MM: Sehr geehrter Herr Davidsson,
unser letztes Interview haben wir vor 11 Jahren geführt. Wie hat sich die
Welt seither im Bezug auf Terrorismus verändert?
Elias Davidsson:
Hervorzuheben ist dass die Vereinigten Nationen den
Terrorismus als “eine der schwersten Bedrohungen des Weltfriedens"
bezeichnen und auf dieser Grundlage den Kampf gegen den Terrorismus als eine
der Prioritäten der Weltorganisationen ausriefen. Auch die NATO und die
Europäische Union haben den Kampf gegen den Terrorismus an erster Stelle
gesetzt. Das mag für viele als normal erscheinen, ist es aber nicht.
MM: Warum nicht?
Elias Davidsson:
Terrorismus stellt, so tragisch es für die unmittelbar
Betroffene sein mag, weder eine Bedrohung der staatlichen Souveränität, der
territorialen Unversehrtheit, der militärischen Stärke, der nationalen
Wirtschaft und nicht mal des tägliche Lebens der Bevölkerung, geschweige
denn eine Bedrohung für den Weltfrieden, dar. Der Kampf gegen den
Terrorismus ist eine Tarnung für anderen Zwecke. Hinter diesem Begriff
steckt ein Krieg gegen die eigene Bevölkerung. Durch Angsterzeugung können
Regierungen Kriege rechtfertigen und ein Polizeistaat betreiben. Wer meine
Behauptung bezweifelt, sollte versuchen die Zahlen der Terroropfer mit jenen
von ganz “gewöhnlichen” Mordtaten vergleichen. Die Wahrscheinlichkeit von
seinen Familienmitgliedern ermordet zu werden ist etwa 25-mal höher als von
Terroristen. Mir sind keine Menschen bekannt, die sich gegen ihren
Familienmitglieder panzern. Ich habe als Jux an die Mitglieder des
Sicherheitsrats der Vereinigten Nationen geschrieben, sie sollten den Krieg
gegen den Terrorismus in einen Krieg gegen die Familie umändern, denn das
könnte mehr Menschenleben retten. Ich befürchte, dass diese Herren die
Pointe nicht verstehen können.
MM: Auf jeden Fall haben
Sie sich in der Zwischenzeit zu einem viel beachteten Autor von Büchern zum
Thema Terrorismus entwickelt. Im Jahr 2017 haben sie ein sehr umfangreiches
Buch über die Fiktion der Terrorbedrohung herausgebracht, in dem Sie eine
Methode vorstellen, wie ein Nachrichtenbeobachter anhand eines Punktesystems
eine Einstufung der Anschläge vornehmen kann. Können Sie uns das etwas
genauer erläutern?
Elias Davidsson:
Der Grund dieses Versuches lag darin, dass ständig
Nachrichten über neue Terroranschläge erscheinen. Da es sehr mühsam ist
jeden Anschlag einzeln akribisch zu untersuchen, habe ich nach Merkmalen
gesucht, die es erleichtern zwischen echten Terrorismus und verdeckten
Staatsterrorismus zu unterscheiden. Wenn man die vielen Anschläge der
letzten Jahre z.B. mit “echten” Terrorismus, z.B. jene der Palästinenser,
vergleicht, kommen einige Merkmale zum Vorschein. Zum Beispiel kommen die
Bekenntniserklärungen in den meisten Fällen der Anschläge in Europa nicht
von einer echten Organisation. Die Bekenntnisschreiben einer Al-Qaida oder
des Islamischen Staates können nicht nachgeprüft werden, da man diese
Gestalten nicht befragen kann: Sie haben kein Büro, keine Telefonnummer,
keine Email, und kein Sprecher, den man interviewen könnte. Es handelt sich
um dubiose Gestalten mit geheimen Drahtzieher. Dagegen sind Hamas in
Palästina oder Hizbullah im Libanon, echte Organisationen. Obwohl ich ihre
gelegentlichen Terroraktionen verurteile, sind diese Anschläge “
verständlich”. Ein anderes Merkmal ist, dass in den meisten sogenannten
islamistischen Anschlägen, die mutmaßliche Täter nicht an einem Selbstmord
sterben, sondern von Polizeikräften erschossen werden.
