östlichen Diwan von Goethe, über die Beziehungen zwischen „Morgenland“ und „Abendland“ begonnen. Offenbar war er davon so beeindruckt, dass er mich über seinen Berater um ein Treffen bat. Am nächsten Tag, das war an einem Samstag, kam es auch zu diesem Treffen. Dort stellte ich fest, wie einfach und unbürokratisch es ist, so einer wichtigen Persönlichkeit zu begegnen.

MM: Gab es auch Tabu-Themen, die Sie lieber nicht angesprochen haben?

Shahrokny: Ja, es gibt immer und überall Themen, über die man nicht frei reden kann, wie man es will. Das gehört auch mit zu diesem Beruf. Aber, dazu gibt es auch Umwege, Alternativen, wo man dann das Thema nicht direkt anspricht, sondern über eben Umwege. Ob dann aus dieser Situation heraus ein informatives Interview entstehen wird, bleibt dahingestellt.

MM: Wie ist Ihr Eindruck im Verlauf der Jahre, hat sie die Interview-Situation gegenüber deutschen Gesprächspartnern eher erleichtert oder erschwert im Laufe der Zeit?

Shahrokny: Es hing immer von der Zeit. Es gab eine lange Zeit, die mir Gespräche mit den deutschen Gesprächspartnern spaß gemacht haben. Man konnte fast jeden Politiker, Wissenschaftler, Unternehmer ans Telefon bekommen und mit ihm völlig frei über alle möglichen Themen sprechen. Wenn ich z.B. bei der Pressestelle im Bundestag anrief, und um ein Interview mit einem bestimmten Abgeordneten bat, wurde ich ohne Schwierigkeiten durchgestellt.

MM: ... das war aber nicht immer so ...

Shahrokny: Es gab aber auch eine Zeit, in der es schwierig wurde. Man lehnte Gespräch ab. Als mir das nach einigen gescheiterten Versuchen klar geworden ist, habe ich es dann gar nicht weiter versucht. Ein Interview-Partner, der für einen öffentlich-rechtlichen Sender arbeitete, erzählte mir, dass ihm indirekt mit dem Rauswurf gedroht wurde, falls er mir weiter Interview gibt. Das war für mich eine schlechte Erfahrung. Denn ich habe jahrelang in Deutschland gelebt, ich schätze das Land und das Volk und möchte nicht, dass es etwas gibt, das Anlass zu Konflikten liefert.

MM: Welchen Ratschlag geben sie iranischen Journalisten auf den Weg, die mit Deutschland zu tun haben?

Shahrokny: Die deutsche Sprache zu beherrschen und die deutsche Kultur richtig kennen zu lernen. Das ist die Grundvoraussetzung für ein echtes Kommunizieren.

MM: Was planen Sie für Ihren Ruhestand?

Shahrokny: Wie Sie sicherlich festgestellt haben, arbeite ich in der Redaktion noch weiter, wenn auch nicht in derselben Intensität wie früher. Nun habe ich auch etwas Zeit fürs Lesen. Ansonsten bin ich mehr als früher mit der Familie zusammen.

MM: Herr Shahrokny, wir danken für das Interview und wünschen einen gesegneten Ruhestand.

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