MM: was ist daran
seltsam?
Elias Davidsson:
Das ist seltsam, denn zumindest in einigen Fällen,
würde man erwarten, dass sie lebendig gefasst und gerichtlich angeklagt
werden würden. Das wäre immerhin aus der Seite eines unschuldigen Staates
wünschenswert. Der Fall Anis Amri fällt hier ganz besonders auf, der in
einer Nacht- und Nebelaktion erschossen wurde, um den deutschen Staat von
der Beweislast seiner Schuld zu befreien, so meine Interpretation.
Jedenfalls hat kein Politiker eine Untersuchung seiner Todesumstände
verlangt und der damalige Innenminister Thomas de Maizière erklärte sich
durch die Tötung von Amri sogar “erleichtert”. Ein drittes Merkmal ist, dass
die Polizei oft die mutmaßlichen Täter schon im Visier hatte, und diese
erweisen sich auch oft als Kleinkriminelle und keine Idealisten für ein
religiöses oder politisches Ziel. Auch Amri ist hier ein gutes Beispiel.
Durch das Punktesystem, kann man relativ leicht zwischen echten
Terroranschläge (z.B. der Anschlag von Breivik in Norwegen) und künstlichen
Anschlägen (verdeckte Staatsoperationen) unterscheiden.
MM: Anhand ihres
Punktesystems haben sie zahlreiche Terroranschläge weltweit beurteilt und
kamen sehr oft zu dem Schluss, dass es sich vermutlich um staatlich gelenkte
oder zumindest geduldete Anschläge gehandelt haben muss. Erschreckt Sie
diese Erkenntnis?
Elias Davidsson:
Erschreckt? Nein. Aber bedrückt, ja! Diese Erkenntnis
ist bedrückend, denn es handelt sich nicht bloß um einen Verlust des
Vertrauens in staatliche Institutionen, sondern in sämtliche Institutionen
der Gesellschaft, Politik, Medien, Justizwesen und die Universität. Sie
dulden diese Machenschaften, stellen keine Fragen und bekämpfen sogar
Aufklärer wie mich. Erschreckend ist diese Erkenntnis nicht, denn seit je
her hat die herrschende Klasse alle Mittel verwendet um ihre Macht zu
bewahren, darunter Täuschung und Mord. Eine Gesellschaft, die nicht von
ethischen Werten, wie Wahrheit, Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und
Aufrichtigkeit, geprägt ist, erzeugt eine solche Pathologie, die die Zukunft
der Gesellschaft gefährdet.
Es kränkt mich ganz besonders zu beobachten, wie
die akademische Zunft zu dieser Entwicklung weitgehend schweigt. Akademiker
vermeiden sogar eine Debatte über diesen Sachverhalt. Damit untergraben sie
nicht nur das Vertrauen an sie selbst, sondern das Vertrauen in die
Einrichtung Universität.
MM: Ihr Punktesystem
geht von einem vermeintlichen Terroristen aus, der im missbrauchten Namen
des Islam einen Anschlag auf Westliche Anschlagsziele ausübt. Könnte man den
Anschlag in Neuseeland, der gegen Muslime ausgeübt wurde, auch mit Ihrem
System bewerten?
Elias Davidsson:
Ich weiss wenig über den Anschlag in Neuseeland. Aber
ich glaube nicht, dass hier ein verrückter Einzeltäter am Werk war. Da der
Mann nicht getötet wurde, werde ich zunächst abwarten wie sich die Sache
gerichtlich entfaltet und ob neue Daten herauskommen. Grundsätzlich sollte
mein Punktesystem auch hier dienen können.
Zu mein Punktesystem noch Folgendes: Jeder kann
versuchen das Punktesystem zu verbessern, z.B. die Gewichtung der einzelne
Punkte oder einzelnen Kriterien zu ändern. Mein Entwurf kann als Schablone
dienen. Ich habe doch das Punktesystem nicht patentiert!
MM: Ein Anschlag, der
ebenfalls nach dem Erscheinen Ihres Punktesystems erfolgt ist, war der
Anschlag vom Breitscheidplatz, weshalb sie gleich ein neues Buch
veröffentlicht haben. Was hat das mit einem gelben Bus zu tun?
Elias Davidsson:
Das neue Buch erschien mehr als ein Jahr nach dem
Ereignis, das ich nicht Anschlag nenne, denn es ist sehr fraglich ob
überhaupt jemand hier einen Anschlag verübt hatte. Das mag seltsam klingen.
Wer das Buch liest, wird schnell der Überzeugung loswerden, dass hier ein
durchgeknallter Islamist zwölf Menschen getötet habe. Diese Legende geht
einfach nicht auf.
Der Titel des Buches bezieht sich auf einem gelben
Bus der Berliner Verkehrsbetriebe, der die ganze Zeit am Breitscheidplatz
ohne Begründung stand. Er kam 2-3 Minuten nach dem LKW und wurde
gleichzeitig mit dem LKW am nächsten Tag diskret weggefahren. Der Busfahrer
hatte ohne Zweifel Einiges gesehen. Dieser wichtige Zeuge wurde weder von
den Medien interviewt noch sein Name veröffentlicht. Der Bus hatte nichts an
diesem Ort zu suchen. Welche Rolle der Bus am Ort des Ereignisses spielte,
bleibt bis heute ein Rätsel, das die Behörden nicht preisgeben wollen. Auch
die Familien der Opfer haben zum Bus keine Fragen gestellt.
MM: Durch die sozialen
Medien gibt es zumindest eine Art Schlüsselloch, durch das man sich vom
staatlichen und medialen Meinungsdiktat befreien kann. Warum schaffen es die
Alternativen - wie Sie - nicht, eine noch größere Leserschaft zu erreichen
um das Staatsdiktat zu durchbrechen?
Elias Davidsson: Wir
leben heute in einer quasi-totalitären Welt. Diese unterscheidet sich zwar
im Äußerlichen von den bekannten Diktaturen, aber erreichen das selbe
Ergebnis vielmehr durch psychologischen Manipulation, die von der Mehrheit
nicht wahrgenommen wird. Das funktioniert noch besser als eine gewalttätige
Unterdrückung. Orwell und Huxley haben diese Entwicklung vorhergesagt.
MM: Immerhin gibt es
Aufklärer wie Sie ...
Elias Davidsson:
Aufklärer wie ich werden gesellschaftlich geduldet aber können aus
strukturellen und finanziellen Gründen nur relativ wenig Menschen erreichen.
Das hat nicht mit der Qualität der Befunde oder der Argumente zu tun,
sondern mit den Machtverhältnissen. Ein Thema, das nicht von den Leitmedien
besprochen wird, ist einfach kein Thema der öffentlichen Debatte. Die
Leitmedien bestimmen immer noch den Rahmen der öffentlichen Debatte. Das
können Alternativmedien noch nicht tun, aber das mag sich ändern. Diese,
falls sie die Oberhand bekommen, können aber leicht zu Leitmedien, wie die
Heutigen, mutieren. Die Frage, wie man Massenmedien zähmen kann, damit sie
objektiv, fair und wahrheitsgemäß handeln, hat noch niemand beantwortet.
MM: Was ist ihr nächstes
Projekt?
Elias Davidsson: Ich
arbeite gegenwärtig an die Aufarbeitung der Angstindustrie, insbesondere die
immense Werbung für die Terrorismusgefahr. In dieser Industrie arbeiten
bereits vielleicht eine Million Menschen. Ihre schiere Lebensexistenz beruht
auf die Verbreitung dieser Fiktion, sprich auf massiver Täuschung der
Öffentlichkeit. Dafür müssen auch gelegentlich Terroranschläge stattfinden
und Möchtegern-Terroristen produziert werden, was in den USA schon im
laufenden Band vom FBI gemacht wird. Das belegt sogar die New York Times.
Mit Angst lässt sich viel Geld machen. Der Umsatz der Sicherheitsindustrie
(mit dem militär-industriellen Komplex nicht zu verwechseln) beläuft sich
schon auf etwa 400 Milliarden Dollar im Jahr. Angsterzeugung ist eine höchst
effektive Methode um Waren, Dienstleistungen, Politiker oder Kriege zu
verkaufen.
MM: Herr Davidsson, wir
danken für das Interview.
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